Michael Kuffer: Wir sind stolz auf unsere freiheitlichen Werte und auf diese freiheitliche Gesellschaft
Redebeitrag in der aktuellen Stunde zu Lehren aus den Attentaten in Frankreich
Liebe Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Unsere Gedanken sind in diesen Stunden natürlich bei den Opfern und bei ihren Familien, bei der Grande Nation, aber auch bei der Stadt Nizza, die zum wiederholten Male von einem so grausamen Attentat heimgesucht worden ist.
Dies, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist nicht nur ein Anschlag auf unsere Sicherheit, sondern es ist ein Anschlag auf unsere Werte. Ich will eines vorwegschicken und in die Welt hinaus sagen, damit in keinem einzigen Winkel der Welt auch nur irgendein Zweifel aufkommt: Wir werden an diesen unseren Werten, an den freiheitlichen, kulturellen, zivilisatorischen Wurzeln und Errungenschaften, an den Gepflogenheiten nicht das Geringste ändern.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das sagen Sie mal in Duisburg-Marxloh!)
Wir sind stolz auf unsere freiheitlichen Werte und auf diese freiheitliche Gesellschaft. Und ja, wir sind stolz auf die Freiheit von Presse und Kunst. Wenn Emmanuel Macron dies öffentlich klarstellt, ist das keine Lynchjustiz gegen Muslime, sondern es ist eine Selbstverständlichkeit – Emmanuel Macron spricht damit für uns alle –, und es ist im Zweifel ein Schutz für die übergroße Mehrheit der Muslime in Europa, die mit uns zu diesen Werten stehen.
Sicher ist manchmal eine Diskussion darüber angebracht, wie weit Satire gehen darf, wie weit sie gehen sollte und welche Grenzen der Menschenwürde und, ja, auch des religiösen Empfindens sie respektieren sollte. Aber der Präsident des nordrhein-westfälischen Landtags, André Kuper, hat heute einen Satz gesagt, der es nicht besser auf den Punkt bringen könnte und den ich hier noch einmal wiederholen will: „In Europa, … in der Demokratie wird das Wort geführt und nicht die Gewalt, nicht das Messer.“
Deshalb fordere ich alle Menschen, die, egal welcher Herkunft, hier mit uns zusammenleben wollen, auf, auch diese Werte gemeinsam mit uns zu leben, und nicht nur das, sondern diese Werte gerade in diesen Stunden und in diesen Tagen mit uns zu verteidigen. Umgekehrt sage ich Ihnen: Wir werden Sie an Ihren Taten messen und nicht an Ihrer Herkunft und auch ganz bestimmt nicht an Ihrer Religion. – In diesem Zusammenhang bitte ich alle islamischen Verbände und Institutionen in Europa, Prediger, Vorbeter in den Moscheen, mit uns gemeinsam solche Taten laut und vernehmbar öffentlich zu verurteilen.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Ich bin Leuten wie Kevin Kühnert dankbar, die sich bemühen, auch innerhalb der politischen Linken eine Diskussion darüber in Gang zu bringen. Sein Diskussionsbeitrag könnte aktueller nicht sein. Denn bitte machen wir uns doch eines klar: Der Islam als Religion teilt mit uns Christen viele Gemeinsamkeiten. Die wichtigste ist das Gebet, das Gebet an den einen Gott, aber auch Werte wie Barmherzigkeit und Nächstenliebe.
Umgekehrt steht die Ideologie des politisch radikalen Islamismus genau zu alledem im Widerspruch. Diese Ideologie ist demokratiefeindlich. Sie ist frauenfeindlich, sie ist schwulenfeindlich, judenfeindlich, wissenschaftsfeindlich, lustfeindlich – ja, lebensfeindlich. Der politisch radikale Islam, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eine Form des Faschismus. Machen Sie sich das bitte klar!
Natürlich haben wir in Frankreich in den letzten Jahrzehnten eine dramatische Entwicklung von Parallelgesellschaften gesehen, die sicher auch den Boden dafür bereitet haben, dass sich aus diesen Gesellschaften junge Menschen dramatisch verführen, fehlleiten und radikalisieren lassen. Wenn wir als Union in Deutschland immer wieder davon sprechen, dass wir in der Asylfrage die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit und in der Migrationsfrage unsere Interessen und die Frage, wer zu uns passt, im Auge behalten müssen, dann genau aus diesen Gründen: um gegenüber solch fundamentalen Problemen, wie sie Frankreich erlebt, jeden Anfängen zu wehren.
Aber ich will zum Schluss sagen: Wir dürfen uns trotzdem nichts vormachen. Natürlich tragen diese Anschläge in Frankreich noch eine andere, ganz markante Handschrift, nämlich die des Überlebenskampfes des IS, der seine Einflusssphäre in Syrien verloren hat und der in Europa den Beweis seiner Existenz erbringen will, der bestimmte Interessenräume in Europa gezielt verschont und umgekehrt Staaten wie Frankreich mit einer Serie von Anschlägen gezielt destabilisieren will. Darum geht es doch. Es geht um Macht, und es geht leider auch um geopolitische Interessen im Hintergrund.
Deshalb sage ich zwei Dinge zum Schluss:
Die Anschläge finden zurzeit in Frankreich statt; aber sie sind ein Angriff auf Europa. Wir müssen und wir werden deshalb in Europa in diesem Kampf zusammenstehen.
Den türkischen Präsidenten fordere ich nachdrücklich auf, hier nicht weiter mit dem Feuer zu spielen. Mehr sage ich dazu an dieser Stelle nicht.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der AfD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)