Wadephul: „China will eine andere Weltordnung“
Johann David Wadephul über Europas Beziehungen zu China
Das Verhältnis der EU zu China ist eines der wichtigen Themen der deutschen Ratspräsidentschaft. Wie es um die Beziehungen steht, erklärt der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann David Wadephul, im Kurzinterview.
Herr Wadephul, auf dem Gipfel sollte es um ein Investitionsschutzabkommen gehen. Wie weit ist das Abkommen gediehen?
Wadephul: Ein wirksamer Investitionsschutz ist für deutsche und europäische Unternehmen immens wichtig. Das wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass die EU-Investitionsbestände in China bei knapp 200 Milliarden Euro pro Jahr liegen. Für uns kommt es vor allem auf zuverlässige und ausgewogene Regelungen zum Marktzugang, zum Investitionsschutz und zur Nachhaltigkeit an.
Konkret fordern wir, dass die in China geltenden Beteiligungsverbote in bestimmten Sektoren, die Höchstgrenzen für Beteiligungen und die Joint-Venture-Zwänge für EU-Investoren abgeschafft werden. Wir brauchen unter anderem bessere Standards für den Schutz vor staatlicher Enteignung und eine moderne Art der Streitschlichtung zwischen Staat und Investoren.
Ich höre, dass es über die Jahre bei den Verhandlungen große Fortschritte gab. Auch die chinesischen Gesprächspartner sind sehr optimistisch. Wir hoffen, dass wir bald ein ambitioniertes Investitionsschutzabkommen abschließen können. Davon würden beide Seiten sehr profitieren.
Aus dem wirtschaftlichen Konkurrenten China ist längst ein Systemwettbewerber geworden. Wie geht Europa damit um?
Wadephul: Unsere Beziehungen zu China sind vielschichtig – im Bereich des wirtschaftlichen und unternehmerischen Austausches etwa profitieren wir sehr von der stetig wachsenden Zusammenarbeit. Es gibt darüber hinaus eine ganze Reihe globaler Probleme, etwa den Klimawandel, die Entwicklung nachhaltiger Wirtschaftsmodelle oder – aktuell – die wirksame Bekämpfung von Pandemien, in denen wir nur gemeinsam Lösungen entwickeln können.
„Das Völkerrecht gilt für alle“
Ein anderer Aspekt ist der Systemwettbewerb. Die chinesische Führung stellt die werte- und regelbasierte Weltordnung immer wieder in Frage – etwa, wenn sie den Haager Schiedsspruch zum Südchinesischen Meer offen missachtet oder wenn sie illegal Militärbasen auf künstlich aufgeschütteten Inseln errichtet, um mit Waffengewalt Fakten zu schaffen. Peking will eine andere, von ihm selbst wesentlich bestimmte Weltordnung. Für uns aber ist klar: Völkerrechtliche Standards und menschenrechtliche Grundsätze gelten für alle gleichermaßen. Nur wer sich daran hält, kann langfristig auf vertrauensvoller Basis mit uns zusammenarbeiten.
Gegen diese neue systemische Herausforderung müssen wir Europäer uns mit unseren Wertepartnern in aller Welt behaupten – zu ihnen gehören beispielsweise im asiatisch-pazifischen Raum Japan, Südkorea, Taiwan, Indien oder Australien.
Hongkong ist der Lackmustest für China
Warum reagiert die EU nicht entschlossener auf Chinas Gebahren in Hongkong?
Wadephul: Die EU hat Chinas Führung in aller Deutlichkeit vor einer Aushöhlung des Prinzips „Ein Staat, zwei Systeme“ gewarnt. Der Umgang mit Hongkong ist ein Lackmustest für die Reputation Chinas, wir beobachten das sehr genau. Wenn die chinesische Führung die selbst gegebenen Zusicherungen bezüglich Hongkong nicht einhält, ist ihre Glaubwürdigkeit nachhaltig beschädigt. Wir können dann auch in Zukunft und bei anderen Themen nicht davon ausgehen, dass China Zusagen einhält.