Leikert: "EU braucht modernen Haushalt"
Kurzinterview mit Katja Leikert zu den EU-Finanzen
Das Haushaltsbudget der Europäischen Union umfasst für die kommenden sieben Jahre mehr als 1000 Milliarden Euro. Die Mitgliedstaaten der EU stehen dazu in verhandlungen. Was dabei für Deutschland auf dem Spiel steht, erklärt Katja Leikert, stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion.
Frau Leikert, bei den Verhandlungen geht es um viel Geld – um eine Spanne von 1,0 bis 1,3 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) der 27 Mitgliedstaaten. Für welchen Finanzrahmen plädiert Deutschland?
Die Bundesregierung verhandelt auf Basis von 1,0 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) der 27 EU-Mitgliedstaaten. Bei den Verhandlungen um den EU-Haushalt geht es darum, ob die EU zukünftig mehr tun kann. Die Menschen erwarten viel, gerade bei Themen wie Sicherheit, Migration, Klimaschutz. Am Ende geht es um die Wettbewerbsfähigkeit in einer multipolaren Welt. Wir werben dafür, dass die Handlungsfähigkeit der EU gestärkt wird.
"EU braucht modernen Finanzrahmen"
Wir brauchen einen modernen Finanzrahmen, damit die EU ihre neuen und alten Aufgaben besser lösen kann. Wenn der Haushalt bei 1,0 Prozent des BNE bliebe, wären das für Deutschland bereits rund 10 Mrd. Euro mehr. Jedes 0,01 Prozent bedeuten jährlich ca. 400 Mio. Euro für Deutschland.
Mehr als 1000 Milliarden € umfasst der #MFR der EU. Der Ausstieg der Briten wird ein Loch hinterlassen. Umso wichtiger, dass wir das Geld sinnvoll einsetzen. Am Ende geht es um die Wettbewerbsfähigkeit in einer multipolaren Welt. Mein Gastbeitrag @welt. https://t.co/IWYT45iAi0
— Katja Leikert (@KLeikert) February 21, 2020
Nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU müssen die verbleibenden Mitgliedstaaten mehr Mittel aufbringen, wenn die Ausgaben nicht sinken sollen. Was kommt auf den Nettozahler Deutschland zu? Und wird Berlin weiter einen Rabatt auf seine Nettozahlungen erhalten?
Der britische Finanzbetrag fehlt zukünftig. Und wie Deutschland hat das Vereinigte Königreich mehr in den EU-Haushalt eingezahlt als es daraus erhalten hat. Die Finanzierungslücke von ca. 60 Mrd. Euro wird die unterschiedlichen Interessen zwischen Nettozahlern und -empfängern verstärken. Länder, die sich oftmals hinter dem integrationsskeptischen Großbritannien versteckt haben, müssen sich neu positionieren.
"Lasten fair verteilen"
Nicht akzeptabel im aktuellen Vorschlag des Ratspräsidenten ist, dass die durch den Brexit entstehende Lücke von wenigen Mitgliedstaaten, darunter vor allem uns, geschlossen werden soll. Gerade wegen dieser Mehrbelastung brauchen wir auch zukünftig Rabatte. Wir setzen uns für eine faire Lastenverteilung ein. Der Haushalt muss auch die europäische Solidarität widerspiegeln.
Welches sind die inhaltlichen Schwerpunkte? Soll das Geld weiterhin hauptsächlich für Landwirtschaft und Strukturhilfen ausgegeben werden oder gibt es neue Prioritäten?
Ursula von der Leyen hat es deutlich gesagt: Alle Politikbereiche müssen sich dem Ziel der Klimaneutralität verpflichten. Auch die Landwirtschaft, die zukünftig der größte Ausgabeposten bleiben wird. Daher ist es wichtig, innerhalb dieses Feldes zu modernisieren. Zukünftig sollen 40% der Ausgaben im Agrarsektor und 25 % der Gesamtausgaben dem Klimaschutz dienen. Auch Kohäsionspolitik bleibt wichtig. Gleichzeitig müssen wir mehr Mittel für Zukunftsthemen ausgeben: Forschung und Entwicklung, Digitalisierung, Infrastruktur und Bildung. Auch bei der Sicherheit darf nicht gespart werden. Gerade die vergangenen Jahre haben uns gezeigt, dass wir mehr für innere und äußere Sicherheit tun müssen.
"Die EU handlungsfähiger machen"
Wir müssen die EU, etwa beim Außengrenzschutz, handlungsfähiger machen. Dafür brauchen wir das nötige Geld. Laut dem Vorschlag des Ratspräsidenten sollen für das Grenzmanagement und die Grenz- und Küstenwache beispielsweise 38,7 Prozent weniger Finanzmittel fließen als zunächst von der Kommission vorgeschlagen. Damit wären die zusätzlichen 10.000 Frontex-Einsatzkräfte für den besseren Außengrenzschutz in Frage gestellt. Das wäre falsch. Wir sollten damit nicht bis zur nächsten Krise warten.
Das ist aber alles nicht neu. Alle sieben Jahre haben wir eine ähnliche Verhandlungssituation: Alle wollen mehr Geld, aber das Gesamtvolumen soll möglichst gleichbleiben. Seit 2013 hat sich die internationale Lage massiv verändert. Damit wir die Zukunftsaufgaben angehen können, brauchen wir Planungssicherheit. Und eine solche Sicherheit ist ein hohes Gut, wenn wir die europäische Souveränität stärken wollen.
Zum Thema EU-Haushaltsbudget auch ein Gastbeitrag von Katja Leikert in der Welt