Haushaltsberatungen: Merz bewertet Karlsruher Urteil als „Zeitenwende“
- CDU/CSU fordert neue Prioritäten im Etat 2024
- „Nicht so tun, als wäre nichts geschehen“
- Middelberg warnt vor Verfassungsbruch mit Ansage
CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz hat das vernichtende Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Schuldenpraxis der Bundesregierung als Zeitenwende bezeichnet. Für den Bundeshaushalt 2024 müsse die Ampel nun die Prioritäten neu setzen. Merz warnte sie davor, den Etat so zu verabschieden, als gäbe es das Urteil aus Karlsruhe nicht. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprach von einem „Betrug an der Schuldenbremse“, der sich abzeichne.
„Sie offenbaren das Verständnis der Regierungsfraktionen, dass Sie sich im Grunde genommen mit Ihrer Mehrheit im Deutschen Bundestag, über alle Regeln (...) einfach so hinwegsetzen können", kritisiert @_FriedrichMerz die Ampel stark. #Schuldenbremse#Bundesverfassungsgerichtpic.twitter.com/TuI5qgbKAr
— CDU/CSU (@cducsubt) November 16, 2023
In einer aktuellen Stunde des Bundestages warf der Fraktionsvorsitzende der Koalition vor, dass sie seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor fast zwei Jahren kaum etwas an ihrer Politik verändert habe – außer zusätzliche Schulden aufzunehmen. Diesen kriegerischen Überfall hatte der Bundeskanzler damals zur Zeitenwende erklärt. „Die Zeitenwende ist spätestens seit gestern auch für Sie Realität“, sagte Merz in Richtung der Koalitionsbänke.
Nachtragshaushalt für 2024 zeichnet sich jetzt schon ab
Merz forderte die Ampel-Fraktionen auf, die Beratungen des Etats 2024 nicht wie geplant bis Anfang Dezember im Bundestag durchzuziehen. Denn damit zeichne sich jetzt schon ab, dass im nächsten Jahr ein Nachtragshaushalt verabschiedet werden müsse. Auch Dobrindt warnte davor, so zu tun, als hätte das mit dem Urteil entstandene 60-Milliarden-Loch keine Auswirkungen auf den Bundeshaushalt.
Erstmals in der Geschichte wurde ein #Bundeshaushalt für nichtig erklärt. „Sie kommen jetzt nicht mehr umhin, zu akzeptieren, dass sie die Prioritäten Ihres Haushaltes neu ordnen müssen. Fangen Sie damit so früh wie möglich an!", fordert @_FriedrichMerz. pic.twitter.com/sCUcqI3CP4
— CDU/CSU (@cducsubt) November 16, 2023
Fraktionsvize Mathias Middelberg nannte es „grob fahrlässig“, wenn die Ampel das Haushaltsverfahren planmäßig weiterverhandele, ohne das Urteil in Gänze ausgewertet zu haben. Denn es sei schon absehbar, dass ein weiterer Schattenhaushalt – der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF), besser bekannt als „Doppel-Wumms“ – ebenfalls verfassungswidrig sei. „Sie laufen in den nächsten Verfassungsbruch hinein – sehenden Auges!“, schrieb Middelberg der Koalition ins Stammbuch.
„Finanzakrobatik ist keine Finanzpolitik“
Das Bundesverfassungsgericht hatte den mit 60 Milliarden Kreditermächtigungen gefüllten Klimatransformationsfonds für „nichtig“ erklärt, weil seine Konstruktion über mehrere Jahre gegen die Verfassung verstößt. Im Haushalt klafft also eine Riesenlücke, die durch Einsparungen und Umschichtungen gefüllt werden muss, wenn die geförderten Klimaprojekte weiter finanziert werden sollen.
Wer bei der Verabschiedung eines Haushalts schon wisse, dass er einen Nachtragshaushalt aufstellen werden müsse, weil die Mittel nicht ausreichten, der verstoße erneut gegen die Grundsätze der Wahrheit und Klarheit, sagte Merz. Dobrindt betonte: „Finanzpolitik lässt sich nicht durch Finanzakrobatik ersetzen.“