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Paul Lehrieder: Lieber gut regieren als nicht regieren!

Redebeitrag zum Pandemieplan für das Gastgewerbe

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Sehr geehrter Kollege Klinge, wir haben uns ja heute Nachmittag am Rande der Ausschusssitzung schon kurz austauschen können. Ich habe Ihren Antrag genau durchgelesen. Da steht vieles im Rubrum drin, was wir durchaus unterschreiben können. Die dramatische Situation des Gastgewerbes und der Hoteliers, wie Sie sie beschreiben, sehen wir alle fraktionsübergreifend ähnlich.

(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Dann können Sie ja zustimmen!)

– Langsam, langsam; schreien Sie nicht zwischendurch rein! Stellen Sie mir eine Frage, dann habe ich mehr Zeit!

Sie titulieren Ihren Antrag mit „Pandemieplan“. Das setzt voraus, dass wir hier bezüglich der Pandemie und des Covid-19-Virus etwas planen können. Bei der Ausbreitung dieses Virus gibt es aber leider nun einmal Unwägbarkeiten und nur begrenzt Einflussnahmemöglichkeiten der Regierung.

(Dr. Marcel Klinge [FDP]: Was haben Sie denn den Sommer über gemacht?)

Das heißt im Endeffekt: Wie sich das Virus in der Bevölkerung verbreitet, haben wir doch im Sommer und im Herbst an dem Ansteigen der Infektionszahlen gemerkt. Das Verhalten der Menschen ist entscheidend: Wo trifft man sich? Wie feiert man zusammen? Wo gibt es Pandemietreiber? Ich habe bei mir im Wahlkreis vor drei Tagen ein Seniorenheim mit 107 Menschen besucht. 87 davon sind positiv getestet. Dieses Virus ist nicht zu unterschätzen.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Was erzählen Sie uns da? – Dr. Marcel Klinge [FDP]: Was ist das denn für eine Logik? – Thomas Hacker [FDP]: Und die waren alle in der gleichen Frittenbude, oder was?)

Wir hoffen, dass die Menschen – – Herr Präsident, können Sie bitte für ein bisschen Ruhe bei der FDP sorgen?

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege Lehrieder, solange Sie das stört, bitte ich um ein bisschen Ruhe.

 

Paul Lehrieder (CDU/CSU):

Ja, mich stört es – nicht zu knapp.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Normalerweise lebt die Parlamentsdebatte ja auch von Zwischenrufen, aber sie sollten so konstruiert sein, dass man sie hier auch verfolgen kann.

(Henning Otte [CDU/CSU]: Das muss dann ja auch logisch sein!)

Allgemeine Zwischenrufe helfen da nicht weiter.

 

Paul Lehrieder (CDU/CSU):

Meine Redezeit ist durch die Zwischenrufe der FDP schon halb rum. – Meine Damen und Herren, ich will darauf hinweisen: Das Virus ist schlecht berechenbar. Das heißt, wir müssen reagieren, und wir haben darauf reagiert.

(Dr. Marcel Klinge [FDP]: Aber Sie haben falsch reagiert!)

Herr Kollege Klinge, Sie können Presseartikel zitieren; das kann ich auch. Ich habe gestern in einer großen deutschen Tageszeitung von einem Hotelier bei mir aus Würzburg – aus meinem Wahlkreis – gelesen: „Hotelier rechnet vor – Darum ist der Lockdown eine Katastrophe für mein Geschäft“. Er legte Zahlen vor. Ich kann die Zahlen hier veröffentlichen, weil er sie selber veröffentlicht hat: Februar 280 000 Euro erwarteter Umsatz, 312 000 Euro tatsächlicher Umsatz; April 355 000 Euro erwarteter Umsatz, 23 000 Euro tatsächlicher Umsatz; Juni 493 000 Euro erwarteter Umsatz, 107 000 Euro tatsächlicher Umsatz; August – Urlaubszeit – 240 000 Euro erwarteter Umsatz, 210 000 Euro tatsächlicher Umsatz; Oktober 560 000 Euro erwarteter Umsatz, 239 000 Euro tatsächlicher Umsatz.

Gleichzeitig musste der Hotelier in Hygienemaßnahmen investieren: allein 4 600 Euro seit Jahresbeginn.

