Wirecard: Aufklärungsoffensive des Bundesfinanzministeriums erwartet
Hauer, Michelbach und Güntzler ziehen Zwischenbilanz im Untersuchungsausschuss
Nach einem halben Jahr intensiver Arbeit ist der Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Skandal auf der Zielgeraden. Der Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Ausschuss, Matthias Hauer, der stellvertretende Ausschussvorsitzende Hans Michelbach und Ausschussmitglied Fritz Güntzler zogen aus diesem Anlass ein Zwischenfazit.
Liste an Versäumnissen
In der Bundespressekonferenz listeten Hauer, Michelbach und Güntzler die Versäumnisse im größten Finanzskandal der Bundesrepublik auf. So habe die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) den Wirecard-Konzern nur ungenügend beaufsichtigt, die Bilanzkontrolle habe keinen Betrug aufdecken können, und eine Geldwäscheaufsicht sei von niemandem ausgeübt worden, kritisierte der CDU-Experte Hauer. Stattdessen habe es ein fatales Leerverkaufsverbot durch die BaFin gegeben. Einige Aufseher und Banker hätten fragwürdige Wirecard-Aktiengeschäfte getätigt. Eine kritische Distanz zum Unternehmen Wirecard habe gefehlt.
Hochkarätige Zeugen
Der Untersuchungsausschuss hört in der kommenden Woche gleich vier hochrangige Zeugen an, neben Bundesfinanzminister Scholz auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesjustizministerin Christine Lambrecht und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Im vorangegangenen halben Jahr gab es 36 Sitzungen mit rund 300 Ausschussstunden. Über 80 Befragungen wurden vorgenommen. Daten im Umfang von knapp 800 Gigabyte und Hunderte Ordner wurden gesichtet.
Unionfraktion als Motor der Aufklärung
Das frühere Dax-Unternehmen Wirecard hatte im Juni 2020 eine Bilanzlücke von fast zwei Milliarden Euro eingeräumt und daraufhin Insolvenz angemeldet. Das kriminelle Geschäftsgebaren des Zahlungsdienstleisters war jahrelang unentdeckt geblieben. „Wir sehen uns als ein Motor der Aufklärung des Skandals“, sagte Hauer.
Ruf des Finanzplatzes Deutschlands geschädigt
Ein solcher Finanzskandal dürfe sich nicht wiederholen, verlangte Michelbach. Bis heute lägen Gläubiger-Forderungen in Höhe von 12,4 Milliarden Euro vor, zu denen noch die Verluste zahlreicher Kleinanleger hinzugerechnet werden müssten. Was aber ebenso schwer wiege: „Dieser Skandal hat dem Ruf des Finanzplatzes Deutschland und dem Ansehen unserer Sozialen Marktwirtschaft schwer geschadet.“
Kulturwandel in der Bafin gefordert
Güntzler sprach von einem „kollektiven Aufsichtsversagen aller staatlichen Stellen“. Daher müsse Deutschland jetzt eine starke Finanzkontrolle bekommen, die BaFin einer grundlegenden Reform unterzogen werden. Den von Bundesfinanzministerium vorgelegten Entwurf für ein Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) kritisierte Güntzler indes als völlig unzureichend und kündigte umfassende Nachbesserung an. Dafür müsse auch der designierte BaFin-Chef Mark Branson mit ins Boot geholt werden, forderte Hauer. In der BaFin brauche man einen Kulturwandel.