Dr. Carsten Brodesser: "Mit der Verordnung wird eine zivilrechtliche Haftung der Dienstleister eingebaut"
Schwarmfinanzierung-Begleitgesetz
Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank erst mal für den tosenden Applaus am Freitagnachmittag – sicherlich nicht für mich, sondern als Vorschusslorbeeren für den vorliegenden Gesetzentwurf. Wir werden im Laufe der parlamentarischen Beratung feststellen, ob die Vorschusslorbeeren auch gerechtfertigt sind.
Wir beraten in erster Lesung den Entwurf eines Schwarmfinanzierung-Begleitgesetzes. Wie der Name vermuten lässt, geht es um Schwarmfinanzierung. Der Entwurf umfasst aber auch einen ganzen Schwarm diverser EU-Rechtsakte aus verschiedenen Bereichen zur nationalen Umsetzung und weitere wichtige Regelungen. Alle geplanten gesetzlichen Regelungen haben aber eins gemeinsam: Sie machen die Finanzplätze in Deutschland und in ganz Europa leistungsfähiger und sicherer für den Verbraucher. Gerade in Bezug auf die steigende Zahl von Start-up-Unternehmen, die sich oftmals durch sogenannte Schwarmfinanzierungen auf den Weg machen, ist eine europaweit einheitliche Regelung elementar wichtig.
Kernbereich der EU-Verordnung sind Crowdinvesting-Dienstleistungen, die sich mit der Vermittlung und dem individuellen Portfoliomanagement von Krediten sowie der Anlagevermittlung und der Platzierung von übertragbaren Wertpapieren befassen. Mit der Verordnung wird vor allem im Bereich des Wertpapierhandelsgesetzes eine zivilrechtliche Haftung der Dienstleister eingebaut, wenn sie gegenüber ihren Kunden irreführende oder sogar unrichtige Informationen abgegeben haben; darauf hat die Parlamentarische Staatssekretärin bereits verwiesen.
Wir dürfen aber nicht verkennen, dass viele dieser jungen Unternehmen nicht nur auf deutschen, sondern auch auf europäischen Finanzierungsplattformen unterwegs sind, um sich Kapital zu besorgen. Neben ihrem Herzblut stecken sie meist auch schon mit ihren Ersparnissen in diesen Projekten, sodass wir aufpassen müssen, nicht durch eventuelles Gold-Plating den Haftungsbogen zu überspannen. Ansonsten würden uns in Deutschland nämlich viele innovative Ideen und Unternehmen durchs Netz gehen.
Wir regeln in dem Begleitgesetz aber auch die nationale Umsetzung der Verordnung beim Paneuropäischen Privaten Pensionsprodukt, kurz PEPP. In der Verordnung soll die zuständige Aufsichtsbehörde – bei uns ist das die BaFin – in ihrer Schlagkraft gestärkt werden. Sie umfasst die Regelung verwaltungsrechtlicher Sanktionen und anderer Maßnahmen bei Verstößen gegen die PEPP-Verordnung.
Was finden wir denn noch in diesem Schwarmfinanzierungsnetz? Da wäre unter anderem noch die Umsetzung der Verordnung zur Einführung von Sondervorschriften für die Sanierung und Abwicklung von zentralen Gegenparteien. Ferner finden wir Anpassungen im Wertpapierübernahmegesetz sowie Änderungen zum Börsengesetz und anderer damit verbundener europarechtlicher Finanzmarktvorschriften.
Der Gesetzentwurf zeigt aber auch, wie zeitnah wir als Gesetzgeber auf Krisen reagieren können, indem er die Stärkung der Factoring- oder Leasingaufsicht als Reaktion auf Aufsichtsdefizite vorsieht, die sich für uns aus der AvP-Insolvenz ergeben haben; darauf wird der Kollege Brehm später noch eingehen. Dadurch sollen Schadensfälle und Schräglagen frühzeitiger identifiziert werden können.
Einen wichtigen Beifang, wenn ich mal in diesem Bild bleiben darf, den wir ebenfalls mit dem Schwarmfinanzierung-Begleitgesetz abfischen wollen, ist die Regelung der Provisionen bei Restschuldversicherungen. Restschuldversicherungen sichern die Ratenzahlungen bei Verbraucherdarlehen im Falle des Todes, der Arbeitsunfähigkeit oder der Arbeitslosigkeit des Darlehensnehmers ab. Verbraucherschützer beklagen aber schon seit Jahren zu Recht überhöhte Provisionen in den Beiträgen zur Restschuldversicherung.
Die BaFin hatte selbst in zwei Marktuntersuchungen festgestellt, dass einzelne Anbieter Abschlussprovisionen von weit über 50 Prozent, in der Spitze sogar 79 Prozent, aufweisen. In vielen Fällen standen Vermittlungsleistung und Vergütung in keinem realistischen Verhältnis, und am Ende musste der Verbraucher die Zeche zahlen.
Wir hätten uns diesen ordnungspolitisch sicherlich diskutablen Eingriff in die freie Preisbildung gerne erspart. Wir hätten es auch als besser empfunden, wenn die Anbieter auf die Marktuntersuchungen reagiert und im Rahmen einer Selbstverpflichtung angemessene Abschlusskosten kalkuliert hätten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ferner hätten wir es als angebracht angesehen, wenn die BaFin im Rahmen ihrer Möglichkeiten gemäß § 48a VAG eingegriffen und die schwarzen Schafe oder, um wieder in dem Bild zu bleiben, die faulen Fische aus dem Markt bzw. dem Netz genommen hätten. Da aber weder das eine noch das andere passiert ist, haben wir als Union im Sinne der Verbraucher eine gesetzliche Regelung angemahnt, die nun Teil dieser Beratung ist.
Wir konnten in der Koalition eine grundsätzlich konsensfähige Regelung finden, die sicher noch nicht jeden glücklich macht, aber einen gangbaren Weg aufzeigt. Hier haben wir, um in der Bildsprache zu bleiben, das Netz engmaschiger geknüpft und einen Provisionsdeckel für den Abschluss von Restschuldversicherungen vorgenommen. Dabei darf die zu beschließende Regelung jedoch nicht dazu führen, dass entsprechende Versicherungen zukünftig nicht mehr angeboten werden oder der Versicherungsschutz ausgehöhlt wird.
Schließlich gibt es im vorliegenden Gesetzesschwarm noch eine Regelung, welche die Pensionskassen, also die betriebliche Altersvorsorge, betrifft. Dort werden ganz wichtige und richtige Vorschläge unterbreitet, um die sicherlich schwierige Situation der Pensionskassen etwas zu erleichtern.
Meine Damen und Herren, ich freue mich daher auf die weiteren Beratungen dieses Gesetzesnetzes. Über die Größe der Maschen und den unerwünschten Beifang müssen wir allerdings noch reden. Lassen Sie uns im parlamentarischen Verfahren etwas Vernünftiges daraus machen!
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und frohe Feiertage schon an dieser Stelle. Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)