„Die Infektionszahlen müssen runter“
Drittes Bevölkerungsschutzgesetz im Bundestag – Grundlage für Maßnahmen gegen Corona
Zur Eindämmung des Coronavirus sind für eine begrenzte Zeit drastische Einschränkungen im öffentlichen und privaten Leben unerlässlich. Die rechtliche Grundlage dafür bietet das Infektionsschutzgesetz, das der Bundestag angepasst hat. Damit schafft er die Rechtsgrundlage für Schutzmaßnahmen wie Kontaktbeschränkungen, Restaurantschließungen oder die Absage von Kultur- und Sportveranstaltungen.
Gesundheitssystem nicht überlasten
Die Schutzmaßnahmen, die im sogenannten Dritten Bevölkerungsschutzgesetz aufgelistet werden, können dann verhängt werden, wenn die Zahl der Neuinfektionen die wichtigen Schwellen von 35 und 50 pro 100.000 Einwohnern innerhalb einer Woche überschreitet. Denn bei höheren Fallzahlen können die Gesundheitsämter die Kontaktketten nicht mehr nachvollziehen. Die Ausbreitung des Virus lässt sich nicht mehr eindämmen; eine Überlastung des Gesundheitswesens droht.
Warum brauchen wir überhaupt dieses 3. #Bevölkerungsschutzgesetz? Damit sich die #Corona-Maßnahmen in einem klaren, vom Parlament gesetzten Rahmen bewegen. Mehr dazu im Faktencheck: https://t.co/lqEifgIwqz#Infektionsschutzgesetzpic.twitter.com/XTNfMuLPi2
— CDU/CSU (@cducsubt) November 18, 2020
Parlament auf dem Fahrersitz
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus zeigte sich mit dem Gesetzentwurf zufrieden, an dem die parlamentarischen Gremien in der vergangenen Woche noch intensiv gearbeitet hatten. „Das zeigt, dass das Parlament bei der Bewältigung der Corona-Pandemie auf dem Fahrersitz sitzt“, sagte Brinkhaus. Das Gesetz sorge dafür, dass in der Pandemie angemessen, verhältnismäßig und flexibel reagiert werden könne.
Leitplanken für die Regierungen
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Thorsten Frei betonte ebenfalls: „Das Gesetz sorgt für mehr Bundestagseinfluss, nicht weniger.“ Und es sorge für Rechtssicherheit. Mit der Pflicht zur Begründung der Maßnahmen und mit der Befristung der Gültigkeit setze der Bundestag den Regierungen Leitplanken. Ohnehin könne der Gesetzgeber jederzeit ein Ende der Schutzmaßnahmen beschließen. Für jetzt aber gelte: „Diese Schutzmaßnahmen sind notwendiger denn je – die Infektionszahlen müssen runter gehen.“
Ähnlich äußerte sich der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jan-Marco Luczak. Um das Infektionsgeschehen rasch einzudämmen, müsse die Politik schnell und konsequent reagieren können, sagte er. Gleichwohl seien die Eingriffe grundrechtsschonend und strikt verhältnismäßig. „Mit diesem Gesetz werden sowohl Grundrechtsschutz als auch Parlamentsbeteiligung gestärkt.“
Intensivbetten vorhalten
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Georg Nüßlein wies darauf hin, dass der Gesetzgeber in besonders sensiblen Bereichen den Verbotsmaßnahmen Grenzen setzt. Das gelte etwa für Versammlungen, Gottesdienste oder Besuche in Senioren- und Pflegeheimen. „Solche Maßnahmen dürfen nur ergriffen werden, wenn eine wirksame Eindämmung der Corona-Infektionen trotz aller anderen Schutzmaßnahmen erheblich gefährdet wäre“, sagte er. Weil eine Zunahme schwerer COVID-19-Fälle absehbar ist, ermöglicht das Gesetz Nüßlein zufolge den Krankenhäusern, Intensivbetten für sie freizuhalten. „Dafür stellen wir Ausgleichszahlungen sicher.“
Testkapazitäten werden ausgebaut
Nüßlein machte darauf aufmerksam, dass die Testkapazitäten ausgeweitet werden. In Zukunft dürfen auch veterinärmedizinisch-technische Assistenten Laboruntersuchungen vornehmen. Neben Humanmedizinern dürfen auch Zahnärzte und Tierärzte das Coronavirus nachweisen.
Die Notwendigkeit des Dritten Bevölkerungsschutzgesetzes betonte auch die gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion, Karin Maag. „Die Infektionszahlen sind zu hoch“, sagte sie. „Deshalb müssen weiterhin Maßnahmen getroffen werden, um die außerordentliche Belastung des Gesundheitssystems abzufedern, den Öffentlichen Gesundheitsdienst zu entlasten und vor allem die Infektionszahlen zu senken.“
Wie es weitergehen soll – ob Lockerungen möglich sind oder Bestimmungen verschärft werden müssen -, darüber beraten am 23. November die Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Brinkhaus mahnte verlässliche Perspektiven bis in den Januar hinein an. Die Bürger brauchten Planbarkeit, sagte er.
Impfpflicht wird es nicht geben
Inzwischen steigt die Hoffnung, dass in absehbarer Zeit ein Impfstoffkandidat in der Europäischen Union zugelassen wird. Brinkhaus forderte Bund und Länder daher auf, eine Impfstrategie zu entwickeln. Maag unterstrich, dass es eine Impfpflicht nicht geben wird. Das Gesetz schaffe aber die Grundlage dafür, dass sich diejenigen Bürgerinnen und Bürger impfen lassen können, die das möchten. „Ich sehe bereits heute eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen.“
Epidemische Lage von nationaler Tragweite besteht fort
Grundlage für die Anwendung des Infektionsschutzgesetzes ist die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite. Diese hatte der Bundestag am 25. März festgestellt. Angesichts der Tatsache, dass die Corona-Pandemie Deutschland weiter fest im Griff hat, bekräftigten die Koalitionsfraktionen ihre Einschätzung.
In ihrem Entschließungsantrag mit dem Titel „Feststellung des Fortbestandes der epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ heißt es: „Es handelt sich weltweit und in Deutschland um eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation.“ Angesichts der leichten Übertragbarkeit des Virus und der gesundheitlichen Gefahren, die von ihm ausgehen, aber auch angesichts noch fehlender Therapien und Impfstoffe müsse die Zahl der Erkrankten so gering wie möglich gehalten und weitere Ausbrüche verhindert werden. Belastungsspitzen im Gesundheitswesen gelte es zu vermeiden.