Bernhard Loos: "Die Menschen in unserem Land erwarten Hilfe und keinen populistischen Wettlauf"
Pandemiebedingte Wirtschaftshilfen für Unternehmen an ein Verbot betriebsbedingter Kündigungen koppeln
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dieser Krise wird von uns keine ideologische Diskussion über das Ende autonomer unternehmerischer Entscheidungen erwartet, wie dies Die Linke offenbar gerne hätte. Wir sollten auch nicht Selbstständige in ihrer sehr schwierigen Situation gegen Beschäftigte, die Kurzarbeitergeld beziehen, in Stellung bringen, wie dies die FDP leider in ihrem Antrag tut. Die Menschen in unserem Land erwarten Hilfe und keinen populistischen Wettlauf. Wenn Herr Lindner in der „Bild“-Zeitung am 24. Januar sagt: „Es handelt sich hier um Regierungsversagen – und das sogar mit einem gewissen Vorsatz“, dann sollte die FDP schon ein bisschen in sich gehen und sich fragen, ob das wirklich die richtige Tonlage ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Manfred Todtenhausen [FDP]: Ja, ist sie!)
Seit Beginn der Pandemie wurden Gelder in Höhe von mehr als 80 Milliarden Euro bewilligt und ausgezahlt: Kredite, Bürgschaften, Zuschüsse. Die November- und Dezemberhilfen kommen jetzt an. Die Überbrückungshilfe III stabilisiert die deutsche Wirtschaft. Seit 10. Februar sind 17 000 Anträge gestellt worden; fast 1 Milliarde Euro an Abschlägen sind ausgezahlt.
Die Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen gehen bis an die Schmerzgrenze der finanziellen Belastbarkeit unseres Landes und – ich sage dies als Unternehmer – ordnungspolitisch sogar darüber hinaus. Aber es muss sein. Das ist eine enorme Leistung, die ihresgleichen sucht. Und sie zeigt auch Wirkung: nur 5 Prozent Wachstumseinbruch in 2020, im vierten Quartal sogar ein Plus von 0,3 Prozent.
Zunächst galt es doch, rasch Hilfen auf breiter Basis zu gewähren, auch bei einem erhöhten Betrugsrisiko. Es gibt immerhin über 25 000 Verdachtsfälle bei den Soforthilfen. Dann galt es, zielgerichtet und nachprüfbar zu unterstützen. Dass sich die Überbrückungshilfen I, II und III sowie die November- und Dezemberhilfen unterscheiden, liegt doch an den Hinweisen aus Wirtschaft, Verbänden und von Sozialpartnern und nicht an der Regierung. Beispielsweise sind die November- und Dezemberhilfen wie die Überbrückungshilfe III auch für die Schau- und Weihnachtsaussteller eine große finanzielle Entlastung, die hilft.
Zu Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken. Klaus Ernst hat sich ja gerade beschwert, dass sie nicht so erwähnt wurde: In der Coronakrise ist der größte Schutz vor Arbeitslosigkeit die Kurzarbeit. Nicht staatliche Kündigungsverbote, sondern Entlastungen der Unternehmen halten die Beschäftigten im Arbeitsverhältnis.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es ist doch völliger Unsinn, zu sagen, dass es für Unternehmer lukrativer ist, Mitarbeiter zu entlassen, als diese in Kurzarbeit zu schicken. Nach der Krise kommt der Aufschwung sicherlich umso schneller, wenn man mit dem eigenen qualifizierten Personal die Produktion ganz schnell wieder hochfährt.
