Jahressteuergesetz 2024 beraten
Vermeintliche Begünstigungen ungeeignet
Heute hat der Finanzausschuss des Bundestags die Ergebnisse der Anhörung zum Jahressteuergesetz 2024 beraten. Dazu erklären unsere finanzpolitische Sprecherin Antje Tillmann und der Berichterstatter Fritz Güntzler:
Antje Tillmann: „Das Jahressteuergesetz 2024 enthält neben vielen technischen Änderungen vermeintlich begünstigende, aber ungeeignete Maßnahmen wie die so genannte Neue Wohngemeinnützigkeit oder das Mobilitätsbudget.
Das Ziel ist richtig, mehr Wohnraum für insbesondere einkommensschwache Mieterinnen und Mieter zu schaffen. Dies wird jedoch mit der Neuen Wohngemeinnützigkeit nicht gelingen. Die Ampel konnte uns nicht erklären, wie sich künftig gemeinnützige Gesellschaften finanzieren sollen. Sie müssten zumindest kostendeckend vermieten, niedrigere Mieten führen indes zu Verlusten. Ohne Gewinne bedarf es aber auch keiner Steuerfreiheit durch Gemeinnützigkeit. Deshalb zeigt auch laut Sachverständigen kein Unternehmen Interesse an dieser Maßnahme.
Zeitgleich werden soziale Vermieterinnen und Vermieter mit dem geltenden § 21 Absatz 2 Satz 2 EStG gezwungen, Wohnraum zu mindestens 66 % der ortsüblichen Miete zu vermieten, um ihre Kosten steuerlich vollständig berücksichtigen zu können. Diese Regelung zwingt Vermieterinnen und Vermieter oft, die Miete mit jedem neuen Mietspiegel zu erhöhen.
Die Einführung des Mobilitätsbudgets für private Fahrten halten wir für falsch. Künftig sollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von ihren Arbeitgebern bis zu 2.400 Euro im Jahr steuer- und beitragsfrei für die Nutzung von privaten Bike- oder Car-Sharing-Angeboten gezahlt bekommen können. Arbeitgeber müssen diesen Betrag pauschal mit 25 Prozent besteuern.
Die Pauschalversteuerung des Mobilitätsbudgets führt zu erheblichen Ausfällen in den Sozialversicherungen. Daneben lohnt sich die Pauschalversteuerung i.H.v. 25 Prozent nur für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit höherem Individualsteuersatz. Im Übrigen werden die Arbeitgeber es der Ampel danken, dass sie künftig 1.200 Rollerbelege zu je zwei Euro von Arbeitnehmern erhalten und pauschal versteuern dürfen.
Schließlich benachteiligt das Mobilitätsbudget insb. den ländlichen Raum, in dem eRoller- und Carsharing-Angebote nur punktuell ausgebaut sind.
Fritz Güntzler: Auch in der Umsatzsteuer haben die Beratungen zum Jahressteuergesetz bisher vor allem zu Verunsicherung geführt. Im Regierungsentwurf wollte die Ampel die Vermietung von Sportanlagen umsatzsteuerfrei stellen. Dies hätte zu erheblichen Finanzierungsproblemen der Sportanlagen von Kommunen und Vereinen geführt. Zwar begrüßen wir, dass die Umsatzsteuerbefreiung nun gestrichen wird. Dennoch ist es widersprüchlich, dass die Bundesregierung zunächst behauptete, dass damit zwingende EU-Vorgaben umgesetzt werden.
Wegen der vorgeschlagenen Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen sind Musik-, Schwimm- und Volkshochschulen weiterhin enorm verunsichert, ob künftig z.B. der Geigenunterricht für Kinder weiterhin umsatzsteuerfrei bleibt oder künftig 19 % teurer wird.
Den Gipfel parlamentarischer Missachtung hat die Ampel aber damit erreicht, dass sie künftig Anpassungen des pauschalen Umsatzsteuersatzes für kleine und mittlere Bauernhöfe behördlich festsetzen möchte. Für die Festsetzung von Steuersätzen ist aber ausschließlich das Parlament verantwortlich. Die Ampel muss sich hier auch unliebsamen Debatten stellen, statt sie dem Parlament vorzuenthalten.