DDR-Volksaufstand: „Wir brauchen das Gedenken mehr denn je“
- Zeitzeugen berichten im Deutschen Bundestag
- Unionsfraktion fordert Stärkung der Kommunismus-Forschung
- Härtefall-Fond für Opfer der DDR-Geschichte
Feierliche Gedenkstunde im Deutschen Bundestag: Zum 70. Jahrestag des DDR-Volksaufstandes würdigten die Abgeordneten aller Fraktionen den 17. Juni 1953 als herausragendes Ereignis der deutschen Demokratiegeschichte. Sie gedachten der Opfer von Widerstand und Opposition. In Berichten von Zeitzeugen wurde beeindruckend geschildert, wie entschlossen und mit welcher bedingungslosen Sehnsucht nach Freiheit die Menschen damals handelten.
Wille zur Freiheit stärker ist als jede Diktatur
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier betonte in seiner Rede, „dass der Wille zur Freiheit stärker ist als jede Diktatur.“ Und spannte den Bogen zu den Bedrohungen der heutigen Zeit. „An diesem Jahrestag denken wir auch an die Ukrainerinnen und Ukrainer, die heute gegen Unfreiheit und Unterdrückung kämpfen.“
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion fordert für den 17. Juni 1953 einen dauerhaften Platz in der gesamtdeutschen Erinnerungskultur. Fraktionsvize Sepp Müller sagte: „Es ist erschreckend, wie der bedeutsame Tag immer mehr aus dem Bewusstsein der Menschen verschwindet. Wir brauchen Gedenken für den 17. Juni. Heute mehr denn je. Auch in Deutschland, auch in Europa.“
„Es ist erschreckend, wie der bedeutsame Tag immer mehr aus dem Bewusstsein der Menschen verschwindet“, sagt @mueller_sepp in der Debatte um den DDR-Volksaufstand vor 70 Jahren. "Wir brauchen Gedenken für den 17. Juni. Heute mehr denn je. Auch in Deutschland, auch in Europa.“ pic.twitter.com/qlwBMpqxeM
— CDU/CSU (@cducsubt) June 15, 2023
Die gescheiterte Freiheitsbewegung vor 70 Jahren hinterließ in der DDR-Bevölkerung tiefe Spuren der Angst und Hoffnungslosigkeit. „Die DDR war eine Diktatur, in der Menschenrechte willkürlich verletzt wurden“, heißt es in dem Antrag der Unionsfraktion. Der 17. Juni stehe aber für diejenigen, die sich mutig gegen das System stellten und Opfer der Diktatur wurden.
„Über eine Million Menschen gingen in über 700 Städten in der DDR auf die Straße“, betonte Philipp Amthor in der Bundestagsdebatte. „Natürlich aus sozialen Gründen. Aber sie forderten auch den Rücktritt der Regierung, freie Wahlen, die Wiedervereinigung unserer deutschen Nation. Die Antwort war mehr als 50 tote Demonstranten, durch diktatorisches Unrecht“, sagte der Fachsprecher für Staatsorganisation und Staatsmodernisierung.
Christiane Schenderlein fügte hinzu: „Mit unserem Antrag fordern wir die Bundesregierung auf, endlich das Mahnmal für Kommunismus und das Forum für Opposition und Widerstand zu realisieren. Diese Orte werden wichtige Orte des Gedenkens und der Wissensvermittlung sein.“ Die kulturpolitische Sprecherin nannte es unerlässlich, den im Koalitionsvertrag zugesagten, bundesweiten Härtefallfonds für Opfer der SED-Diktatur einzurichten. Eine weitere Forderung ist es, die Rekonstruktion vernichteter Stasiunterlagen fortzusetzen.
Kein Lehrstuhl zur DDR-Geschichte
Die wissenschaftliche Aufarbeitung des DDR-Volksaufstands kommt der Union ebenfalls zu kurz. Im Gegensatz zum Nationalsozialismus wird der Kommunismus nicht als eigenständiges Forschungsfeld wahrgenommen. Beispielsweise gibt es keinen einzigen Lehrstuhl zur DDR-Geschichte an einer deutschen Hochschule. So ist die Belter-Gruppe - ein Zusammenschluss von Studenten, die sich 1950 mutig gegen das System stellten - kaum ein Begriff in Deutschland. Das muss sich ändern, fordert die CDU/CSU-Fraktion in ihrem Antrag. Um die DDR-Geschichte in der Forschung zu verankern, brauche es Fördermittel und Projekte. Der CDU-Politiker Norbert Altenkamp betonte: „Es ist wichtig, Wissenslücken zu schließen und Ostalgie-Mythen aufzuklären.“