Gero Storjohann: Es wir zu mehr Unfällen kommen
Redebeitrag zum Cannabiskontrollgesetz
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Grünen haben den Entwurf eines Cannabiskontrollgesetzes vorgelegt. Das haben Sie 2015 schon mal gemacht; der vorliegende Gesetzentwurf ist praktisch deckungsgleich. Damals ist Ihr Gesetzentwurf abgelehnt worden. Ich glaube nicht, dass Sie diesmal die Hoffnung haben, Zustimmung zu erfahren.
(Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird sich auch bei Ihnen noch durchsetzen!)
Es geht hauptsächlich um die Legalisierung von Cannabis, aber auch um eine Änderung des § 24a Straßenverkehrsgesetzes mit Blick auf das Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit. In diesem Paragrafen wird die Promillegrenze für Alkohol geregelt – das wissen vielleicht einige hier –, und damit möchte ich mich näher beschäftigen. Der derzeitige analytische Grenzwert für Cannabis liegt bei 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter im Blutserum. Die Grünen schlagen in ihrem Gesetzentwurf vor, diesen Grenzwert nun auf 5,0 Nanogramm THC pro Milliliter im Blutserum zu erhöhen, also auf den fünffachen Wert, ab dem dann eine Ordnungswidrigkeit vorliegen soll.
Bei einer Legalisierung von Cannabis ist mit einer erhöhten Fallzahl von Konsumenten zu rechnen; ich glaube nicht, dass die Zahl sinken wird. Daraus lässt sich für den Straßenverkehr mit hoher Wahrscheinlichkeit folgern, dass sich somit auch die Fallzahlen der Auffälligkeiten durch Cannabis im Straßenverkehr erhöhen werden. Die vorgeschlagene Änderung des § 24a StVG und somit die Einführung eines Gefahrengrenzwerts von 5 Nanogramm THC pro Milliliter im Blutserum ist daher abzulehnen, da er wissenschaftlich nicht begründet ist.
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich schon im Jahr 2019 mit der Thematik beschäftigt und festgestellt, dass bei gelegentlichem Cannabiskonsum die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Fahreignung bereits ab einer Konzentration von 1 Nanogramm pro Milliliter THC oder mehr im Blutserum des Betroffenen anzunehmen ist.
(Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist sehr fraglich!)
1 Nanogramm, 5 Nanogramm: Wir werden auch noch andere Werte hören.
Die Linken haben auch einen Antrag eingereicht, den wir erstmalig diskutieren. Sie möchten Cannabis und Alkohol gleichstellen, jedenfalls was den Führerscheininhaber und die Führerscheininhaberin betrifft. Ein Entzug der Fahrerlaubnis soll hier nicht allein aufgrund des festgestellten Konsums oder des widerrechtlichen Besitzes illegaler Drogen, und zwar nicht nur von Cannabis, sondern aller illegalen Drogen, erfolgen, sondern nur, wenn eine Abhängigkeitserkrankung diagnostiziert wurde, wenn durch den Drogenkonsum eine konkrete Gefährdung des Straßenverkehrs verursacht wurde oder wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach dem Straßenverkehrsgesetz begangen wurden. In der Fahrerlaubnis-Verordnung soll ergänzt werden, dass durch einen ein- oder mehrmaligen betäubungsmittelrechtlichen Verstoß durch den Konsum von Cannabis kein Eignungszweifel begründet wird. Bei jemandem, der im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, soll hinsichtlich des Konsums von Cannabis erst eine Wirkung angenommen werden, wenn ein Toleranzgrenzwert von 10 Nanogramm THC pro Milliliter im Blutserum vorliegt. Auch für diese Vorschläge gibt es keine wissenschaftliche Grundlage.
(Niema Movassat [DIE LINKE]: Das ist doch Unsinn! Natürlich!)
Einen solchen Schritt werden wir massiv bei der Verkehrssicherheit spüren; denn es wird zu mehr Unfällen kommen.
(Niema Movassat [DIE LINKE]: Das ist alles ins Blaue hinein!)
Schon nach derzeitiger Rechtslage führt der widerrechtliche Besitz von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes nicht unmittelbar zur Entziehung der Fahrerlaubnis, wie hier behauptet wird, sondern nur zur Anordnung eines ärztlichen Gutachtens zur Abklärung des Konsumverhaltens.
(Niema Movassat [DIE LINKE]: Ja, MPU! Das kostet 3 000 Euro!)
Wenn Sie beim Autofahren alkoholisiert sind, dann haben Sie sehr wohl die Chance, den Führerschein sofort zu verlieren, und Sie möchten das angleichen. Bei anderen Drogen reicht vielleicht auch einmaliger Konsum für eine Entziehung der Fahrerlaubnis aus.
Ich möchte noch auf die Empfehlung des Deutschen Verkehrsgerichtstages, wo ich auch schon einige Male dabei war, von 2018 eingehen. Ein wesentlicher Punkt, der 2018 in einer Arbeitsgruppe festgestellt wurde, ist, dass die Fahrtauglichkeit erst ab einem THC-Wert von 3 Nanogramm pro Milliliter eingeschränkt ist; 1 Nanogramm, 3 Nanogramm. Wir haben jetzt also vier Werte: 1, 3, 5 und 10. Deswegen ist es gut, dass die Grenzwertkommission beim Bundesministerium für Verkehr zu diesem Thema im Dezember tagen wird. Die Grenzwertkommission beschäftigt sich mit der Einführung von Gefahrengrenzwerten im Straßenverkehr. Deren Empfehlung ist für die Union Handlungsmaßstab. Daran werden wir uns orientieren.
Den Gesetzentwurf der Grünen werden wir ablehnen. Den Antrag der Fraktion Die Linke, der hier erstmalig diskutiert wird, würden wir im Verkehrsausschuss gern detailliert beraten.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)