Ich halte es für richtig, dass in einer existenziellen wirtschaftlichen Krise der Staat privaten Unternehmen aktiv zur Seite steht. Ich halte aber gar nichts von einer Einschränkung der unternehmerischen Freiheiten, quasi einer Verstaatlichung durch die Hintertür. Auch in einer Krise müssen Unternehmensneuausrichtungen und Produktionsveränderungen mit Personalveränderungen möglich sein. Bei einem Kündigungsverbot würde doch nur eine Bugwelle künftiger Entlassungen entstehen, oder Unternehmen, die staatliche Hilfe bräuchten, würden zögern, diese Hilfe in Anspruch zu nehmen. Solche Unternehmen müssten dann erst recht Mitarbeiter in der aktuellen Krise entlassen. Daher nochmals ein klares Nein zu solchen Eingriffen. Wir wollen keine Planwirtschaft. Das mag der Traum der Linken sein. Es wäre sicherlich mein Albtraum.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, wir alle sehen natürlich die Probleme der Selbstständigen und der Soloselbstständigen, vor allem im Kulturbereich. Eines der Probleme ist die große Vielfalt der Selbstständigkeit und die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Fallgruppen. Mit der „Neustart“-Hilfe, die seit dem 16. Februar 2021 beantragt werden konnte, ist ein entscheidender Schritt getan. 42 000 Anträge und bereits 210 Millionen Euro Auszahlungen bis Anfang dieser Woche: ein erfolgreiches, aber auch ein dringend notwendiges Signal!
Wir reden von einer maximalen Betriebskostenpauschale in Höhe von 7 500 Euro. Für die Verwendung gibt es keine Vorgaben. Sie wird nicht auf die Grundsicherung angerechnet. Das sind bis Mitte 2021 pro Monat mehr als 1 200 Euro. Hinzu kommen Länderprogramme, auch ein Kulturfonds über 2,5 Milliarden Euro ist beschlossen. Zusätzlich werden für sechs Monate über die erweiterten Leistungen aus dem SGB II Miete und Heizkosten in unbegrenzter Höhe bezahlt.
Es ist natürlich eine hochemotionale Frage, SGB II zu beantragen. Aber ist es nicht eine ebenso hochemotionale Frage, sich einen staatlichen Unternehmerlohn zahlen zu lassen, wie das von Linken, aber jetzt auch, wie ich gehört habe, von der Kollegin Müller gefordert wurde? Was wäre denn da angemessen? Sind für jeden Soloselbstständigen 1 200 Euro angemessen – für freischaffende Opernsänger die gleiche Summe wie für Stadtführer oder kleine Minicafébetreiber, egal ob in München oder in Brandenburg an der Havel? Wir nähern uns da schon der Idee des bedingungslosen Grundeinkommens. Nein, das hat nach meinem Verständnis nichts mehr mit Selbstständigkeit zu tun. Ist das etwa die neue Richtung der FDP?
Noch eines zur FDP. Sie spielen in Ihrem Antrag die Selbstständigen gegen die Bezieher von Kurzarbeitergeld aus. Sie sprechen von ungerechtfertigter Ungleichbehandlung. Vergessen Sie bitte nicht, dass sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Sozialabgaben von ihrem Lohn leisten.
Nun noch ganz kurz zur AfD: Haben Sie sich denn eigentlich schon entschieden: Ist Corona jetzt eine leichte Grippe, oder ist es eher eine schwere Epidemie mit einem angeblichen Impfversagen der Bundesregierung? Ihre Fraktionsvorsitzende Alice Weidel diffamierte genau hier am 11. Februar 2021 die Bund-Länder-Gespräche als „Kungelrunde“, die im Hinterzimmer beschließe. Weiter heißt es wörtlich: „Was für eine peinliche Inszenierung“. Sie fordern jetzt die Bundesregierung auf, –
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Kommen Sie zum Schluss bitte.
Bernhard Loos (CDU/CSU):
– darauf hinzuwirken, dass die Bundesländer einheitlich handeln. Ja wie bitte jetzt? Doch Bund-Länder-Gespräche? Was für eine Inszenierung an AfD-Doppelmoral!
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.
Bernhard Loos (CDU/CSU):
Diese Bundesregierung handelt in der Krise. Sie von der Linken, der FDP und der AfD reden nur davon.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)