Peter Weiß: Wir lassen in dieser Krise niemanden allein
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Epl. 11)
Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Wenn ich, Herr Präsident, der voraussichtlich letzte Redner in dieser Debatte zum Einzelplan 11 bin, dann sollte ich jetzt noch mal sagen, was es eigentlich im Kern mit diesem Haushalt auf sich hat.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf: Endlich!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Kern ist: Dieser Einzelplan 11, Arbeit und Soziales, ist das zentrale Bollwerk gegen die Auswirkungen der Coronapandemie. Er ist die klare Zusage der Politik: Wir lassen in dieser Krise niemanden allein – die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht, die Unternehmen nicht, die sozialen Dienste und Einrichtungen nicht –, sondern wir stehen solidarisch zu diesem Sozialstaat, zu denen, die in diesem Land etwas leisten, und zu denen, die Hilfe und Unterstützung brauchen. Das ist die Kernbotschaft des Einzelplans 11.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Weil in einer Krisenzeit wie während der Herausforderung durch die Coronapandemie diese Fragestellung so zentral ist, würde ich eigentlich erwarten, nachdem die Beiträge der Opposition so halb moderat waren, dass das gesamte Haus diesem Haushalt zustimmt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Sehr gut! – Lachen des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist schon mehrmals betont worden, und ich will es auch noch mal machen: Mit diesem Haushalt nehmen wir wahnsinnig viel Geld in die Hand, um die Bundesagentur für Arbeit nochmals zusätzlich zu stärken, vor allem, um das Kurzarbeitergeld zu gewährleisten. Das Kurzarbeitergeld ist nicht nur eine Hilfe, um jetzt über eine schwierige Zeit hinwegzukommen, sondern das Kurzarbeitergeld ist in Wahrheit auch eine Investition in die Zukunft, und da haben wir eine konkrete Erfahrung: Das ist die Finanz- und Kapitalmarktkrise 2009/2010.
Alle auf dieser Welt bescheinigen uns: Deutschland wäre so schnell und so stark aus dieser Krise damals nicht herausgekommen ohne Kurzarbeitergeld. Und wir haben anschließend zehn wirklich gute Jahre in Deutschland erlebt, was das wirtschaftliche Wachstum, was den Zuwachs an Beschäftigung anbelangt. Genau deswegen ist Kurzarbeitergeld nicht einfach nur Geldausgeben, sondern ist Zukunftsinvestition, damit es nach dieser Krise schneller und besser aufwärts geht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Natürlich haben wir die Bundesagentur für Arbeit mit allen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, denen wir dankbar sind, veranlasst, sich jetzt zu hundert Prozent auf Kurzarbeitergeldbeantragung und Kurzarbeitergeldabrechnungen zu konzentrieren. Aber die Agentur für Arbeit muss natürlich dringend, gerade in dieser Krisenzeit, auch ihre anderen Tätigkeiten wieder vollumfänglich wahrnehmen, nämlich Beratung von Arbeitslosen, Vermittlung in Arbeit, Beratung und Berufsinformation für junge Leute, damit diese einen guten Weg in Ausbildung und Arbeit gehen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Deswegen gehört zur Hilfe für die Bundesagentur für Arbeit auch, dafür zu sorgen, dass sie entsprechendes Personal anstellen kann. Sie hat jetzt im Oktober und November die Möglichkeit gehabt, 1 000 zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzustellen. Sie wird im Frühjahr des nächsten Jahres erneut eine entsprechend große Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einstellen. Und sie hat nach dem Beschluss ihres Verwaltungsrates eine Option, wenn das im nächsten Jahr noch mal notwendig wäre, weitere 2 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neu anzustellen.
Also: Dieser Haushalt ist auch Ausdruck der Unterstützung der Agentur für Arbeit, damit sie genügend Personal an Bord nehmen kann, um nicht nur Krise zu bekämpfen, sondern auch Zukunftsinvestitionen zu machen, das heißt, Menschen in Arbeit zu vermitteln und vor allem – das ist mir das Wichtigste – den jungen Leuten, die jetzt noch in der Schule sind, ausreichend Berufsinformation, ausreichend Berufsberatung anzubieten. Ich würde mir wünschen, dass wir das, was wir im Herbst wegen der Pandemie vielleicht versäumt haben, im Frühjahr durch eine starke Offensive für Ausbildung nachholen könnten. Ich möchte, dass die jungen Leute in unserem Lande wissen: Ja, sie bekommen bei uns alle Unterstützung, dass sie auch in Coronazeiten einen gescheiten Job, eine gescheite Ausbildung finden. – Das ist mit unsere Aufgabe.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun ist natürlich zu Recht gefragt worden: Ja, geben wir denn nicht zu viel Geld aus? – Aber wir können es deswegen tun – das will ich noch mal betonen –, weil wir die letzten zehn Jahre gut gewirtschaftet haben. Der Herr Präsident hinter mir war in dieser Zeit unter anderem Bundesfinanzminister und hatte mit dazu einen Beitrag geleistet. Aber vor allen Dingen haben unsere Sozialversicherungen Rücklagen anlegen können. Die Rente ist doch deswegen sicher, weil wir eine ordentliche Rücklage in der Rentenversicherung haben. Wir können deswegen in die Kurzarbeit investieren, weil wir eine Rücklage in der Arbeitslosenversicherung haben. Das ist doch das Entscheidende. Rücklagen sind dazu da, dass man diese in schlechten Zeiten einsetzt, und die Zeit ist jetzt da, diese Rücklagen einzusetzen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Otto Fricke [FDP]: Wenn wir das Geld haben!)
Wenn ich von dem Beschäftigungsaufwuchs der letzten zehn Jahre rede, der es uns erst ermöglicht hat, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dann bitte ich, doch auch zu sehen: Der Beschäftigungsaufwuchs in Deutschland der letzten zehn Jahre, die zusätzlichen Beitragszahlerinnen und Beitragszahler für unsere Sozialsysteme waren nur möglich, weil wir rund 50 Prozent dieser zusätzlichen Arbeitsplätze mit Menschen mit Migrationshintergrund, mit ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern besetzen konnten. Es zeigt: Was hier von der rechten Seite gesagt wird, ist grottenfalsch.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Otto Fricke [FDP] – Dr. Harald Weyel [AfD]: 50 Prozent in Hartz IV!)
Nein, wir müssen dankbar sein – und ich bin dankbar –, dass die ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet haben, dass in den letzten zehn Jahren Rücklagen in unseren Sozialversicherungssystemen aufwachsen konnten. Vielen Dank dafür!
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)