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Ralph Brinkhaus
(Quelle: Tobias Koch)

„Andere Parteien wären froh über so viele geeignete Kandidaten“

Ralph Brinkhaus im Interview mit dem DLF

Nach der Ankündigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, beim CDU-Bundesparteitag im Dezember nicht erneut als Parteivorsitzende zu kandidieren, wird nun vor allem eine Frage diskutiert: Wie geht es weiter? Im Interview mit dem Deutschlandfunk betont der Fraktionschef Ralph Brinkhaus: "Es ist ganz, ganz wichtig, dass die Person, die den Vorsitz bekleidet, ein Brückenbauer ist." Die Unionsfraktion habe ein großes Interesse daran, die laufende Legislaturperiode bis 2021 zum Erfolg zu führen. Auf der Tagesordnung stehen jetzt u.a. die Themen Rente, Pflege sowie eine Änderung des Grundgesetzes. "Wir haben in den nächsten Wochen viel zu tun", so Brinkhaus im Interview.

 

Braucht Ihre Partei jetzt Friedrich Merz, um die – wir haben es gerade gehört – Sozialdemokratisierung der CDU zu beenden?

Wir haben zunächst mal eine Wahl für den Parteivorsitz im Dezember. Wir haben mehrere Kandidaten. Das ist gut. Ich glaube, viele andere Parteien wären froh, wenn sie so viele geeignete Kandidaten hätten. Insofern schauen wir mal, wie sich der Wahlkampf jetzt in den nächsten Wochen entwickeln wird.

„Keine Entscheidung der Fraktion“

Da interessiert mich natürlich schon Ihre Meinung als Fraktionschef. Was ist denn Ihr Favorit?

Die Fraktion macht ihre Arbeit. Wir haben in den nächsten Wochen viel zu tun. Wir werden in der nächsten Woche über Rente reden, über Pflege reden. Wir wollen das Grundgesetz ändern. Wir haben den Haushalt vor der Brust. Insofern ist das eine Entscheidung der Partei und keine Entscheidung der Fraktion, und ich denke, es gebietet der Respekt vor den Delegierten, da jetzt auch nicht in irgendeiner Art und Weise zu sagen, das muss jetzt der oder das muss die machen.

Es gibt ja schon einige in der CDU, die haben sich aus dem Fenster gelehnt. Sie persönlich sollen ja engen Kontakt zu Friedrich Merz haben, auch schon bei ihrer Wahl zum Fraktionschef. Ist das so?

Die Wahl zum Fraktionschef, die hat ja nun wirklich nichts mit Friedrich Merz zu tun. Die hatte auch nichts mit anderen Kandidaten zu tun, die jetzt genannt werden, sondern das ist eine Geschichte gewesen, die war fraktionsintern. Insofern sollte das auch keine Rolle spielen bezüglich jetzt der Wahl zum Parteivorsitzenden.

„Das Ende der Ära Merkel ist nicht da“

Viele langjährige Beobachter in Berlin haben aber Sie bereits als den neuen Friedrich Merz bezeichnet. War Ihre Wahl vor einem Monat bereits der Anfang vom Ende der Ära Merkel?

Erst mal ist das Ende der Ära Merkel nicht da. Sie bleibt Bundeskanzlerin, was wir als Fraktion auch begrüßen. Wir haben großes Interesse daran, diese Legislaturperiode bis 2021 zum Erfolg zu führen, im Übrigen auch in der Großen Koalition. Wir haben uns viele wichtige Projekte vorgenommen im Bereich Pflege, aber auch zum Beispiel im Bereich Wohnen, wo wir den Wohnungsgipfel gehabt haben. Da wollen wir jetzt unsere Arbeit machen.

Der neue Parteichef ist nicht gleichzeitig auch der neue Kanzler oder die neue Kanzlerin?

Wir wählen jetzt eine Parteivorsitzende oder einen Parteivorsitzenden, und die Bundeskanzlerin hat ja am Montag auch geäußert, dass sie beabsichtigt, weiter Bundeskanzlerin zu bleiben. Wir arbeiten im Übrigen sehr, sehr gut zusammen. Ich freue mich dann auch auf die nächsten Wochen.

Sie hatte in der Vergangenheit natürlich auch angekündigt, weiter Parteichefin zu bleiben. Von daher muss man vielleicht auch ein Fragezeichen dahinter setzen.

