Skip to main content
NATO Hauptquartier in Brüssel
(Quelle: Picture alliance/AA)

„Die Sicherheitslage hat sich fundamental verändert“

  • Norbert Röttgen zur Enquete „Frieden und Sicherheit in Europa“
  • CDU/CSU arbeitet an Antworten auf neue Bedrohungen
  • Außenpolitik zukunftsfest machen
     

Die Enquete-Kommission der CDU/CSU-Bundestagsfraktion „Frieden und Sicherheit in Europa“ unter der Leitung von Norbert Röttgen hat Ende Juni ihre Arbeit aufgenommen. Sie wird sich ein Jahr lang systematisch mit der Frage beschäftigen, wie der alte Kontinent mit den neuen Bedrohungen von Seiten Russlands, Chinas, Nordkoreas und Irans umgehen sollte. Lesen Sie dazu ein Interview mit Norbert Röttgen.

Herr Röttgen, zunächst ganz allgemein die Frage: was kann eine Enquete-Kommission überhaupt bewirken?

Röttgen: Ich hoffe, sehr viel. Denn wir haben die Enquete ja nicht zum Zeitvertreib, sondern aus einer eindeutigen Notwendigkeit heraus ins Leben gerufen: Das Sicherheitsumfeld Deutschlands hat sich fundamental verändert. Wir müssen uns systematisch mit der neuen Bedrohungslage auseinandersetzen und als Politik Antworten formulieren mit Blick auf das, was uns potenziell erwartet. Das Ziel der CDU/CSU ist ganz klar: Wir wollen unsere Außen- und Sicherheitspolitik zukunftsfest machen. Dafür müssen wir vom Reagieren endlich zum aktiven Gestalten kommen. Daran arbeiten wir, und zwar zusammen mit einigen der besten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Deutschlands.

 

„Wir arbeiten nicht im Geheimen. Jeder ist willkommen.“

 

Es ist ungewöhnlich, dass eine einzelne Fraktion eine Enquete einsetzt. Hätten Sie sich – angesichts der Tragweite des Themas – eine Kommission des gesamten Bundestages gewünscht?

Röttgen: Wir glauben, dass uns dafür die Zeit fehlt. Denn der Zeitplan dieser Enquete umfasst ja nicht mehrere Jahre, wie das sonst üblich ist, sondern zwölf Monate. Aber weil das Thema eine solche Tragweite hat und die gesamte Gesellschaft betrifft, arbeiten wir nicht im Geheimen. Jeder ist willkommen, an unseren öffentlichen Sitzungen zu partizipieren, und die Ergebnisse unserer Arbeit werden selbstverständlich der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.

 

„Der Westen ist massiv herausgefordert.“

 

Russland, China, Iran, Nordkorea – wo liegt für Sie die größte Bedrohung? Oder muss man alles im Zusammenhang sehen?

Röttgen: Jedes Land für sich ist eine Bedrohung und gleichzeitig muss man die Verbindungen zwischen ihnen sehen. Russland erhält für seinen Krieg in Europa Drohnen vom Mullah-Regime und Waffen aus Nordkorea. China unterstützt Russland politisch und mit Technologie-Exporten. Nordkorea könnte ohne China gar nicht existieren und China bezieht billiges Öl aus dem Iran, um den eigenen Energiehunger zu stillen. Die Achse bestehend aus China, Russland, dem Mullah-Regime in Teheran und Nordkorea hat gemein, dass sie alle die existierende, regel-basierte Ordnung ablehnen und durch ein System der Macht des Stärkeren ersetzen wollen. Dem gegenüber steht ein Westen, der gesellschaftlich und politisch massiv herausgefordert ist und mit einer möglichen Wiederwahl Donald Trumps zum US-Präsidenten in seinen institutionellen Grundfesten, wie der NATO, erschüttert werden könnte. Wie verhalten wir uns dann als Deutsche? Sind wir bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen? Und welche Instrumente brauchen wir dafür? Mit diesen Fragen werden wir uns beschäftigen.

Sie haben ungefähr ein Jahr Zeit, einen Abschlussbericht vorzulegen. Reicht das aus für die Fülle der sicherheitspolitischen Herausforderungen?

Röttgen: Das ist ambitioniert. Aber wir sind bereit, diese Herausforderung anzugehen, und haben dabei ja auch tatkräftige Unterstützung von außen.