Patrick Schnieder: Es geht um Transparenz und Lobbyismus
Redebeitrag in der Aktuellen Stunde zu Lobbyismus
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Auch ich musste mich am Anfang erst einmal vergewissern, worüber wir heute eigentlich reden. Ich bin dem Kollegen Dr. Buschmann sehr dankbar, dass er ein Stück weit geklärt und mit sehr klugen Gedanken – das will ich wirklich zugestehen – auf den Punkt gebracht hat, worum es in der Debatte geht. Es geht um Transparenz und Lobbyismus. Deshalb will ich zunächst einmal sagen: Wir sind hier in einem Plenarsaal, nicht in einem Gerichtssaal und auch nicht vor einem Tribunal.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Sonja Amalie Steffen [SPD] und Markus Herbrand [FDP])
Ich habe Verständnis dafür, dass man über den Kollegen Amthor spricht, und ich will ganz klar sagen: Er hat sich fehlerhaft verhalten, und zwar unabhängig davon, ob er gegen Regeln oder gegen Gesetze verstoßen hat. Das wird noch geklärt, aber klar ist: Er hat sich fehlerhaft verhalten. Er hat den Fehler auch selbst eingeräumt, und er hat Konsequenzen gezogen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Der Spiegel“ hat darüber geschrieben! – Zurufe von der LINKEN)
– Das kann man bewerten, aber das sind zunächst mal die Fakten, und die hat man zur Kenntnis zu nehmen.
Wenn wir hier über Transparenz debattieren, sollten wir auch mal differenzieren. Sie tun in der Diskussion – nicht nur hier, sondern auch in der Presse der letzten Tage – so, als würde ein Lobbyregister alle Probleme beseitigen, die hier aufgetreten sind. Das ist aber die vollkommen falsche Baustelle, sorry.
(Zuruf des Abg. Friedrich Straetmanns [DIE LINKE])
Reden wir zunächst über die Verhaltensregeln, die wir uns gegeben haben.
(Friedrich Straetmanns [DIE LINKE]: Ja, natürlich! Aber das wollen Sie ja auch nicht!)
Es ist ganz klar geregelt: Das Mandat hat im Mittelpunkt zu stehen. Gleichwohl dürfen wir Nebentätigkeiten ausüben. Außerdem gibt es eine Reihe von Anzeigepflichten. – Wenn ich es der Presse richtig entnommen habe, dann hat der Kollege seine Beratungsobliegenheiten wahrgenommen und in Einzelfällen bei der Bundestagsverwaltung nachgefragt.
Jetzt warten wir mal ab. Es handelt sich um ein Verfahren, das da läuft. Es wird eine Prüfung stattfinden, und wir werden das Ergebnis, ob gegen Regeln verstoßen worden ist – ja oder nein –, zur Kenntnis nehmen. Aber vorher werden wir hier kein Urteil sprechen. Das will ich ganz klar feststellen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN)
In einem nächsten Schritt können wir darüber reden – das ist hier mehrfach angesprochen worden –: Was ist mit Aktienoptionen? Jetzt könnte ich im Duktus der letzten Tage und eines Teils dieser Debatte sagen: Ich kann in all den Anträgen und Gesetzentwürfen, die Sie zum Lobbyregister vorgelegt haben, nirgendwo das Wort „Aktienoption“ lesen. Das ist auch völlig verständlich; denn das gehört in die Verhaltensregeln rein. Und wenn wir feststellen – darüber können wir auch diskutieren –, dass es noch eine Regelungslücke gibt und man noch Weiteres regeln muss, werden wir uns solchen Gesprächen niemals versperren. Dann werden wir darüber reden. Ich sehe auch keinen Antrag, aus dem hervorgeht, dass das überhaupt schon im Gespräch wäre.
(Zuruf des Abg. Dr. Marco Buschmann [FDP])
Lassen Sie uns also die Dinge mal so benennen, wie sie sich darstellen.
Reden wir als Drittes über das Thema „Transparenz und Lobbyregister“. Da sage ich Ihnen ganz klar: Wir als Union haben bisher keinen Vorschlag. Wir haben auch als Koalition keinen Vorschlag. Das hängt zusammen. Wir bereden das nämlich zusammen in der Koalition, aber nicht als Fraktion allein. Gleichwohl halten wir ein Lobbyregister für erforderlich. Dazu habe ich mich und hat sich auch der Kollege Sensburg schon vor über einem Jahr geäußert. Uns geht das im Übrigen auch nicht schnell genug; das kann man, glaube ich, ganz offen sagen.
Es ist völlig richtig, was die Kollegin Haßelmann gesagt hat: Wir haben die Einführung eines Lobbyregisters im Koalitionsvertrag nicht vereinbart. Diejenigen, die regieren und die gerne regieren, die wissen, dass man abarbeitet, was man im Koalitionsvertrag gemeinsam an Kompromissen geschlossen und prioritär an Maßnahmen vorgesehen hat. Jetzt wollen wir uns dennoch aufmachen, eine Regelung zu treffen. Das haben wir getan. Die Gespräche haben begonnen. Schauen wir auch da mal, was dabei herauskommt. Klar ist: Wir wollen uns einer Regelung nicht verschließen.
Ich will noch ein Wort zu dem Vorwurf, der nicht nur in der Diskussion heute, sondern auch in den letzten Tagen gemacht wurde, sagen, wir hätten eine Blockade- und Verzögerungstaktik an den Tag gelegt, vor allem im Zusammenhang mit einer Anhörung, die nicht mehr vor der parlamentarischen Sommerpause, sondern im Oktober stattfindet. Ich kann dazu nur Folgendes sagen: Im Dezember 2019 haben wir im Ausschuss darüber gesprochen, eine Anhörung durchzuführen. Ich habe festgestellt, dass in meinem Kalender zunächst ein Termin im März für eine mögliche Anhörung geblockt worden ist –
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
warum auch immer sie dann nicht stattgefunden hat.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann ich Ihnen sagen!)
– Ich kann Ihnen das auch sagen; ich habe mir alle E-Mails vorlegen lassen. – Im Anschluss waren bei mir im Kalender in den Sitzungswochen im Mai zwei Termine geblockt. Wir haben auch nicht vereinbart, dass dann eine Anhörung stattfinden soll.
Jetzt kommen Sie um die Ecke und fordern, die Anhörung müsse unbedingt vor der Sommerpause stattfinden. Ich kann nicht erkennen, dass wir blockiert und verzögert haben,
(Friedrich Straetmanns [DIE LINKE]: Aber ich kann das erkennen! Ich kann das bestätigen!)
nur weil wir sagen: Wir machen die Anhörung in aller Ruhe und mit guten Argumenten im Oktober. – Wo ist da der Unterschied? Darauf kommt es doch an. Sie können das Thema doch im Plenum aufsetzen. Wenn wir die Anhörung noch vor der Sommerpause durchführen, dann können Sie die Abstimmung im September ansetzen. Wenn wir die Anhörung im Oktober machen, können Sie die Abstimmung im Oktober auf die Tagesordnung setzen. Das ist ein Monat Unterschied! Es ist doch lächerlich, zu behaupten, dass es da eine Blockade oder Verzögerung gäbe. Da sollten wir den Ball flachhalten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir wollen ein Lobbyregister, und ich bin zuversichtlich, dass wir zu Lösungen kommen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)