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(Quelle: Tobias Koch)

Bürgerlotterie ersetzt die Volkssouveränität nicht durch Los-Souveränität

Bemühungen um mehr Bürgerbeteiligung dürfen nicht zu einer Erosion der repräsentativen Demokratie führen

Am morgigen Freitag wird Bundestagspräsidentin Bärbel Bas in einer sogenannten „Bürgerlotterie“ die Teilnehmer des ersten Bürgerrates des Deutschen Bundestages (Thema: „Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben“) ziehen. Dazu erklärt Philipp Amthor als Fachsprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Staatsorganisation und Staatsmodernisierung und als Vertreter seiner Fraktion in der interfraktionellen „Berichterstattergruppe Bürgerrat“: 

„Unser ‚Bürgerrat‘ ist zuallererst der Deutsche Bundestag. Seit Jahren steht unser Parlament unter dem immer stärkeren Druck einer Entparlamentarisierung – etwa durch Beratungsverlagerungen in Koalitions- und sogenannte Expertengremien, durch einen asymmetrischen Personalaufwuchs der Exekutive oder durch immer stärkere internationale Überformungen. Legitime Bemühungen um mehr Bürgerbeteiligung dürfen angesichts dessen nicht zu einer fortschreitenden Erosion des Konzepts der repräsentativen Demokratie führen. Dem Bundestag ist nicht mit Diskussionen um Nebengremien für eine vermeintlich bessere Willensbildung geholfen.

Während die Bundestagspräsidentin als ‚Glücksfee‘ in einer ‚Bürgerlotterie‘ zur Bestimmung der Zusammensetzung des Bürgerrates reüssieren will, erwarten wir von den führenden Repräsentanten unseres Parlaments eher eine Fokussierung auf die Stärkung der repräsentativen Demokratie. Diese ist vom konsequenten Gedanken übertragener Legitimation aus der Volkssouveränität getragen – und nicht vom Gedanken einer ‚Los-Souveränität‘. An diesem klaren Grundverständnis darf die Ampel keinerlei Zweifel aufkommen lassen.

Obwohl meine CDU/CSU-Bundestagsfraktion die Einsetzung des aktuellen Bürgerrats zum Thema ‚Ernährung im Wandel‘ abgelehnt hat, werden wir seine Arbeit konstruktiv begleiten. Dabei gilt unser besonderer Dank den ausgelosten Bürgern, die sich an der Arbeit des Bürgerrates beteiligen werden. Wir sind gespannt, wie sich die Gruppe – trotz oder gerade wegen der vorgeschriebenen ‚Vegetarier- und Veganer-Höchstquote‘ – im Spannungsfeld zwischen grüner Ideologie und Lebensrealität positionieren wird.

Für die Zukunft halten wir an unserer grundsätzlichen Bereitschaft zu einer interfraktionellen Einsetzung eines Bürgerrates fest. Wir haben aber konkrete Erwartungen an konstruktive Beratungen über die Themenauswahl und über den formalen Rahmen künftiger Bürgerräte. Dabei haben die Grundrechte der Bürger auf eine gleichheitsrechtlich einwandfreie Beteiligtenauswahl und vor allem die Wahrung der Abgeordneten- und Minderheitenrechte für uns einen hohen Stellenwert. Diese grundlegenden Fragen müssen eingehend erörtert werden, ehe nach mancher Ampel-Vorstellung im Schweinsgalopp ein zweiter Bürgerrat beschlossen werden soll, während der erste Bürgerrat seine Arbeit noch nicht einmal beendet hat.“