„Tolle Geschichte, dass uns das als CDU gelingt“

Ich denke mal, wenn man sich vornimmt, dann zum Ende der Legislaturperiode aufzuhören, dann kann man natürlich auch gucken, macht es jetzt noch Sinn, Parteivorsitzende und Kanzlerin zu bleiben. Es muss ja dann für danach auch ein Übergang vorbereitet werden. Ich glaube mal, das ist eigentlich eine tolle Geschichte, dass uns das als CDU gelingt, diesen Übergang nicht mit einem Crash, sondern mit einem geordneten Prozess entsprechend vorzubereiten. Auch da wären viele andere Parteien sehr, sehr neidisch auf uns.

Das klingt bei Ihnen jetzt ein bisschen, als hätte Angela Merkel das wirklich selbst in der Hand. Kommt es nicht vielmehr darauf an, welcher der drei Kandidaten, die bisher ihren Hut in den Ring geworfen haben, tatsächlich Parteichef oder Chefin wird?

Wie gesagt, ich würde das jetzt mal komplett unterscheiden, Parteichef auf der einen Seite, Bundeskanzlerin auf der anderen Seite. Es waren ja auch viele Leute, die gesagt haben, dass ich als neuer Fraktionsvorsitzender nicht mit Angela Merkel vernünftig zusammenarbeiten kann, und es ist genau das Gegenteil. Wir arbeiten sehr gut, sehr konstruktiv zusammen. Insofern geht das alles.

„Ein Brückenbauer innerhalb der Partei“

Jetzt habe ich aber immer noch nicht herausgehört, wer denn für Sie das Potenzial hätte, welche Eigenschaften der Kandidat, die Kandidatin mitbringen müsste, um Ihre CDU zu einen, um, wie Sie selbst ja gestern bereits gesagt haben, ein Brückenbauer zu sein.

Ja, das ist genau der Punkt. Ich denke mal, der oder die neue Parteivorsitzende sollte tatsächlich ein Brückenbauer sein, ein Brückenbauer innerhalb meiner Partei. Wir sind eine Volkspartei, da gibt es viele unterschiedliche Strömungen und Richtungen. Da macht es jetzt keinen Sinn, wenn man einer Richtung angehört, sondern man muss die Partei einen. Aber was noch viel, viel wichtiger ist: Unsere Partei hat auch die Aufgabe, wir sind die Union, wie der Name schon sagt, auch dieses Land zu einen und dieses Land zusammenzuhalten. Der Zusammenhalt in diesem Land, das ist, glaube ich, das, was in den letzten Jahren am meisten verloren gegangen ist. Deswegen ist es ganz, ganz wichtig, dass wir als CDU ein ganz starkes Signal setzen, dass wir das Land zusammenhalten wollen. Deswegen ist es auch ganz, ganz wichtig, dass die Person, die den Vorsitz bekleidet, dann auch ein Brückenbauer ist.

Das Land zusammenhalten, erst mal die Partei zusammenhalten. Da wäre es doch gut, um die Enttäuschten in der CDU wieder mitzunehmen, ehemalige CDUler zurückzuholen, die zum Beispiel zur FDP abgewandert sind, oder vor allem auch zur AfD. Wer könnte das denn am besten?

Wir haben natürlich auch – und das hat die Analyse der Hessen-Wahl gezeigt – Wählerinnen und Wähler, die zu den Grünen abgewandert sind. Die CSU hatte mit dem gleichen Phänomen zu kämpfen. Dementsprechend ist das Kunststück, als Volkspartei – das ist unser Anspruch – zu sagen, wir wollen die Wählerinnen und Wähler von den Grünen zurück und wir wollen sie natürlich auch von den Protestparteien zurück.

„Auch andere Bewerber außer Merz, die wirtschaftsnah sind“

Trotzdem gibt es in der CDU ja viele, gerade Wirtschaftsliberale, die sich von dem jetzigen Parteikurs nicht mehr mitgenommen fühlen, und da gibt es schon viele Stimmen, die sagen, Friedrich Merz, das wäre der richtige Mann, um genau das wiederherzustellen. Stimmen Sie zu?

Ich glaube, wir haben auch viele andere Bewerber, die auch durchaus wirtschaftsnah sind. Das heißt, es ist eine Geschichte, da jetzt in irgendeiner Art und Weise zu sagen, der oder die ist besser. Das werden Sie aus mir jetzt nicht rauskitzeln können. Da können Sie auch noch sehr, sehr lange fragen. Weil jetzt mal ganz unabhängig von meiner persönlichen Meinung: Das Tolle ist, wir haben jetzt einen Parteitag, wo die Delegierten dann auch entsprechend entscheiden können. Die Bewerberinnen und Bewerber, die müssen sich jetzt auch vorstellen. Die müssen ihr Programm erläutern, die müssen erläutern, wie sie mit der Partei umgehen, was für Pläne sie auch darüber hinaus haben. Das ist ein Prozess, den wir jetzt alle ganz in Ruhe abwarten, und dann wird im Dezember eine Entscheidung getroffen.

