Merz wirft Kanzler „doppeltes Spiel“ vor
- CDU/CSU-Fraktionschef fordert die versprochene Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ein
- Antwort auf Regierungserklärung des Kanzlers
- Kiew finanziell und humanitär helfen
Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat im Deutschen Bundestag eine entschlossenere Unterstützung der Bundesregierung für die Ukraine gefordert. Dem Bundeskanzler indes warf Merz ein „doppeltes Spiel“ im Umgang mit dem Land vor. Zwar habe Olaf Scholz die Lieferung schwerer Waffen angekündigt. Doch: „Es wird praktisch nichts geliefert.“
?Warum er den Eindruck erwecke, es gebe Lieferungen „Aber wir wissen: Es wird praktisch nichts geliefert.“
?Warum bis heute der Ringtausch nicht stattfinde? #Regierungserklärung— CDU/CSU (@cducsubt) May 19, 2022
Ukraine hat ein Recht auf Selbstverteidigung
Der Fraktionschef antwortete auf die Regierungserklärung von Kanzler Scholz im Bundestag, bei der es um die Zukunft der Europäischen Union und die Unterstützung der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland ging. Man müsse der Ukraine „finanziell und humanitär weiter helfen“, sagte Merz. Dazu gehörten auch Waffenlieferungen, „damit dieses Land sein Recht auf Selbstverteidigung wahrnehmen kann“.
Ringtausch mit Osteuropäern findet nicht statt
Der CDU/CSU-Fraktionschef stellte fest, dass trotz anderslautender Versprechen der Bundesregierung in den vergangenen Wochen so gut wie keine Waffen an Kiew geliefert worden seien. Auch der Ringtausch mit osteuropäischen Ländern, die im Gegenzug für Waffenlieferungen an die Ukraine Ersatz aus deutschen Beständen erhalten sollten, nehme keine Fahrt auf. Deutsche Rüstungsunternehmen beklagten seit Wochen, dass sie keine Exportgenehmigung bekommen würden. „Was treiben Sie denn da für ein Spiel, auch mit der deutschen Öffentlichkeit, wenn es um diese Waffenlieferungen geht?“, fragte Merz den Kanzler.
Zähe Verhandlungen über Sondervermögen Bundeswehr.
Der Fraktionschef bemängelte außerdem, dass die Verhandlungen über das geplante Sondervermögen für die Bundeswehr nicht vom Fleck kommen. Erneut drang er darauf, dass die 100 Milliarden Euro ausschließlich für die Bundeswehr ausgegeben werden.
"Fast drei Monate nach dem Vorschlag der 100 Mrd. für die #Bundeswehr gibt es keinen einzigen Vorschlag, wie das gehen soll. Praktische Politik in der Kompetenz des Bundeskanzlers sehen wir bis heute nicht", erklärt Fraktionschef @_FriedrichMerz.
— CDU/CSU (@cducsubt) May 19, 2022
Ähnlich äußerte sich CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: „Nichts stärkt mehr unsere Bündnisfähigkeit, als 100 Milliarden Euro in die Streitkräfte zu strecken.“ Dobrindt erinnerte auch an den zweiten Teil des „Doppelversprechen“, das der Kanzler in seiner „Zeitenwende“-Rede im Februar gegeben hat – nämlich neben der Errichtung eines Sondervermögens auch ab sofort jährlich zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren. Beunruhigt zeigte sich Dobrindt, dass der Kanzler diesen Teil in seiner Regierungserklärung gar nicht erwähnt hatte.
Dobrindt zum #Sondervermögen für die Bw: „Es gibt noch kein Stück Papier, auf dem steht, dass 100 Mrd. Euro für die Streitkräfte ins Grundgesetz geschrieben werden und zwei Prozent jedes Jahr zur Erfüllung der Nato-Quote vereinbart sind. Das liegt nicht an uns!“
— CSU im Bundestag (@csu_bt) May 19, 2022
„Viel geredet, nichts gesagt“
Dessen Rede fasste Gunther Krichbaum mit den Worten zusammen: „Bundeskanzler Scholz hat viel geredet, aber nichts gesagt.“ Die Ukraine brauche „nicht warme Worte, sondern Taten“. Die versprochenen schweren Waffen müssten endlich geliefert werden.
EU darf keine Schuldenunion werden
Der europapolitische Sprecher der Fraktion erinnerte auch daran, dass die Ukraine nicht nur militärische, sondern auch ökonomische Unterstützung benötige. Allerdings dürfe die EU dafür nicht neue Schulden aufnehmen – nach dem Muster des Corona-Wiederaufbaufonds „Next Generation EU“. Krichbaum schlug vor, auch russische Devisenreserven für Reparationen heranzuziehen.
EU-Kandidatenstatus für die Ukraine
Zudem sprach er sich dafür aus, der Ukraine noch im Juni den EU-Kandidatenstatus zuzusprechen. Die Beitrittsverhandlungen würden allerdings Jahre dauern. „Es gibt kein Schnellverfahren in die Europäischen Union hinein“, sagte er.