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Geldschein - Fraktion Direkt
(Quelle: Markus Spiske | Unsplash)

Der Haushalt braucht eine Erfolgskontrolle – Ausgaben an Ziele koppeln

Über nackte Zahlen und politische Ziele

Namensartikel von Franziska Hoppermann

E in Bundeshaushalt ist, wie es so schön heißt, „in Zahlen gegossene Politik“. Doch welche politischen Ziele erreicht werden sollen, ist dem Zahlenwerk kaum zu entnehmen. Die Ausgabentitel und Erläuterungen in bestem Fachchinesisch geben oft Rätsel auf, selbst den Parlamentariern. Entsprechend oft lässt sich am Ende des Jahres nicht erkennen, ob die Ziele, die mit den Summen verknüpft sind, tatsächlich erreicht wurden. Die CDU/CSU-Fraktion setzt sich für eine Reform der Haushaltsführung ein, die sich an der Wirkung der Ausgaben orientiert.

Das Etatrecht ist das Königsrecht des Parlaments. Über den Jahreshaushalt und die Verteilung der Gelder auf die einzelnen Ressorts wird im Bundestag daher hart gerungen. Die Sitzungen des Haushaltsausschusses, in der jeder Minister und jede Ministerin seine oder ihre finanziellen Ansprüche rechtfertigen muss, sind sagenumwoben, vor allem die sogenannte Bereinigungssitzung, die sich oft bis in die frühen Morgenstunden hinzieht. Über sie wird in den Medien aufgeregt berichtet, es kursieren Gerüchte und Geschichten. 

Effizienz der Ausgaben muss bewertet werden

In diesen Ausschusssitzungen sowie in den vorangehenden Berichterstattergesprächen mit den jeweiligen Ministerien informieren sich die Abgeordneten darüber, was sich hinter den einzelnen Ausgabentiteln verbirgt. Sie fragen nach, wofür das Geld ausgegeben werden soll, ob es tatsächlich benötigt wird. Die Vertreter der Ministerien stehen Rede und Antwort. Sie erklären, was sich hinter Titel XYZ verbirgt. Sie begründen, warum ein Ausgabentitel steigt oder sinkt. Sie erläutern, warum hier oder dort Geld übrigbleibt. Aber vor allem: Sie zeigen auf, was mit all dem politisch erreicht werden soll. 

In den Zahlenkolonnen des Bundeshaushalts drückt sich das so nicht aus. Dort stehen lediglich die nackten Summen in Euro und Cent. Und so wundert es nicht, dass Ministerinnen oder Minister, die den größten Zuwachs in ihren Budgets erkämpft haben, als erfolgreichste gelten. Denn sie haben sich – vor allem in Zeiten knapper Kassen – mit ihren Wünschen gegen die anderen durchgesetzt. In der Haushaltsdebatte des Plenums können sie so als machtvolle Minister auftreten. 

Eine Haushaltsführung, die sich nur an den Einund Auszahlungen orientiert, hat deshalb ihre Tücken. Beispiele für die ineffiziente Verausgabung von Haushaltsmitteln gibt es zur Genüge: So hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im laufenden Jahr 150 Millionen Euro für den Umbau von Tierställen bereitgestellt. Ein halbes Jahr nach Veröffentlichung des Förderaufrufes wurden nur 15 Anträge mit einem Fördervolumen von insgesamt 22 Millionen Euro gefördert. Effizienz sieht anders aus. 

Im Bereich des Bundesinnenministeriums kommt es bei der Finanzierung von Integrationsangeboten zu Doppelt- und Dreifachförderungen mit Geldern aus demselben Haus. Denn die Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer, Erstorientierungskurse und Integrationskurse lassen sich nicht klar voneinander abgrenzen. Sie haben sogar teils den gleichen Inhalt. Dieser Missstand wird vom Bundesrechnungshof zwar regelmäßig kritisiert, doch ist das dem Haushaltsentwurf nicht zu entnehmen. Und so pflanzt sich der Unsinn fort. 

Deshalb setzt sich die CDU/CSU-Fraktion dafür ein, die Haushaltsführung anzupassen. Sie soll sich nicht wie bisher nur an den Ein- und Auszahlungen orientieren, sondern an der Erfüllung der politischen Ziele. Auf diese sogenannte ziel- und wirkungsorientierte Haushaltsführung (zwoH) hatte sich schon die Ampel-Regierung von Olaf Scholz zu Beginn ihrer Amtszeit verständigt. Das Bundesfinanzministerium hat die Sinnhaftigkeit dieser Reform durch ein Gutachten von Deloitte und dem Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) bestätigen lassen. Umgesetzt wurde das Vorhaben jedoch nicht. 

Es bleibt also Aufgabe der kommenden Bundesregierung, diese sinnvolle Reform anzugehen. Dem Haushaltsausschuss und auch den Fachausschüssen stünden dann präzisere Informationen zur Verfügung, die sie als Entscheidungsgrundlage heranziehen können. Die Ministerien müssten nicht nur formulieren, wofür sie wie viel Geld ausgeben möchten, sondern auch welches politische Ziel damit verwirklicht werden soll. Sie müssten Kennzahlen liefern, an denen sich der Erfolg bemessen lässt. 

Hilfreich wäre es, wenn das Parlament und seine Ausschüsse turnusmäßig über den Verlauf der Haushaltsführung unterrichtet würden. So könnten sie den Erfolg politischer Maßnahmen im Verlaufe des Jahres bemessen. Fehlentwicklungen könnten sie frühzeitig korrigieren. Auf diese Weise wären zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Die Stellung des Parlaments würde gestärkt und die Mittelverausgabung effizienter. Als Folge würde sich die Bundestagsdebatte über den Bundeshaushalt weniger um Summen, als um Ziele drehen – eigentlich eine Kernaufgabe von Politik. 

Österreich als Vorbild für die Reform

Mit der Umstellung auf die ziel- und wirkungsorientierte Haushaltsführung würde Deutschland dem Vorbild europäischer Nachbarländer folgen. Österreich beispielsweise hat das Kriterium der Effizienz nicht nur in den Fokus der Haushaltsführung gerückt, sondern es zum haushalterischen Grundsatz ernannt. Wie man in Österreich sehen konnte, gelingt eine solche Reform allerdings nur im parteiübergreifenden Konsens. Denn nur so kann verhindert werden, dass eine nachfolgende Regierung die Reform aus taktischen Gründen rückabwickelt. 

Mit Blick auf die prekären Staatsfinanzen in Deutschland wird eine neue Bundesregierung vor der Herausforderung stehen, bei den Ausgaben Prioritäten zu setzen. Die Umstellung der Haushaltsführung wäre ein Baustein, um diese Herausforderung technisch zu begleiten. 

Ehe über die Aufweichung der Schuldenbremse diskutiert wird, sollten alle Ausgaben auf den Prüfstand. Die Lösung kann nicht lauten: „Nach uns die Sintflut. Wir hinterlassen unseren Kindern einen Schuldenberg.“ Deshalb ist es aus meiner Sicht unerlässlich, Ausgaben mit Zielen zu verknüpfen und ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Die Reform der Haushaltsführung müssen wir als gemeinsames Projekt des Parlaments betrachten – und nicht als Projekt einer wie auch immer gearteten Koalition. Gemeinsam hätten wir die Möglichkeit, mit den bisherigen Mitteln mehr zu erreichen. Packen wir es an!

 

Aus: Printausgabe Fraktion Direkt | Dezember 2024

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