Alexander Krauß: Wir haben ein sehr leistungsfähiges, gutes Gesundheitswesen, auf das wir stolz sein können
Rede in der Aktuellen Stunde zur Whistleblower- Studie aus dem BMI
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor zwei Jahren führte hier die AfD eine Debatte. Dabei ging es Ihnen darum, den um sich greifenden Englischwahn zu geißeln. Jetzt haben Sie selber das Wort „Whistleblower“ in den Mund genommen, sodass man darüber sprechen muss.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Genau! Mann, da haben Sie uns erwischt! Donnerwetter! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Aber sie wissen ja auch nicht, was es bedeutet!)
Deswegen ist es doch ganz gut, auch einmal auf die Definition einzugehen. Was ist ein Whistleblower? Eine Person, die eine für die Allgemeinheit wichtige Information aus einem geheimen oder geschützten Zusammenhang an die Öffentlichkeit bringt. Also, was man schon einmal sagen kann, ist, dass überhaupt keine geheimen Informationen irgendwie bekannt geworden sind; sondern was er gemacht hat, war, seriöse und weniger seriöse Quellen irgendwie zusammenzurühren, daraus einen Brei zu machen und den vorzustellen. Aber mit Aufklärung hat das überhaupt nichts zu tun.
Jetzt sagen Sie, Sie wollen Fakten aufklären. Herr Hampel, ich hätte mir von Ihnen gewünscht, dass Sie ein bisschen mehr von Sprache verstehen: Man kann einen Sachverhalt aufklären; Fakten kann man benennen. Sie wollen einen Sachverhalt aufklären. Ich finde, es gibt wirklich Sachverhalte aufzuklären, wenn es darum geht, die Verschwörungstheorien der AfD einmal zu betrachten.
Da gibt es einen Kollegen bei Ihnen, Hansjörg Müller; ich zitiere ihn:
88 Prozent der Corona-Toten, die aus Italien gemeldet sind, sind keine Corona-Toten. Da werden andere Tote untergeschoben, um die Statistik nach oben zu jubeln.
Oder ich lese Ihnen jetzt vor, was der AfD-Kreisverband Leipziger Land gepostet hat: Politik, Medien, Pharma, NGOs – wieder so ein Anglizismus; können Sie den einmal weitersagen? –: Corona wurde geplant! – Eine klassische Verschwörungstheorie. Da können wir nur sagen: Klären Sie auf! Klären Sie einmal in der eigenen Welt auf, und hören Sie auf, so herumzuschwadronieren!
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Was Sie in der letzten Woche auch schön verbreitet haben, war das Gerücht, dass es eine Impfpflicht geben soll – auch absoluter Blödsinn. Absoluter Blödsinn! Es gibt noch nicht einmal einen Impfstoff; da kann es keine Impfpflicht geben.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Ihr wart ja schon nah dran! Ganz nah – Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Einfach behaupten!)
Außerdem ist die vollkommen unnötig, weil die Leute ohnehin freiwillig bereit sind, sich impfen zu lassen.
Aber kommen wir jetzt zum eigentlichen Kern der Debatte. Warum waren die getroffenen Maßnahmen richtig? Sie haben ja als AfD zuerst gesagt: „Es wird viel zu wenig gemacht“, und jetzt sagen Sie: „Es wird viel zu viel gemacht.“ Das passt nicht zusammen.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Erst war es gefährlich, jetzt ist es ungefährlich! – Weiterer Zuruf: Da passt nichts zusammen!)
Aber ich glaube, wir haben das richtige Maß getroffen; denn wir wollten italienische Verhältnisse vermeiden. Wir wollten vermeiden, dass ein Arzt darüber entscheiden muss: Bekommt ein Mensch die Chance, durch Beatmung zu überleben, oder nicht? Das ist uns gelungen. Das kann man auch ganz deutlich sagen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Wir haben frühzeitig gehandelt.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Erst mal habt ihr es verpennt!)
Wir wussten, wer der „Patient Null“ ist, also, wo die Infektionen losgingen; im Gegensatz zu Italien, wo erst eine sechsstellige Zahl von Menschen erkrankt war und man dann erst mitgekriegt hat: Hier gibt es ein Problem. – Wir haben viel getestet. Wir haben fitte Labormediziner; und ja, wir haben im weltweiten Vergleich ein leistungsfähiges Gesundheitswesen mit entsprechend vielen Beatmungsplätzen.
Ich finde ja spannend, dass die Debatte darüber, was wir für ein schlechtes und schlimmes Gesundheitswesen haben, in den letzten Wochen vollkommen ermattet ist. Die gibt es gar nicht mehr. Jetzt wird es als selbstverständlich vorausgesetzt, dass wir ein ganz tolles und das beste Gesundheitswesen der Welt haben,
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das jetzt das, worüber wir streiten sollten?)
was man mit denen in irgendwelchen anderen Ländern auf der Welt sozusagen gar nicht mehr vergleichen kann. Nein, aber richtig ist – es ist auch schön, wenn dieser Punkt bei der Debatte jetzt in den letzten zwei Monaten herausgekommen ist –: Wir haben ein sehr leistungsfähiges, gutes Gesundheitswesen, auf das wir stolz sein können und das diese Krise wunderbar gemeistert hat.
(Beifall bei der CDU/CSU – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das steht in der Studie gar nicht drin!)
Der zweite Punkt ist, dass gesagt wird: Ja, so was, was in Italien passiert ist, in den USA passiert ist, in Spanien passiert ist, auf der Welt passiert ist, das kann uns in Deutschland nicht passieren.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das stimmt doch einfach nicht! – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Steht in der Studie gar nicht drin!)
Auch das ist falsch. Wir haben mit Heinsberg einen Hotspot gehabt, in dem 15 Prozent der Bevölkerung erkrankt sind, wo es so gewesen ist, dass wir Patienten wegverlegen mussten, und wo wir auch sehen mussten, dass Ärzte dazugekommen sind. Also, auch uns hätte das ganz normal passieren können, wenn das flächendeckend der Fall gewesen wäre. Wir hatten Glück, dass das bei uns nicht der Fall war.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir uns die Maßnahmen einmal anschauen, dann sind wir kein Land, das irgendwo übertreibt. Ich wohne 30 Kilometer von der tschechischen Grenze entfernt. Dort herrscht derzeit der Ausnahmezustand. Um Russland zu zitieren, was ein Lieblingsland von Ihnen ist:
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Sie reden völlig am Thema vorbei!)
In Moskau darf man 100 Meter aus der Haustür rausgehen und mit seinem Hund Gassi gehen. Da sind andere Länder wesentlich straffer unterwegs, um dieses Virus einzudämmen. Wir haben es mit Sicherheit mit den Maßnahmen nicht übertrieben.
Dann wird noch angeführt: Ja, guckt mal an, es gibt ja so wenig Tote, also kann es ja gar nicht so schlimm gewesen sein. – Ja, Entschuldigung: Das war doch unser Ziel, dass die Leute nicht sterben! Deswegen haben wir uns doch die Mühe gemacht!
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Um das noch zusammenzufassen: Wir haben bei Corona einen komplett neuen, hochinfektiösen Krankheitserreger, der sich binnen sechs Wochen über die ganze Welt ausgebreitet hat; bei dem wir kein Medikament haben, das dagegen anschlägt und uns bekannt ist, und bei dem wir noch keinen Impfstoff haben. Das zeigt, wie gefährlich das ist. Deswegen war es richtig, als wir dieses Neuland betreten haben,
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: „Neuland“!)
dass wir vorsichtig und achtsam und richtig agiert haben.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)