Sabine Weiss: "Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit sind keine Krankheiten"
Rede zum Schutz vor Konversionsbehandlungen
Schönen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! In Deutschland gibt es Organisationen, die immer noch die Überzeugung verbreiten, andere sexuelle Orientierungen, zum Beispiel Homo- oder Bisexualität, auch abweichende Geschlechtsidentitäten, seien eine Krankheit und bedürften einer Behandlung. Diese Organisationen bieten Konversionsbehandlungen an mit dem Ziel, die sexuelle Orientierung oder die selbstempfundene Geschlechtsidentität zu verändern oder gar zu unterdrücken. Schon der oft verwendete Begriff „Konversionstherapie“ führt dabei allerdings in die Irre; denn Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit sind keine Krankheiten.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Konversionsbehandlungen sind deshalb schwerwiegende Eingriffe. Sie therapieren nicht, sie gefährden die Gesundheit der Betroffenen, sie können schwerwiegende Schäden und seelisches Leid verursachen: Depressionen, Ängste, Verlust sexueller Gefühle bis hin zu Suizidabsichten. Der Weltärztebund hat Konversionsbehandlungen aus diesem Grund schon vor einigen Jahren, im Jahr 2013, als Menschenrechtsverletzung verurteilt und befindet sie als unvereinbar mit der Ethik ärztlichen Handelns.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wissenschaftliche und psychotherapeutische Verbände warnen sogar vor den negativen Auswirkungen. Es herrscht politischer Konsens, dass wir gesetzlich handeln müssen.
Ein Verbot rechtlich zu regeln, war nicht einfach. Deshalb haben wir den Gesetzentwurf sorgfältig vorbereitet. Minister Spahn hat eine Fachkommission eingerichtet, um alle Aspekte zu erörtern: medizinische, rechtliche, gesellschaftspolitische und religiös-weltanschauliche. Einbezogen waren unter anderem Kirchenvertreter und, für das Verstehen ganz wichtig, von solchen Konversionsversuchen Betroffene. Ihre Erfahrungsberichte haben uns die Risiken verdeutlicht, etwa dass es am Anfang unter Umständen gar nicht bemerkbar ist, wenn man in eine Konversionsbehandlung geraten ist, und dass man sich daraus oft nur unter größten Schwierigkeiten befreien konnte. Als Schlussfolgerung dieser Erkenntnisse bringen wir den vorliegenden Gesetzentwurf ein. Er bündelt Regelungen, mit denen Konversionsbehandlungen verhindert werden sollen. Konkret geht es um Verbotsnormen, Straf- und Bußgeldregelungen sowie einen Beratungsanspruch für betroffene und andere Personen.
Meine Damen und Herren, wir senden mit diesem Gesetz ein wichtiges Signal gegen Vorurteile und Diskriminierungen in die Gesellschaft: Jeder Mensch ist einzigartig, und jeder Mensch soll sich in seiner Individualität willkommen fühlen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)