Thomas Erndl: "Der Multilateralismus liegt in der DNA unseres Landes"
Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der Mission der Vereinten Nationen in der Republik Südsudan
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Soldatinnen und Soldaten! Herr Kollege Maier, ich finde es schon ein bisschen zynisch, wenn man die humanitäre Hilfe infrage stellt, die einfach in einer Notsituation zu leisten ist.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das hat er doch gar nicht gesagt! Hören Sie doch zu, Herr Erndl!)
Es ist völlig klar, dass wir mit unserem vernetzten Ansatz Nothilfe, humanitäre Hilfe leisten und natürlich auch die längerfristige Entwicklung des Landes im Blick haben. Aber die humanitäre Hilfe, die einfach kurzfristig notwendig ist, was sich aus der Realität ergibt, sollten wir hier nicht infrage stellen.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Hat er auch gar nicht!)
Meine Damen und Herren, mit dem Südsudan ist ein Staat ohne klare nationale Identität und Zusammenhalt entstanden. Kurz nach der Unabhängigkeit brach der Bürgerkrieg aus. 400 000 Menschen verloren ihr Leben. 4 Millionen Südsudanesen wurden durch die Gewalt entwurzelt. Die Hoffnung: der 2018 unterzeichnete Friedensvertrag sowie der Waffenstillstand, der in diesem Fall auch weitgehend hält.
Erste Schritte des Friedensvertrags wurden umgesetzt: die Einheitsregierung; in strittigen Fragen wurden Kompromisse gefunden. Die Wurzeln des Konflikts reichen jedoch tief: ethnische Differenzen und Verteilungskämpfe um Ressourcen. Deshalb ist klar: Die Situation ist nach wie vor fragil. Die internen Herausforderungen sind zahlreich: die Reform des Sicherheitssektors, die Verteilung politischer Ämter. Zwei Drittel der Bevölkerung – das wurde ja auch angesprochen – sind jetzt und heute auf humanitäre Hilfe angewiesen, und Überschwemmungen und die Coronapandemie haben die Lage zusätzlich verschärft. 7,5 Millionen Menschen brauchen humanitäre Hilfe. Das sind 1 Million Menschen mehr als letztes Jahr, also sozusagen in kurzer Zeit eine Steigerung, und daher ist Hilfe letztendlich einfach notwendig.
UNMISS bleibt hier essenziell, damit Hilfsorganisationen wie das Welternährungsprogramm arbeiten können und humanitäre Hilfe die Menschen im Südsudan erreicht. Die Zivilbevölkerung muss – das ist ein weiterer Punkt – weiterhin geschützt werden, weil Gewaltausbrüche und Menschenrechtsverletzungen leider an der Tagesordnung sind. Die militärische Präsenz bleibt deshalb notwendig.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, bleibt UNMISS in der Gesamtheit unverzichtbar. Die Mission ist das Fundament der internationalen Gemeinschaft, um den Friedensprozess zu unterstützen, und gleichzeitig ist diese militärische Präsenz auch die Sicherheitsgrundlage für viele zivilgesellschaftliche Programme und Aktivitäten, zum Beispiel für ein Konfliktmanagementprogramm für Stammesführer oder Projekte zur Versöhnung zwischen Ethnien. Ich glaube, dass das ganz entscheidend ist, um die Wurzeln der Konflikte anzupacken.
Für Dialog und Mediation ist natürlich das sichere Umfeld die Voraussetzung. Aber erst durch Dialog und Mediation können die Konflikte auch dauerhaft gelöst werden. Der Gedanke, versöhnen zu können, muss in den Köpfen gepflanzt werden, und erst dann kann diese gespaltene Nation zusammenwachsen und Friede nachhaltig fortbestehen. Deshalb bleibt auch unser vernetzter Ansatz ganz entscheidend, weil wir selbstverständlich humanitäre Hilfe kurzfristig und Entwicklungszusammenarbeit längerfristig einbringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist in unserem europäischen Interesse, zur Stabilisierung dieser Region beizutragen. Es ist doch ein Trugschluss, zu glauben, wegzuschauen, nicht zu handeln und sich abzuschotten schütze uns zum Beispiel vor Terrorismus oder Migrationsbewegungen. Die Unterstützung der Region heute gemeinsam mit unseren Partnern ist besser, als nach einem Konfliktausbruch, nach einer Aggression von morgen dann die Sicherheit wiederherstellen zu müssen.
Der Multilateralismus liegt in der DNA unseres Landes. An UNMISS beteiligen sich 71 Nationen, und es ist auch richtig, dass wir, dass Deutschland hier weiterhin international Verantwortung übernehmen, dass wir die Vereinten Nationen bei dieser wichtigen Mission im Südsudan unterstützen.
Zum Schluss, Frau Präsidentin, möchte ich allen Soldatinnen und Soldaten bei dieser und auch weiteren Missionen herzlich danken, weil sie mit höchsten persönlichem Einsatz diese internationale Verantwortung ganz konkret umsetzen und weil sie ihren Dienst tun weit weg von zu Hause. Herzlichen Dank für diesen Einsatz!
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)