Jens Koeppen: Klimapolitik muss europäisch geregelt werden
Rede in der aktuelle Stunde zur Haltung der Bundesregierung zu einer CO2-Abgabe
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon eine sehr einseitige und auch gewagte Aussage, liebe Frau Kollegin Nestle, dass Deutschland sich nicht zum Klimaschutz bekenne bzw. dass wir uns nicht zu unseren Klimaschutzmaßnahmen bekennen würden.
(Ingrid Nestle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Moment, das habe ich nicht gesagt! Bekennen, ja! Aber Sie machen nichts! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die bekennen sich den ganzen Tag! Die tun nur nichts! – Gegenruf der Abg. Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Stimmt ja nicht!)
Dabei wissen Sie doch ganz genau, wie komplex die Materie ist. Sie wissen auch genau, dass wir schon seit 1990 nahezu 30 Prozent der CO2-Emissionen reduziert haben,
(Widerspruch bei der LINKEN)
und das in einem Industrieland, in einem Wohlstandsland, in einem Land, wo Arbeitsplätze jetzt schon rar sind. Das ist doch eine Leistung, auf die wir uns berufen können.
Wir haben doch sehr viele Maßnahmen ergriffen. Sie alle kennen sie: das EEG, das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz, die KWK-Gesetzgebung, die EnEV, das CO2-Gebäudesanierungsprogramm, das Klimaschutzkonzept Straßenverkehr, der Nationale Aktionsplan Energieeffizienz und, und, und. Das wichtigste Instrument ist für mich in der Tat – es wurde ja angesprochen – der europäische Emissionshandel; denn er orientiert sich am Markt, und er ist technologieoffen, und er hat bis jetzt auch die besten Ergebnisse gebracht. Deswegen sagen wir: Klimapolitik muss europäisch geregelt werden,
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
muss europäisch gedacht werden und gemacht werden. Aktionismus und nationale Alleingänge helfen dem Klima nicht; das wissen Sie auch. Und wenn sie auch noch so gut gemeint sind: Sie sind wirkungslos, sie schaden der Volkswirtschaft, und vor allen Dingen geht die Akzeptanz bei den Menschen mit höheren Preisen als Folge von Klimaschutzmaßnahmen verloren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
In der Tat kann aber ein CO2-Bepreisungssystem, wenn es möglichst global ausgerichtet ist, marktwirtschaftlich und effizient sein. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat in seinem letzten Jahresgutachten dazu eindeutig Stellung bezogen – Zitat –:
Darüber hinaus ist es volkswirtschaftlich ineffizient, zunächst die globalen Klimaziele auf nationaler Ebene aufzuteilen und dann mit nicht international abgestimmten Maßnahmen umzusetzen.
Und weiter:
So könnte die Einführung eines globalen Emissionshandels oder einer globalen Steuer auf Schadstoffemissionen ... dazu beitragen, den Ausstoß an Treibhausgasen dort zu senken, wo dadurch die geringsten volkswirtschaftlichen Kosten entstehen.
Eine nationale CO2-Abgabe hingegen wäre immens teuer. Sie würde den Wettbewerb verzerren, würde Arbeitsplätze gefährden, würde für andere wichtige Aufgaben das Geld blockieren und würde zum Klimaschutz quasi keinen Beitrag leisten. Einen solchen Lösungsansatz lehnen wir ab.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen also nichts tun!)
Jetzt muss man noch eins bedenken, liebe Frau Kollegin Nestle: Ein CO2-Bepreisungssystem sollte niemals on top gesetzt werden, sondern sollte für sich allein wirken. Da bin ich auch bei Ihnen. Aber dann müssen wir auch konsequenterweise aus allen Maßnahmen, die ich eben genannt habe, aussteigen, und dann dürfen wir nur noch das CO2-Bepreisungssystem haben. Denn das wäre in der Tat technologieoffen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Das wäre auch ein Technologietreiber, und das wäre ein Marktinstrument, das für sich allein wirken würde.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann machen Sie es doch!)
Ein CO2-Bepreisungssystem und ein Ausstieg aus allen Maßnahmen, die ich eben genannt habe – dann kommen wir sehr gern zusammen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Nationale Alleingänge sind nicht zielführend. Sie machen die Energiewende teuer und bringen uns nicht ans Ziel. So ist es auch mit den willkürlichen Ausbauzielen, die irgendwo festgelegt oder gewünscht werden. Wenn Windräder aufgestellt werden, die von diesen erzeugte Energie aber nicht genutzt wird, dann nützt das dem Klima nicht. Auch da heißt es: Nur nutzbare Energie darf vergütet werden. Das Ganze nützt auch nichts, wenn wir den Anlagenzubau nicht mit dem Netzausbau synchronisieren. Und zu den Kohlekraftwerken: Es nützt überhaupt nichts, wenn wir sie ausschalten und dann, wenn der Bedarf da ist, Kohlestrom aus dem Ausland beziehen. Das ist doch niemandem zu vermitteln.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der FDP – Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE]: Das Wirtschaftsministerium hat das durchgerechnet!)
Insofern ist es doch sinnvoller, Kohlekraftwerke so zu fahren, dass sie netzdienlich sind, dass sie grundlastfähig sind, sodass man die Redispatch-Kosten senken und die Netze stabilisieren kann. Das ist doch viel sinnvoller, als zu sagen: Wir schalten die Kohlekraftwerke sofort ab.
(Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE]: Das stimmt doch nicht!)
Noch eins, was mich immer wieder umtreibt: der Wald. Der Wald ist der größte CO2-Speicher, und Sie verlangen, dass im Wald Windkraftanlagen gebaut werden. Das ist absurd.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Widerspruch bei Abgeordneten der SPD)
Deswegen sagen wir: Wir müssen unsere Wälder schützen und dürfen dort keine Windkraftanlagen aufbauen.
Und dann noch eins: Die Menschen müssen wir mitnehmen. Das ist doch das Allerwichtigste. Wir müssen akzeptable Abstandsregelungen schaffen. Wenn wir dem Schreiadler 5 000 Meter Abstand geben, dann sind 1 500 Meter oder 2 000 Meter Abstand oder eben das Zehnfache der Nabenhöhe wohl das Mindeste, was wir den Menschen zugestehen sollten.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, der Zuspruch für die Energiewende und die Klimapolitik in Deutschland wird nachhaltigen Schaden nehmen, wenn wir sie nicht wieder vom Kopf auf die Füße stellen. Eine nationale CO2-Steuer wäre in diesem Kontext kontraproduktiv.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)