Brinkhaus: "Schneller und agiler werden"
Interview mit der Rheinischen Post – Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus spricht sich für eine grundlegende Modernisierung von Staat und Verwaltung aus.
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus hat im Gespräch mit der Rheinischen Post klarere Verantwortlichkeiten für die verschiedenen staatlichen Ebenen gefordert. Als Beispiel nannte er die Zuständigkeit für Kindertagesstätten:
„Für die Kitas sind eigentlich Landkreise oder Kommunen zuständig. Die Finanzierung läuft aber in Teilen über das Land. Häufig kommt eine kirchliche, soziale oder private Trägerschaft dazu, der Bund schießt Investitions- und Sprachförderkosten zu.“ An einer einzelnen Kita seien alle föderalen Ebenen beteiligt und im Zweifel könne jeder die Verantwortung für Missstände auf den anderen schieben, so Brinkhaus. Am Ende sei keiner richtig verantwortlich, wenn viele Verantwortung tragen, kritisierte er. „Das haben wir auch in der Pandemie an zu vielen Stellen gesehen. Das können wir uns nicht mehr leisten.“
Lange Entscheidungswege abbauen
Brinkhaus sprach sich auch dafür aus, Mitarbeitern in Behörden mehr Entscheidungsspielräume zu geben und zu überprüfen, wie Hierarchien und lange Entscheidungswege abgebaut werden könnten. „Wir brauchen mehr Leistungsanreize für Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung, gute Leistung muss besser belohnt werden“, betonte er. Brinkhaus plädierte für einen stärkeren Austausch zwischen Wirtschaft und Verwaltung. Außerdem müssten Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. „Es kann doch nicht sein, dass man in Deutschland Jahrzehnte braucht, um eine neue Eisenbahnstrecke zu bauen“.
Digitalisierung zur Chefsache machen
Als ein zentrales Werkzeug für Veränderungen nannte der Fraktionschef die Digitalisierung: „Ich bin überzeugt: Wenn wir die Verwaltung grundlegend digitalisieren, können wir in vielen Bereichen viel schneller und agiler werden.“ Die Digitalisierung müsse in jedem Bundesressort zur Chefsache gemacht werden, „egal ob es um die innere Sicherheit oder die Arbeitsverwaltung geht“.
Notstandsgesetzgebung reformieren
Reformieren will der Chef der Unionsfraktion auch den Bevölkerungsschutz: „Unsere Notstandsgesetzgebung ist im Wesentlichen auf den Verteidigungsfall ausgerichtet. Die nächste Katastrophe wird aller Voraussicht nach aber kein Verteidigungsfall sein. In solchen Fällen muss der Hebel umgelegt werden können und zentrale Anweisungen gelten können.“ In den letzten 75 Jahren habe Deutschland viel Glück gehabt habt. Aber Katastrophen könnten häufiger werden, „ob das nun Pandemien oder Klimafolgenereignisse sind“. Brinkhaus nannte als aktuelles Beispiel einen Cyberangriffe auf kritische Infrastrukturen „wie etwa vor wenigen Tagen an der Ostküste der USA auf die Colonial-Ölpipeline“, wo es zu Versorgungsengpässen an Tankstellen gekommen ist.
Zivile Reserve für den Katastrophenfall
Um Deutschland besser gegen Katastrophen zu wappnen schlug Ralph Brinkhaus die Schaffung einer zivilen Reserve vor: “Es gibt viele Menschen, die, weil wir ein wunderbares Land sind, im Katastrophenfall helfen wollen. Viele engagieren sich bereits in festen Strukturen, andere wollen sich aber nicht über Jahre hinweg bei der Feuerwehr oder beim THW binden, sondern zeitlich begrenzt ihre Hilfe anbieten.“ Er sei deshalb fest überzeugt davon, dass viele Menschen ihre Unterstützung zum Beispiel für vier oder sechs Wochen im Gesundheitsamt angeboten hätten, wenn Deutschland schon in der Pandemie über eine zivile Reserve verfügt hätte. „Diese Bereitschaft sollten wir künftig unbedingt nutzen“, so Brinkhaus.
Interview mit Ralph Brinkhaus. Am 15.05.2021 in der Rheinischen Post erschienen. Hier lesen.