Philipp Amthor: Trotz Brexit wünschen wir uns eine enge Sicherheitskooperation mit Großbritannien
Rede zum Arbeitsprogramm 2019 der Europäischen Kommission
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, dass die Europäische Kommission sich in ihrem Arbeitsprogramm an einem Grundsatz orientiert, den sich viele Menschen in Europa wünschen, sich nämlich nicht auf die Kleinigkeiten, auf das Klein-Klein zu konzentrieren, sondern auf die großen Herausforderungen, auf die Herausforderungen, die mit echtem Nachdruck vorangetrieben werden müssen, auf die Herausforderungen, die Europa einen Mehrwert bringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Herausforderungen sind wirklich zahlreich. Wenn man sich fragt, was eigentlich die größten Aufgaben sind, vor die die Europäische Union jetzt gestellt ist, dann ist es gut, darauf zu schauen, warum die Europäische Union gegründet wurde. Man hat die Europäische Union nämlich nicht gegründet, um zuallererst Sozialtransfers durchzuführen, sondern man hat die Europäische Union gegründet, um einen funktionierenden Binnenmarkt zu errichten, um Wirtschaft zu fördern und um einen Beitrag zur Sicherheit unseres Kontinents zu leisten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deswegen ist es mir als Innenpolitiker wichtig, im Rahmen dieser Debatte den Blick ein wenig auf die Sicherheitsthemen zu richten, vor denen die Europäische Union in den nächsten Monaten steht. Das ist zweierlei: Es ist zum einen die Weiterentwicklung der europäischen Sicherheitsunion, es ist aber natürlich zum anderen auch der weitere Umgang mit der Frage der Steuerung und Begrenzung der Migration.
Was die Sicherheitsunion angeht, so will ich anknüpfend an den Kollegen Florian Hahn sagen: Die größte Bewährungsprobe für unsere Sicherheitsunion ist der Brexit, durch den wir einen schweren Verlust hinnehmen müssen. Deswegen ist es wichtig, dass wir als Deutscher Bundestag das Zeichen senden: Trotz Brexit wünschen wir uns eine enge Sicherheitskooperation mit Großbritannien.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir werden auch selbst einiges tun müssen. Die Europäische Kommission hat sich dazu bekannt, die Europäische Staatsanwaltschaft weiterzuentwickeln, ihr Mandat auf die Terrorismusbekämpfung zu erweitern. Sie hat sich dazu bekannt, die Interoperabilität, den Austausch von Daten zwischen den Sicherheitsbehörden innerhalb der Europäischen Union zu verbessern. Das ist notwendig, und das werden wir auch unterstützen.
Anknüpfend an die innenpolitische Debatte des Vormittags will ich aber auch noch einmal sagen: Genauso wie in unserem Land geht es auch in Europa nicht nur um die Frage, wie wir Informationen zwischen den Sicherheitsbehörden austauschen können, sondern es geht auch um die Frage, wie wir Informationen erheben können. Deswegen wird für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Vorratsdatenspeicherung und anderes auch in Zukunft ein wichtiges Thema sein, und es wird wichtig sein, wehrhafte Befugnisse der Europäischen Union gerade im Cyberraum auf der Agenda zu haben. Das muss auch die Europäische Kommission umsetzen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir wollen Sicherheit auf der Höhe der Zeit. Aber wir wissen auch: Die größte Herausforderung und die größte Erschütterung in Bezug auf das Vertrauen in die Sicherheit in der Europäischen Union verbinden sich mit dem Thema Migration. Das ist nicht wegzuwischen. Richtig ist – auch das muss man sagen –: Die Zahl der illegal nach Europa gekommenen Migranten hat sich drastisch reduziert; das ist auch gut so. Wir sagen trotzdem: Es sind noch zu viele. Wir müssen besser werden bei der Steuerung und Begrenzung der Migration. Dafür brauchen wir die Vollendung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Aber dafür brauchen wir nicht nur neue Regelungen, sondern wir brauchen zum Teil einfach besseren Vollzug und bessere Umsetzung.
In diesem Zusammenhang hat Jean-Claude Juncker in seiner Rede zum State of the Union vorgeschlagen, dass wir 10 000 neue Stellen für Frontex schaffen. Das ist ambitioniert, und das ist ein Thema, das uns künftig begleiten wird. Aber ich will in aller Deutlichkeit auch sagen: Grenzschützer für Frontex kann man nicht im Expressversand bestellen, sondern Grenzschützer müssen aus den nationalen Mitgliedstaaten kommen. Da ist für uns das Wichtige – das sage ich auch aus der Perspektive des Innenpolitikers –: Wir stehen zu Frontex, aber wir können nicht hinnehmen, dass wir unsere Bundespolizisten in Einsätze schicken, bei denen sie nicht bessere Kompetenzen haben als in unserem Land. Deswegen müssen wir nicht nur dafür arbeiten, dass neue Stellen geschaffen werden, sondern wir müssen auch das Thema Befugnisse bei Frontex voranbringen. Nur dann kann der Grenzschutz in der Europäischen Union auch wirklich funktionieren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich will deutlich sagen: Wir müssen es schaffen, für das Thema Migration Lösungen zu finden, um den Blick wieder frei zu machen für proeuropäische Themen, für das, was die Europäische Union zusammenhält. Das Wichtige ist das Motto des Arbeitsprogramms der Kommission, über das wir heute reden, und das ist das Motto: Versprochenes liefern und Vorbereitungen auf die Zukunft treffen. – Ich kann sagen: Versprechen gehalten, das wollen wir nach der Europawahl sagen, und dafür werden wir arbeiten.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Gerald Ullrich [FDP]: Kein Versprechen gehalten!)