Markus Uhl: "Die vorzeitige Rückzahlung durch Griechenland ist ein positives Signal"
Griechenland: Vorzeitige teilweise Rückzahlung des ausstehenden Kredites des Internationalen Währungsfonds
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute über Griechenland und über die vorzeitige teilweise Rückzahlung eines ausstehenden IWF-Kredites. Ja, eine ähnliche Debatte hatten wir bereits im Oktober 2019. Die Frau Staatssekretärin hat den Sachverhalt ja umfassend dargestellt.
Und ja, es ist richtig: Die vorzeitige Rückzahlung dieses Kredits durch Griechenland ist vor allen Dingen ein positives Signal. Aber sie ist noch deutlich mehr. Sie ist ein Beleg dafür, dass die europäischen Instrumente funktionieren, dass das Prinzip Hilfe gegen Reformen funktioniert.
Die Menschen in Griechenland haben hohe Lasten auf sich genommen, aber heute, auch in der Pandemie, zeigt sich erneut, dass es sich lohnt, dass Europa regelbasiert ist, dass wir Kredite an Konditionen knüpfen und dass wir mit den Griechenland-Hilfspaketen unter den Bedingungen der Durchführung von Strukturreformen zur Konsolidierung und zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit geholfen haben. Und diese Rückzahlung ist die Fortsetzung einer Erfolgsgeschichte. Diese heißt Irland, Portugal und Zypern.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und auch im Griechenland-Fall gab es im Oktober 2019 zum ersten Mal eine vorzeitige Rückzahlung. Bei all diesen vorzeitigen Rückzahlungen haben wir immer die Parallelitätsklausel ausgesetzt.
Hauptgrund für die vorzeitige Tilgung ist, dass sich die Struktur der griechischen Staatsschulden durch Zinseinsparungen von einmalig rund 35 Millionen Euro verbessern würde. Das ist nicht besonders viel. Aber was heißt das denn konkret? Die Tilgung der 3,6 Milliarden Euro erfolgt durch ein unterjähriges Vorziehen von Verbindlichkeiten, die ohnehin in den Jahren 2021 und 2022 fällig geworden wären. Diese vorzeitige Tilgung erfolgt aus Überschussreserven und aus bereits am Kapitalmarkt befindlichen Anleihen und führt eben nicht zu einer höheren Verschuldung auf der anderen Seite. Damit wird das Wechselkurs- und Zinsrisiko entsprechend verringert. Es gibt auch keine wesentlichen Auswirkungen auf die Schuldentragfähigkeit Griechenlands. Wichtig ist auch, dass die Beteiligung des IWF im Rahmen der Nachprogrammüberwachung auch weiterhin gewährleistet ist.
(Otto Fricke [FDP]: Das ist wahr!)
Von den Märkten wird das als weiterer Fortschritt hin zu einer Normalisierung der Finanzlage Griechenlands und damit auch der gesamten Euro-Zone interpretiert werden. Insbesondere will ich feststellen, dass Griechenland auch unter besonderen Umständen wie in dieser Pandemie seinen Schuldverpflichtungen nachkommen kann.
Positiv zu werten ist, meine Damen und Herren, dass Griechenland heute in der Lage ist, sich günstig am Kapitalmarkt zu refinanzieren. Die Liquiditätsrisiken sind überschaubar, wenn Griechenland auch weiterhin auf wirtschaftspolitische Maßnahmen setzt.
Die Entwicklung ist gut. Wenn wir uns die makroökonomischen Parameter der letzten Jahre anschauen, dann sehen wir: Die Wachstumsrate ist von 2017 bis 2019 bis auf 1,9 Prozent jährlich gestiegen. Griechenland hat damit eine überdurchschnittliche Wachstumsrate gehabt. Im Jahr 2019 gab es einen Haushaltsüberschuss in Höhe von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Mehrere Jahre wurden die vereinbarten Primärüberschussziele übertroffen. Die Arbeitslosigkeit ist von 24 Prozent im Jahr 2016 auf 16,2 Prozent ganz aktuell, im Februar 2021, gesunken. Die Bargeldreserven sind unverändert und reichen aus, um eine zweijährige Finanzierung abzudecken.
Aber etwas ist entscheidend anders als im Falle der vorzeitigen Rückzahlung von Griechenland im Jahr 2019. Die EU-Kommission kommt aktuell, im November 2020, zu dem Ergebnis, dass sich das Tempo der Umsetzung der Reformen in den letzten Monaten, seit Antritt der bürgerlichen Regierung der Nea Dimokratia von Kyriakos Mitsotakis am 9. Juli 2019, erheblich beschleunigt hat.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das heißt weitere Privatisierungen, das heißt der Aufbau einer effizienten Steuerverwaltung, das heißt Reform des Insolvenzrechts, Reformen der öffentlichen Verwaltung und im Energiebereich. Die Schuldentragfähigkeit Griechenlands ist trotz der Pandemielage mittelfristig gegeben.
Herr Boehringer, Sie sagen, wir sollten auf die Einhaltung der Parallelitätsklausel bestehen. Was würde das denn bedeuten? Das würde bedeuten, dass Griechenland 65,6 Milliarden Euro an die EFSF und 38,8 Milliarden Euro an den ESM zurückzahlen müsste.
(Peter Boehringer [AfD]: Der Kapitalmarkt gibt’s her!)
Das hätte erhebliche Auswirkungen auf die Schuldentragfähigkeit von Griechenland. Griechenland müsste sich dafür erheblich am Markt zusätzlich verschulden, was es aktuell ja gar nicht könnte. ESM und EFSF könnten die Zahlung nicht ohne Kosten entgegennehmen. Das ist aus wirtschaftlicher Sicht eben nicht wünschenswert.
Meine Damen und Herren, ja, wir tragen Verantwortung gegenüber dem deutschen Steuerzahler. Wir tragen aber auch Verantwortung gegenüber Europa, und für Europa zählt: Stabilität ist wichtig. Es zeigt sich erneut: Wenn wir nach Konditionen handeln und wenn man sich an Regeln hält, haben letztlich die Menschen in den Ländern auch etwas davon.
Wer ist Hauptprofiteur einer stabilen und regelbasierten Euro-Zone? Ja, das ist die Bundesrepublik Deutschland. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu dem Antrag der Bundesregierung.
(Beifall bei der CDU/CSU)