Zumindest bei zweien der Kandidaten, nämlich bei Friedrich Merz und auch bei Annegret Kramp-Karrenbauer kann man sich ja schon fragen, wo da die Erneuerung bleibt. Wer kann denn von den Kandidaten am besten Zukunft?

Ich gehe auch davon aus, dass alle Kandidaten, die jetzt in das engere Rennen hineingenommen worden sind – Jens Spahn hat ja auch erklärt, dass er kandidieren möchte –, dass die viele, viele Pläne für die Zukunft haben. Das ist immer so, wenn man was neu übernimmt. Dann hat man natürlich auch andere Vorstellungen als diejenigen, die das vorher gemacht haben. Aber das werden die jetzt in den nächsten Wochen und Monaten erläutern müssen und ich glaube, da sollte jeder seine Chance kriegen.

„Mitgliederbefragung reizvoller Gedanke, aber technisch schwierig“

Bei diesem ganzen Prozess wollen einige jetzt auch die Basis einbinden und nicht nur die Parteitagsdelegierten im Dezember wählen lassen. Sind Sie für eine Urabstimmung?

Urabstimmungen – soweit ich das weiß, sind in unserer Satzung Mitgliederbefragungen vorgesehen. Das ist sicherlich ein reizvoller Gedanke. Auf der anderen Seite wird das technisch natürlich auch sehr schwierig, weil wir wählen ja Anfang Dezember nicht nur einen neuen Bundesvorsitzenden oder eine neue Bundesvorsitzende, sondern einen ganzen Vorstand. Wir haben turnusgemäß einen Parteitag. Das ist ja jetzt nicht was Außergewöhnliches. Dementsprechend gibt es auch keinen Rücktritt von Angela Merkel, sondern sie tritt einfach nur nicht noch mal an. Das ist schon ein ganz, ganz großer Unterschied. Da muss man jetzt schauen, wie man die Mitglieder dann auch einbindet. Ich würde es zumindest für sehr, sehr gut halten, wenn man da so was macht wie Regionalkonferenzen, damit die Kandidaten auch die Möglichkeit haben, sich der breiten Parteibasis entsprechend vorzustellen.

Wenn die Union jetzt in der eigenen Personalrochade beschäftigt ist, ist es dann auch so, dass da schon mal nach einem neuen Innenminister vielleicht Ausschau gehalten wird, einfach schon mal prophylaktisch?

Wir beschäftigen uns jetzt – und das haben Sie ja erläutert, damit haben wir genug zu tun – damit, dass wir jetzt einen neuen Parteivorsitzenden kriegen. Die CDU/CSU-Fraktion beschäftigt sich mit der Sacharbeit. Da haben wir einiges, was zur Auslieferung bereit liegt, was jetzt in den nächsten Wochen im Bundestag auch verabschiedet werden muss. Unser Ziel als Bundestagsfraktion ist es, durch viele, viele kleine Maßnahmen jeden Tag das Leben der Menschen ein Stückchen besser zu machen, und daran werden wir jetzt in den nächsten Wochen zusammen mit der CSU, aber auch mit der SPD arbeiten.

„Horst Seehofer –  nicht meine Baustelle“

Trotzdem können Sie ja nicht von der Hand weisen, dass es gerade einige Personalien gibt, die die Leute bewegen und um die es jetzt zeitnah gehen muss. Spätestens nach der Regierungsbildung in Bayern vielleicht schon dieses Wochenende, da dürfte die Debatte um Horst Seehofer voll losbrechen. Sollte er sich jetzt an der Kanzlerin ein Beispiel nehmen?

Ich denke mal, dieser Debatte, der werden Sie dann auch in Ihrem Sender einen ordentlichen Platz geben. Aber das ist eine Debatte, die dann in der CSU geführt werden muss und die nicht in der CDU geführt werden muss. Das ist jetzt nicht meine Baustelle.

Immerhin sind Sie Koalitionspartner und Schwesterparteien.

Wir sind Koalitionspartner, aber ich bin ja auch Koalitionspartner von der SPD und ich beteilige mich auch nicht an Personaldiskussionen, die die SPD gegebenenfalls hatte oder vielleicht auch haben wird. Insofern ist das eine Geschichte: Jeder soll mal sein Geschäft machen und dann hat jeder auch genug zu tun.

Das komplette Interview finden Sie auf der Seite des DLF auch zum Nachhören.