Jetzt kommt es:

Letzte Hoffnung des Hoteliers: Merkels Ankündigung, die Bundesregierung wolle den vom Lockdown betroffenen Unternehmen bis zu 75 Prozent des im Vorjahr erzielten Novemberumsatzes erstatten. Mal abwarten, ob das was wird.

Wir arbeiten daran.

Die Menschen, die Gastronomen, die alles richtig gemacht haben, die im Sommer die Hygienevorschriften eingehalten haben, die die Zahl der Plätze reduziert haben, die Hygienekonzepte für ihre Gastronomie entwickelt haben, wollen arbeiten. Die Betroffenen wollen keine Almosen von uns, sondern ihren Laden wieder aufmachen,

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

und daran arbeiten wir. Wir wollen verantwortlich mit den Hoteliers umgehen: Wir wollen, dass die Gaststätten wieder öffnen.

(Dr. Marcel Klinge [FDP]: Machen Sie doch mal eine Ansage!)

Aber das setzt voraus, dass wir dazu erst mal die Pandemiezahlen nach unten führen. Sprechen Sie doch bitte mal mit Ihren Kollegen, mit den Medizinern in Ihren Reihen! Da sitzt Andrew Ullmann. Fragen Sie ihn doch einmal, was das Virus macht! Sprechen Sie doch mal mit den Ärzten in Ihren Reihen! Es ist leider nicht zu unterschätzen.

(Zurufe von der FDP)

– Lieber Kollege, vielleicht zwei Sätze noch dazu. – Meine Zeit geht allmählich zu Ende, Herr Präsident.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nur die Redezeit!)

Die Zwischenrufe der FDP haben mich viel Zeit gekostet.

(Lachen bei der FDP)

Das Hygienekonzept der Wirte ist richtig. Der Weg zu den Gaststätten ist natürlich auch ein Problem. Sie haben vorhin ausgeführt, dass wir tatsächlich den Wirten ihr Geschäftsmodell mutwillig unterbinden wollen. Das ist nicht der Fall. Wir wollen die Zahl der Begegnungen der Menschen reduzieren, wo es vertretbar ist, für einen begrenzten Zeitraum von vier Wochen. Ich bitte alle, die uns jetzt zuhören, hier mitzumachen, wenn wir vier Monate mit weniger einschneidenden Maßnahmen tatsächlich das machen, mit entsprechendem finanziellen Ausgleich: 10 Milliarden Euro, 75 Prozent des Vorjahresumsatzes.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Jetzt sind es schon vier Monate!)

Bitte? – Vier Wochen.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Ne, Monate!)

– Vier Monate, habe ich gesagt? Na ja, gut, wenn Sie falsch hören wollen, kann ich nichts ändern.

(Henning Otte [CDU/CSU], an den Abg. Dr. Alexander Gauland [AfD] gewandt: Darf man sich nicht mal versprechen?)

Können Sie ein wenig für Disziplin sorgen, Herr Präsident? Ich bin normalerweise nicht so empfindlich, aber allmählich wird es zu viel.

Wir helfen den Menschen, wir unterstützen sie. Deshalb geht Ihr Antrag ab 1. Dezember: weil wir bis 30. November schon irgendwie vernünftige, adäquate, probate, geeignete und erforderliche Maßnahmen für die Wirte haben.

(Dr. Marcel Klinge [FDP]: Zynisch!)

Die Wirte können neben einem Erstattungsbetrag in Höhe von 75 Prozent des durchschnittlichen wöchentlichen Umsatzes im Monat November 2019 zusätzlich bis zu 25 Prozent hinzuverdienen durch Außer-Haus-Verkauf.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege.

 

Paul Lehrieder (CDU/CSU):

Das hilft den Wirten mehr als Anträge der FDP. Ich sage nur: Lieber gut regieren als nicht regieren! Ich bin froh, dass wir ein Stück weit die für die Wirtschaft, für die Wirte, für die Hoteliers richtigen Maßnahmen machen, und ich werde auch versuchen, meinen Hotelier – ich habe es heute mehrfach telefonisch versucht – morgen zu erreichen, –

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, jetzt.

 

Paul Lehrieder (CDU/CSU):

– um ihm zu erklären, welche Möglichkeiten tatsächlich in den nächsten Wochen und Monaten da sind.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege.

 

Paul Lehrieder (CDU/CSU):

Herzlichen Dank. – Ich bin ja schon fertig, Herr Präsident.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)