Schutz von Kindern im Internet verbessern
Die Große Koalition hat in ihrem Koalitionsvertrag einen Pakt für den Rechtsstaat geschlossen, zu dessen Zielen auch ein umfassender Opferschutz gehört. Um diesen Opferschutz gerade gegenüber den Schwächsten unserer Gesellschaft, den Kindern, zu verbessern, bedarf es eines entschlossenen Vorgehens gegen Kinderpornographie, ganz besonders auch im Internet. Der Anstieg von Cybermobbing, Grooming und sexualisierter Gewalt, Suchtgefährdung und Anleitung zu Selbstgefährdung im Netz ist besorgniserregend.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion diskutierte daher am Mittwoch, den 17. Oktober 2018 mit Fachleuten aus der Praxis in einem Fachgespräch, welche weitere Schritte beim Kampf gegen Kindesmissbrauch und Missbrauchsdarstellungen zu ergreifen sind.
Fälle wie der kürzlich entschiedene Missbrauchsfall von Staufen wie auch Zahlen des Bundeskriminalamts, nach denen allein im Jahr 2017 mangels Vorratsdatenspeicherung mehr als 8.000 Hinweise auf Kinderpornographie im Netz nicht weiter verfolgt werden konnten, belegen deutlich den dringenden Handlungsbedarf.
Verbindungsdaten sind der erfolgversprechendste Ermittlungsansatz
Dabei wurde von den Fachleuten aus den Strafverfolgungsbehörden die Bedeutung von Verbindungsdaten als Instrument der Aufklärung hervorgehoben. Markus Koths, Leiter der Gruppe „Cybercrime“ im Bundeskriminalamt hob hervor, dass in den letzten Jahren zwar Fortschritte im Kampf gegen Kinderpornografie erzielt wurden, das Fehlen von Verbindungsdaten jedoch ein großes Manko im Kampf gegen Kindesmissbrauch sei. Denn dadurch liefen viele Ermittlungsverfahren ins Leere, trotz Vorliegen von konkreten Hinweisen mit IP-Adresse und Port-Nummer. So konnten etwa im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen die Kinderpornografieplattform „Elysium“ durch das BKA, im Jahr 2017 rund 8.400 Fälle von Kinderpornographie nicht weiterverfolgt werden, weil keine gespeicherten Verbindungsdaten mehr vorhanden waren.
Auch Rainer Franosch, Leitender Ministerialrat im hessischen Justizministerium, sah in der IP-Adresse den erfolgversprechendsten Ermittlungsansatz. Die Aussetzung der gesetzlichen Grundlage für die Speicherung von Verbindungsdaten, sei aus kriminalpolitischer Sicht problematisch. Doch daneben seien eine Reihe weiterer Maßnahmen nötig. Neben eine Erhöhung des Strafrahmens für den Besitz kinderpornografischen Materials, um bestimmte Ermittlungsmaßnahmen folgen lassen zu können, sei vor allem die Versuchsstrafbarkeit beim sogenannten Cybergrooming notwendig. Eine Forderung, die die Union seit Jahren erhebt und in dieser Legislaturperiode auch im Koalitionsvertrag verankert hat.
Denn Ermittlungen sind in diesem Bereich zurzeit aber kaum möglich, da der untaugliche Versuch beim sog. Cybergrooming nicht strafbar ist. Fälle, in denen die Eltern oder ein Polizeibeamter unter dem Namen des Kindes mit einem Täter chatten, der annimmt es handle sich um ein Kind, sind also nicht strafbar. Ermittlungen können mangels einer Straftat nicht geführt werden. Beim sog. Cybergrooming muss deshalb schon der Versuch strafbar sein. Wir müssen jede Möglichkeit nutzen, um Kinder vor solchen Gefahren zu schützen. Das gilt auch dann, wenn der Täter unbewusst nur mit einem erwachsenen Lockvogel - einem Polizisten - chattet und die geplante Tat deshalb im Versuchsstadium steckenbleibt.
Tatwerkzeug Smartphone
Mit dem Internet und vor allem mit dem Mobiltelefon in fast jedem Kinderzimmer, habe sich das Smartphone zum „ultimativen Tatwerkzeug“ entwickelt, so Julia von Weiler, Vorstandsmitglied des Vereins „Innocence in Danger“. Die Fähigkeiten zum reflektierten Umgang mit dem Smartphone und die Medienkompetenz entwickelten sich erst mit zunehmenden Alter. Sie plädierte für mehr Verantwortung, auch bei den Geräteherstellern.
Das größte Problem sei aber die Möglichkeit nahezu unbegrenzter Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen im Netz. Kombiniert mit neuer Technik im Social Media Bereich, etwa Gesichtserkennungssoftware, steige die Gefahr einer Wiedererkennung und einer Retraumatisierung der Opfer. Lobend hob sie das kanadische Projekt Arachnid hervor, bei dem Webcrawler mit Hilfe von Foto-DNA das Netz auf solche Bilder durchsuchten und löschen ließen.
Ermittlungszugänge ins Darknet schaffen
Problematisch bei der Bekämpfung von Kinderpornografie im Darknet sei vor allem der Zugang. Zwar sind nicht längst alle Konsumenten von Missbrauchsdarstellung IT-Experten, doch ein großer Teil des Materials wird in geschlossenen Foren im Darknet gehandelt.
Bisher können Ermittler faktisch nicht ins Darknet vordringen, weil nur diejenigen Zutritte zu den Tausch- und Handelsplattformen erhalten, die selbst kinderpornographisches Material hochladen. Da dies allerdings auch für Ermittlungsbehörden strafbar ist, müssen verdeckte Ermittler davon absehen – mit der Folge, dass Ermittlungsmaßnahmen im Netz erfolglos sind.
Thomas Janovsky, Leiter der Generalanwaltschaft Bamberg verwies auf die Initiative Bayerns, mit der verdeckte Ermittler künftig im Rahmen von Ermittlungsverfahren wegen Kinderpornographie zwar kein „echtes“ kinderpornographisches Material hochladen dürfen, allerdings sehr echt aussehende, computergenerierte Bilder, um Zugang zu den verdeckten Netzwerken zu erhalten. Diese Forderung wurde ausdrücklich von den anwesenden Abgeordneten der Union unterstützt.
In vielen Fällen stehen hinter den Bild- und Videoaufnahmen anhaltende Fälle von schwerem sexuellem Missbrauch. Es muss daher alles getan werden, um so schnell wie möglich an die Täter zu kommen, um weitere Taten unterbinden zu können.
Klare Positionierung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
In ihrem Schlusswort machte die rechts- und verbraucherpolitische Sprecherin Elisabeth Winkelmeier-Becker deutlich, dass die Union sich bei dem Thema klar für den Schutz von Kindern einsetze und dazu auch schon konkrete Vorschläge gemacht hat. Das Gespräch habe gezeigt, dass sich im Netz das Ausmaß von Missbrauchsabbildungen und die Gefahr der Retraumatisierung durch unbegrenztes Teilen potentiert habe. Das Positionspapier von Dr. Stephan Harbarth, Elisabeth Winkelmeier-Becker und Alexander Hoffmann, das auch von der AG Recht beschlossen wurde, bietet hier konkrete Vorschläge den Schutz im Netz für Kinder weiter zu stärken.
Mitschnitt des Fachgesprächs
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