Middelberg: „Europa braucht neue Regeln für Asyl“
EU-Kommission schlägt neues Asyl- und Migrationssystem vor
Zu den Schwerpunktthemen der laufenden deutschen EU-Ratspräsidentschaft gehören Migration und Asyl sowie der Schutz der EU-Außengrenzen. In Kürze kommt ein Reformvorschlag auf den Tisch. Dazu äußert sich im Kurzinterview Innenpolitiker Mathias Middelberg.
Herr Middelberg, im September will die EU-Kommission einen Vorschlag zur Reform des europäischen Asyl- und Migrationssystems vorlegen. Wie muss er aussehen, damit er zustimmungsfähig ist?
Middelberg: Um mittel- bis langfristig illegale Zuwanderung zu verringern, brauchen wir eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) in Europa. Das aktuelle System funktioniert leider kaum. Es gibt zu viele illegale Einreisen und zu viel Weiterwanderung innerhalb Europas. Vier Kernpunkte sind bei dem neuen Vorschlag besonders wichtig: erstens ein wirksamer EU-Außengrenzschutz. Zweitens müssen Asylgesuche durchweg bereits an der europäischen Außengrenze gestellt und geprüft werden. Bei Nichtschutzbedürftigen muss eine Zurückweisung bzw. Rückführung direkt von dort aus erfolgen. Drittens muss Schluss sein mit dem Weiterwandern quer durch Europa. So müssen Mitgliedstaaten, die einmal für Bewerber zuständig geworden sind, dauerhaft zuständig bleiben. Anspruch auf Sozialleistungen darf es dann nur in diesen Staaten geben. Und viertens muss jeder EU-Staat seiner Verantwortung gerecht werden und einen angemessenen Beitrag in Bezug auf die Verteilung bzw. Versorgung der Schutzbedürftigen leisten.
Was bringen Auffangzentren für Asylbewerber an den Außengrenzen?
Middelberg: Zentren an den Außengrenzen sind Grundvoraussetzung dafür, dass es eine lückenlose Registrierung gibt und offensichtlich unzulässige bzw. unbegründete Anträge direkt abgelehnt werden können. In diesen Fällen darf es keine Einreise in die EU geben. Die künftige EU-Asylagentur und Frontex sollten die Außengrenzstaaten bei diesen Prüfungen und den anschließend gegebenenfalls erforderlichen Rückführungen unterstützen oder – wenn möglich – in eigener Zuständigkeit vorgehen. Ich bin mir sicher, wenn wir dieses Problem in den Griff bekommen, wird eine Einigung über eine gerechte Verteilung der wirklich Schutzbedürftigen in der EU wesentlich einfacher, da es sich um eine viel geringere Anzahl von Personen handelt.
Damit die Außengrenzen wirksamer geschützt werden können, soll Frontex auf 10.000 Grenzschützer aufgestockt werden. Reichen die Mittel, die die EU-Staats- und Regierungschefs im siebenjährigen Haushaltsplan dafür vorgesehen haben?
Middelberg: Eine Verbesserung des EU-Außengrenzschutzes ist nicht nur wesentliche Voraussetzung für ein funktionierendes Gemeinsames Europäisches Asylsystem, sondern auch für das Funktionieren unseres gemeinsamen grenzenlosen Schengen-Raums. Nur wenn die Außengrenzen sicher sind, kann auf Kontrolle an den Binnengrenzen verzichtet werden. Eine Unterstützung der Außengrenzstaaten bei der Grenzsicherung und eine stärkere Unterstützung der Mitgliedstaaten bei Rückführungen durch Frontex sind dabei wesentliche Bausteine. Frontex kann diese Aufgaben aber nur erfüllen, wenn es angemessen mit Personal und Mitteln ausgestattet wird.