Landwirten in Not unbürokratisch helfen
Kabinett berät Bund-Länder-Hilfsprogramm
Die Bundesregierung hat in ihrer heutigen Kabinettsitzung über den Erntebericht für das Jahr 2018 und Hilfen für die Landwirtschaft beraten. Dazu erklären die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann, und der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Ernährung und Landwirtschaft, Albert Stegemann:
Gitta Connemann: „Der Erntebericht von Bundesministerin Julia Klöckner schafft Klarheit. Bei den Dürreschäden in der deutschen Landwirtschaft handelt es sich um kein regionales Problem. Es hat nationale Dimension. Die extreme Trockenheit fordert deutschlandweit ihren Tribut. Damit sind die Weichen für ein Bund-Länder-Hilfsprogramm gestellt. Nun müssen die Hilfen mit Hochdruck auf den Weg gebracht werden. Die Zeit drängt.
Klar ist: Es darf und wird keine Verteilung von Geldern mit der Gießkanne geben. Nur betroffene und bedürftige Betriebe werden direkte Hilfen erhalten. Klar ist auch: Bund und Länder stehen in der Pflicht. Deshalb muss ein Bund-Länder-Programm ‚Dürrehilfen‘ her: mit einem jeweils hälftigen Anteil von Bund und Ländern. Sofern der laufende Haushalt es nicht hergeben sollte, wird die CDU/CSU-Fraktion Bundesministerin Klöckner bei der Beschaffung weiterer Mittel unterstützen. Es ist ein Kraftakt, bis zu 170 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt zu schultern.
Aber nicht nur Bund und Länder tragen in dieser Situation Verantwortung – auch der Lebensmitteleinzelhandel. Wer jetzt Preiserhöhungen mit der Dürre begründet, handelt unanständig. Zur Wahrheit gehört: die Rohstoffpreise für Getreide sind am Weltmarkt zwar stark gestiegen. Am Preis für ein Brot macht dies aber weniger als 5 Prozent aus. Und über den Milchpreis wird erst im Herbst neu verhandelt. Jede Preiserhöhung unter dem Deckmantel der Dürre landet in vielen Taschen, aber nicht bei den Landwirten. Ich erwarte Fairness vom Lebensmitteleinzelhandel. Allerdings werden Solidaritätsappelle allein wohl nicht helfen. Hier zeigen sich einmal mehr die Auswirkungen der Marktkonzentration im deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Natürlich darf der Staat keine Preise diktieren. Aber er muss für mehr Fairness bei solchen ungleichen Lieferbeziehungen sorgen. Eine Chance dafür bietet der Entwurf der Europäischen Kommission für eine Richtlinie zu unlauteren Handelspraktiken im Lebensmittelbereich.
Dürre und Hagel zeigen: Wir brauchen ein Klimarisikomanagement. Kein Landwirt will Hilfeempfänger sein. Die Steuerzahler sind keine Vollkaskoversicherung. Deshalb muss es Instrumente geben, die die Steuerzahler nicht belasten. Die Lösung dafür wäre die Einführung einer Klimarücklage (Risikoausgleichsrücklage). Die Idee: Landwirtschaftliche Betriebe sparen einen Teil ihrer Gewinne an, auf die keine Steuern entrichtet werden müssen. Erforderlich wäre aber eine echte Zweckbindung als Liquiditätshilfe zur Krisenvorsorge. So könnte in guten Zeiten eigenverantwortlich für schlechte Zeiten vorgesorgt werden.“
Albert Stegemann: „Die Bundesregierung hat auf Grundlage des Ernteberichts ein Schadensereignis nationalen Ausmaßes festgestellt. Damit ist der Weg frei, Landwirten auch mit zusätzlichen Bundesmitteln zu helfen, die besonders unter der anhaltenden Dürre zu leiden haben. Das begrüßen wir. Betrieben in Existenznot wollen wir gezielt helfen und nicht mit der Gießkanne Steuergeld verteilen. Die Hilfsmittel von Bund und Ländern werden je zur Hälfte getragen und müssen jetzt unbürokratisch bei den betroffenen Betrieben ankommen. Darüber hinaus müssen Landwirte Ernteausfälle bei der Ermittlung des Düngebedarfs als unvermeidliche Verluste berücksichtigen dürfen.
Wir müssen aber auch über die aktuelle Situation hinausdenken. Erstens gilt es in den anstehenden Verhandlungen über die Europäische Agrarpolitik (GAP) deren Krisenfestigkeit zu stärken und verbesserte Instrumente zur Absicherung gegen klimabedingte Risiken zu schaffen. Zweitens müssen wir Anreize setzen, Rücklagen zu bilden, damit die Landwirte in Krisensituationen ohne staatliche Hilfe auskommen. Das ginge auch dadurch, Rücklagen steuerlich zu begünstigen. Wie dies im Einzelnen realisiert werden kann, muss ergebnisoffen geprüft werden. Drittens sind wirtschaftliche Lösungen zur Absicherung von Markt- und Wetterrisiken notwendig. Eine niedrigere Versicherungssteuer auf zeitgemäße Angebote der Versicherungswirtschaft könnte dazu beitragen, dass mehr Landwirte sich künftig gegen Dürreschäden absichern.“