Marc Henrichmann: Es wird höchste Zeit, die Verwaltungsaufgaben ins Digitale zu transformieren
Redebeitrag zur Änderung des Bundesmeldegesetzes
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Der werte Staatssekretär nimmt vollkommen zu Recht das Lob für das Zünden des digitalen Turbos in Empfang.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Wir sind uns aber einig, dass die Verwaltung in Deutschland in manchen Teilen noch hinterherhinkt. In Estland beispielsweise – es wird immer wieder genannt – können 99 Prozent der Verwaltungsdienstleistungen von zu Hause aus in Anspruch genommen werden,
(Zuruf der Abg. Marianne Schieder [SPD])
während es hier Bürgerämter gibt, bei denen man zwei Monate auf einen Termin wartet, wo doch eigentlich eine Frist von zwei Wochen für die Ummeldung der Wohnung gilt.
Es wird höchste Zeit, die Verwaltungsaufgaben ins Digitale zu transformieren. Das muss auch der Anspruch der Wirtschaftsnation Deutschland mit einer entsprechend starken Verwaltung sein. Das ist übrigens nicht nur der Coronapandemie geschuldet, sondern es ist den Bürgern zunehmend unverständlich, dass Serviceleistungen auf den verschiedenen Ebenen nicht ins 21. Jahrhundert übertragen werden.
Das wollen wir ändern. Nicht nur der Bürger braucht Unterstützung; auch Sicherheits-, Finanz- und Steuerbehörden stützen sich auf Meldedaten. Es ist manchmal verwunderlich, wie viele Daten noch schriftlich abgefragt oder übermittelt werden. Es geht hier um bessere Kommunikation zwischen den Behörden und das Abstellen einer veralteten Praxis. Wir wollen eine digitale Verwaltung, die Zeit, Geld und vor allem auch Nerven spart.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Seit 2015 ist einiges passiert. Es gibt neue Herausforderungen für das Meldegesetz: Datensätze müssen vereinheitlicht und in einem automatisierten Verfahren erfasst werden, bundeseinheitliche Regelungen müssen her. Viele Daten sind zwar schon automatisiert abrufbar, aber beispielsweise Behörden, die nicht zu den in § 34 Absatz 4 Bundesmeldegesetz genannten zählen, haben entsprechende Datensätze nur eingeschränkt zur Verfügung.
Insofern ist die Lösung schlüssig: Änderung des Bundesmeldegesetzes, Vereinheitlichung der Datensätze und Ermöglichung der automatisierten Übertragung und Abfragen zwischen Bundes- und auch Landesbehörden.
Ziel ist, die Verwaltung schneller und effizienter zu machen. Hier gibt es in diesem Hause ein paar Punkte, bei denen, glaube ich, eklatante Meinungsverschiedenheiten auftreten.
Ich war vor gut zwei Wochen in Nordrhein-Westfalen, meinem Heimatbundesland. Während der rot-grüne Senat in Hamburg jetzt schon beim sogenannten Transparenzgesetz deutlich zurückrudert, haben die Grünen das auch in Nordrhein-Westfalen auf die Tagesordnung gesetzt. Letzten Endes geht es darum, ungefragt jede Verwaltung – bis hin zur Gemeindeverwaltung – damit zu beauftragen, sämtliche Vorgänge und Informationen – egal ob beendete Sachverhalte oder noch laufende Verfahren – online verfügbar zu machen. Wie das ein Sachbearbeiter bzw. eine Sachbearbeiterin in einem kleinen Bürgeramt in einer kleinen Gemeinde machen will, bleibt mir schleierhaft.
Ich finde, wir müssen aufpassen, dass wir unsere Verwaltung auch in Anbetracht von über 800 000 fehlenden Fachkräften bis 2030 nicht mit ständig neuen Aufgaben überfrachten. Verwaltungsarbeit darf auch Spaß machen, und ich glaube, dass unser Änderungsvorschlag zum Bundesmeldegesetz auf diesem Weg auch ein guter Vorschlag ist.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir sind also im Zusammenhang mit dem Onlinezugangsgesetz auf dem Weg zu einem Onlineportal, und es soll eben gängige Praxis werden, dass die An- und Abmeldungen ohne lange Wartezeiten möglich sind.
Wenn man Beispiele dafür sucht, wie es nicht geht: Irgendwie ist die Stadt Berlin hier immer sofort vorne mit dabei. Ich habe zwei tatkräftige Unterstützer, nämlich meine Praktikanten oben auf der Tribüne. Sie haben heute mal die längsten Wartezeiten für einen Termin beim Bürgeramt zur Ummeldung recherchiert. Die gibt es hier in Berlin. Es ist sogar so schlimm, dass man mittlerweile bei Portalen Termine für Geld kaufen kann. Die Termine werden von diesen Portalen geblockt und dann verkauft, und das letzten Endes in der Stadt, die immer so schön über Solidarität spricht! Wir machen das schneller sowie verfügbarer und diese Portale damit überflüssig. Damit sind wir sogar gerechter als der jetzige Stand der Dinge.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Schlussbemerkung. Der Datenschutz ist angeklungen. Estland hat es relativ pragmatisch gemacht: mit einem großen Datencontainer und ohne große, breite datenschutzrechtliche Debatte.
In Teilen müssen wir aufpassen – Kinderpornografie, Kleinkriminalität –, dass der Datenschutz hier nicht zur Hürde wird, dass wir ihn nicht überhöhen. Wir müssen ihn achten, aber pragmatisch ausgestalten. Auch das wollen wir mit diesem Gesetz tun.
Wir sind hier auf einem guten Weg. Ich kann Ihnen diesen Gesetzentwurf sehr empfehlen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)