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Nahaufnahme eines Wolfes von vorne
(Quelle: Rain Carnation auf Pixabay)

Wölfe auf dem Vormarsch

CDU/CSU-Fraktion will Bestände regulieren – Weidetiere und Menschen schützen

Es ist leider kein Märchen: Wölfe breiten sich in Europa rasant aus, und sie sind mitnichten harmlos. Wölfe reißen nicht nur Wildtiere, sie töten oder verletzen auch Nutztiere wie Schafe, Rinder, Pferde und Ziegen. Sie verlieren ihre Scheu vor Menschen. Daher mehren sich die Rufe, den Schutz des Wolfes einzuschränken. Während die grüne Umweltministerin sich windet, tritt die CDU/CSU-Fraktion für eine Bejagung des Wolfes ein – und zwar aus Gründen des Tierschutzes. 

 

150 Jahre lang galt der Wolf in Deutschland als ausgerottet. Inzwischen streunen nach Schätzungen des Bauernverbandes zwischen 1.500 und 2.700 Wölfe durch Deutschland. Nach Auskunft der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf lebt der Großteil der Wölfe in Brandenburg, gefolgt von Niedersachsen und Sachsen. Aber auch in den meisten anderen Bundesländern wurden Wolfsterritorien nachgewiesen.  

Das Problem: Wölfe haben keine natürlichen Feinde. Und sie stehen unter Naturschutz – zum einen unter dem Schutz der Berner Konvention, einer Vereinbarung aller europäischen Länder aus dem Jahre 1979, zum anderen unter dem Schutz der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU. Diese stellt – wie auch das Bundesnaturschutzgesetz – den Wolf unter einen besonders hohen Schutz.

Doch nun müssen andere Tiere vor dem Wolf geschützt werden. Wölfe bedrohen die berufliche Existenz vieler Weidetierhalter und Bauern, weil sie das Vieh reißen. „Wölfe fressen kein Gras“, prangert die Interessengemeinschaft Weidetierhalter Deutschland auf ihrer Website an. Von der Politik fühlen sie sich im Stich gelassen. Ausgleichszahlungen federn die finanziellen Einbußen der Weidetierhalter kaum ab.

Die Zahl der Wolfsübergriffe erhöhte sich 2023 deutlich. Mehr als 4.000 Nutztiere wurden getötet oder schwer verletzt. Gegen die Übergriffe helfen Weidezäune nur wenig, denn Wölfe überwinden Barrieren von zwei Metern Höhe oft mühelos, und sie sind lernfähig. Ein „Abschotten“ mit immer höheren Zäunen ist laut Bauernverband nicht zielführend. Gleichzeitig zerteilen die Schutzzäune unsere Kulturlandschaften. Und: Schafe, die auf Almen und Deichen grasen, sind den Wölfen oft schutzlos ausgeliefert. Denn beide können nicht in vollem Umfang eingezäunt werden. 

Schafsherde (Quelle: Willfried Wende auf Pixabay)

Der Handlungsdruck ist groß. Die Unionsfraktion fordert in ihren Anträgen für den Bundestag aus den Jahren 2022 und 2023 ein „aktives Bestandsmanagement“. Das bedeutet eine Begrenzung der absoluten Zahl der Wölfe. Denn vom Aussterben bedroht ist ihre Art nicht mehr. Im Gegenteil: Die Vermehrungsquote liegt bei 30 Prozent. Experten sprechen längst von einem „günstigen Erhaltungszustand des Wolfes“.

Die umweltpolitische Sprecherin der Fraktion, Anja Weisgerber, fordert von Bundesumweltministerin Steffi Lemke daher, „mit der romantischen Verklärung des Wolfes endlich aufzuhören“. Von der Bundesregierung erwartet die CDU/CSU-Fraktion, dass sie rechtliche Möglichkeiten ausschöpft, die schon jetzt eine Aufweichung der Schutzregelungen erlauben. Umweltministerin Steffi Lemke müsse sich endlich der Realität stellen, mahnt Weisgerber. „Die leichtere Bejagung von Problemwölfen reicht nicht.“ Es brauche eine „schadensunabhängige Bejagung“, um die Bestände zu dezimieren. 

Auch der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Steffen Bilger vermisst bei der Koalition den Präventionsgedanken. „Ohne ein Bestandsmanagement, das ansetzt, bevor Wolfsübergriffe überhaupt erst passieren, wird sich die Situation der Weidetierhalter weiter verschlechtern." Für ein Bestandsmanagement spricht sich auch der CDU-Agrarpolitiker und Berichterstatter für das Thema, Hans-Jürgen Thies, aus. Denn: „Es gibt keine friedliche Koexistenz zwischen Weidetierhaltung und Wölfen.“ 

Wölfe sind nicht mehr vom Aussterben bedroht

Die EU-Kommission hat die Gefahr erkannt und will die Schutzregeln lockern: von „streng geschützt“ auf „geschützt“. Damit könnte die Zahl der Wölfe einfacher begrenzt werden, solange ihr Bestand als Population nicht gefährdet ist. Das sei „ein erster wichtiger Schritt hin zu einer Kontrolle der Wolfsbestände in Europa“, sagt Weisgerber. Die CDU/CSU-Fraktion will aber dem Antrag zufolge mehr, nämlich „den Wolf als jagdbares Wild“ in das Jagdgesetz aufnehmen – im Rahmen eines aktiven Bestandsmanagements. 

Der CDU-Politiker Henning Otte, Fachsprecher der Fraktion für den ländlichen Raum, fordert die EU-Kommission auf, den Druck auf Deutschland zu erhöhen, damit die Regierung endlich handelt. So könne die Bundesregierung für die Wolfspopulation in Niedersachsen und dem westlichen Schleswig-Holstein sofort den günstigen Erhaltungszustand nach Brüssel melden. „Das geben die aktuellen Zahlen eindeutig her“, sagt Otte. Damit könnte die Ampel unter Beweis stellen, dass sie ihre Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag, nämlich dem eines "regional differenzierten Bestandsmanagements", ernst meine.

Die Umweltminister von Bund und Ländern bleiben hinter den Forderungen der Union zurück. Im Dezember verständigten sie sich darauf, dass „Problemwölfe“, die Schutzzäune überwunden und Tiere gerissen haben, künftig schneller als bisher getötet werden können. Konkret heißt das: Bis zu 21 Tagen nach einem Riss kann auf Wölfe geschossen werden, die sich im Umkreis von einem Kilometer um den „Tatort“ herum aufhalten. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung ist eine DNA-Analyse des Wolfes für die Abschussgenehmigung nicht mehr vonnöten. 

Thies hält den Vorschlag für Stückwerk und weit entfernt von der Lösung des Problems. Beispielsweise werde nicht in Betracht gezogen, dass der Weidetierhalter nach dem Übergriff mit seiner Herde weiterziehe. Werde am neuen Standort wieder ein Tier gerissen, beginne das Procedere von Neuem. 

Außerdem macht Thies auf eine bislang wenig beachtete Gefahr aufmerksam: Auch ein Zaun schützt nicht davor, dass Rinderherden oder Pferde in Panik geraten, wenn Wölfe um ihre Weide herumstreichen. Kein Zaun hält der Wucht einer Herde stand, wenn Schwergewichte wie Rinder in Panik versetzt werden und ausbrechen. Geschieht das in der Nähe von Bahntrassen oder Autobahnen, ist eine Gefährdung des Bahn- und Straßenverkehrs nicht mehr auszuschließen – womit auch Menschen bedroht sind.
 

Aus: Printausgabe Fraktion Direkt | März 2024

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