Müll vermeiden – Sekundärrohstoffe nutzen
- Anja Weisgerber über die Vorteile der Kreislaufwirtschaft
- Produkte müssen langlebiger werden
- Rechtliche Hürden abbauen
Die Rohstoffe dieser Erde sind endlich. Immer spürbarer wird der Mangel, immer mehr steigen die Preise. Auf der anderen Seite wachsen die Müllberge. Ein Land wie Deutschland, das auf Rohstoffimporte angewiesen ist, tut gut daran, seine Ressourcen zu schonen und die Kreislaufwirtschaft voranzutreiben. Dazu die umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Anja Weisgerber, im Kurzinterview.
Frau Weisgerber, wie lässt sich Müll im großen Stil vermeiden?
Weisgerber: Ein wichtiger Ansatz ist die Produktpolitik. Mit der Gestaltung von Produkten – etwa ihrer Materialbeschaffenheit, ihrer Reparaturfreundlichkeit, ihrer Lebensdauer – und gegebenenfalls auch ihrem Verbot entscheiden wir über das Abfallaufkommen. Dinge nicht gleich nach dem ersten Gebrauch wegzuschmeißen, sondern möglichst oft zu nutzen oder an andere weiterzuverkaufen, hilft ebenfalls, Abfall im Alltag zu vermeiden.
Die Konsumenten sollten auch wissen, welche ökologischen Eigenschaften ein Produkt aufweist. Dabei können digitale Produktpässe helfen. Sie können nachhaltige Kaufentscheidungen von Verbraucherinnen und Verbraucher fördern.
Wie können wir Anreize schaffen für mehr Recycling in der Industrie?
Weisgerber: Wenn sich ein Unternehmen für ein gut recyclebares Verpackungsdesign entscheidet, dann hat es schon heute niedrigere Kosten bei der Entsorgung über das Duale System. Wir benötigen allerdings noch weitere Anreize, um mehr Rezyklate in den Markt zu bringen.
Hierzu sollten wir aus meiner Sicht bei den Branchen beginnen, in denen Rezyklate leichter eingesetzt werden können – beispielsweise in Rohren für den Tiefbau. Auch im Abbau von rechtlichen Hemmnissen sehe ich enormes Potential für die Zukunft. Wenn beispielsweise das Lebensmittel- oder das Chemikalienrecht den Einsatz von Rezyklaten erschwert, müssen wir das ganz pragmatisch ändern. Am Ende muss allen Belangen Rechnung getragen werden.
Höhere Recyclingquoten führen auch zu mehr Anreizen, Sekundärrohstoffe – also Rohstoffe aus recyceltem Material – zu nutzen. Allerdings müssen diese hierfür in ausreichender Menge verfügbar sein. Und sie müssen qualitativ hochwertig sein. Sonst können die gesetzlich vorgegebenen Quoten nicht erfüllt werden.
Und last but not least bietet die öffentliche Beschaffung einen enormen Hebel. Wenn in Ausschreibungen Primärrohstoffe nicht mehr Sekundärrohstoffen vorgezogen werden, kommen wir einen großen Schritt weiter.
„Wir brauchen einen europäischen Handlungsrahmen“
Was nutzt es, wenn Deutschland voranschreitet, aber Europa nicht mitzieht?
Weisgerber: Unterschiedliche Geschwindigkeiten hat und wird es in Europa immer geben. Deutschland hat im Bereich der Kreislaufwirtschaft enormes Know-how und kann durch den Export der entsprechenden Technologien einerseits den europäischen Partnern Hilfestellung geben und andererseits ökonomisch davon profitieren. Ein grundlegender europäischer Handlungsrahmen ist aber wichtig. Es darf in Europa z.B. keine Billigentsorgung von Abfällen geben. Deshalb muss sich die Bundesregierung unbedingt für ein europäisches Deponieverbot einsetzen.