Dr. Jan-Marco Luczak: Rechtspolitik ist immer auch Gesellschaftspolitik
Fortsetzung der Aussprache zur Regierungserklärung Recht und Verbraucherschutz
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in der Debatte schon viel von den Herausforderungen gehört, vor denen wir stehen: in der Welt, in Europa und natürlich auch in unserem eigenen Land.
Wie gehen wir mit den Gefährdungen unserer Gesellschaft durch den islamistischen Terrorismus um? Wie gewährleisten wir, dass Menschen sicher, frei und unbeschwert in unserem Land leben können? Was machen wir gegen die Verrohung, die Polarisierung in unserer Gesellschaft und gegen den Hass in den sozialen Medien? Wie können wir unter dem Strich sicherstellen, dass der Zusammenhalt in unserem Land gewährleistet ist?
Für all das, meine Damen und Herren – das wissen wir als Rechtspolitiker –, spielt die Rechtspolitik eine ganz entscheidende Rolle. Rechtspolitik ist immer auch Gesellschaftspolitik, weil wir die Regeln für unser alltägliches Zusammenleben miteinander diskutieren und gestalten. Das Entscheidende dabei ist, dass wir diese Regeln so gestalten, dass die Menschen Vertrauen in unseren Staat haben. Dabei geht es zum einen um die Gestaltung der Rechtsordnung, zum anderen aber geht es natürlich auch darum, ob unsere Regeln, unsere Gesetze auch durchgesetzt werden. Dieses Vertrauen ist wichtig. Es ist unsere vornehmste Aufgabe, sicherzustellen, dass es bei den Menschen vorhanden ist. Die Rechtsetzung und die Rechtsdurchsetzung müssen eine Einheit bilden. Ich glaube, dass unser Koalitionsvertrag dafür eine gute Grundlage bildet.
Von dem Pakt für den Rechtsstaat, den wir gemeinsam miteinander festgelegt haben, ist heute schon viel gesprochen worden. Hier muss der Appell vor allen Dingen an die Länder gehen. Es müssen 2 000 Stellen bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten geschaffen werden. Ich will noch einmal deutlich machen: Es geht noch darüber hinaus. Es geht nicht nur um Staatsanwälte. Es geht nicht nur um Richter. Es geht vor allen Dingen auch um die Stellen in den Justizvollzugsanstalten, bei den Gerichtsvollziehern oder in den Geschäftsstellen der Gerichte. Es kann doch nicht wirklich der Ansatz sein, dass Richter stundenlang am Kopierer stehen, um Akten zu vervielfältigen. Das raubt ihnen die Zeit für die eigentlich wichtigen Dinge. Hier müssen wir zu Verbesserungen kommen, hier brauchen wir wirklich mehr Personal, damit die Richter wieder Zeit haben, sich um ihre eigentlichen Aufgaben zu kümmern, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich möchte einen Punkt in besonderer Weise herausgreifen, weil er für das Vertrauen in unseren Rechtsstaat von besonderer Bedeutung ist: der Bereich der Flüchtlings- und Migrationspolitik. Wir haben im Koalitionsvertrag ganz klar festgelegt, dass sich die Situation von 2015 nicht wiederholen darf, dass wir dort ordnen, steuern und begrenzen wollen, und das werden wir auch tun.
Ein zentraler Punkt sind an dieser Stelle die Asylverfahren. Diese müssen einfacher, einheitlicher und damit auch schneller werden. Momentan schieben wir eine wahre Bugwelle vor uns her. Wir haben in Deutschland 51 Verwaltungsgerichte. Im Jahr 2017 waren bei diesen 51 Gerichten 400 000 Asylverfahren anhängig; das sind drei Viertel aller verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Insofern müssen wir uns überlegen: Wie können wir es so gestalten, dass die Verwaltungsgerichte nicht auf Jahre lahmgelegt werden?
Ein ganz entscheidender Punkt ist dabei – er kommt von Frau Keul, sie musste leider schon weg – die Frage des Rechtsmittelzugangs. Frau Keul hat dafür plädiert, dass wir den Rechtsmittelzugang erleichtern. Darüber müssen wir nachdenken. Aber gleichzeitig müssen wir abwägen, ob dies nicht möglicherweise dazu führen könnte, dass eine weitere Instanz geschaffen wird und dadurch die Verfahren nicht beschleunigt – unser eigentliches Ziel ist ja, sie zu beschleunigen –, sondern zusätzlich erschwert und verlangsamt werden. Das darf unter dem Strich nicht sein.
Wir müssen uns anschauen, was wir mit dem Bundesverwaltungsgericht machen. Können wir möglicherweise Mittel finden, dort tatsächliche Feststellungen zu ermöglichen, sodass Länderleitentscheidungen für bestimmte Herkunfts- und Zielstaaten möglich sind,
(Beifall der Abg. Dr. Eva Högl [SPD])
damit man dort zu einer einheitlichen Rechtsprechung und zu einer schnelleren Verfahrenserledigung kommt?
All das müssen wir uns anschauen. Es gibt viel zu tun. Leider reicht die Zeit nicht aus, um alle Punkte anzusprechen. Ich kann Ihnen, Frau Justizministerin, nur sagen: Wenn es darum geht, das Vertrauen in unseren Rechtsstaat zu stärken, wenn es darum geht, dass Menschen frei und sicher in unserem Land leben können, dann haben Sie die Union bei Ihrer Arbeit an Ihrer Seite. Ich wünsche Ihnen eine glückliche Hand.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)