Annette Widmann-Mauz: "Wir räumen mit den Fehlern der Vergangenheit auf"
Rede zum Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetz
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir können Integration, und im Unterschied zu Ihnen wollen wir Integration.
(Udo Theodor Hemmelgarn [AfD]: Hat doch noch nie geklappt!)
Das hat der gestrige Tag mit den Entscheidungen zwischen dem Bund und den Ländern zur Fortsetzung der Finanzierung der Flüchtlingskosten gezeigt, und auch heute gehen wir mit der Verabschiedung des Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetzes einen großen Schritt in die richtige Richtung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Wir gehen einen notwendigen Schritt, weil wir mit den Fehlern der Vergangenheit aufräumen, und wir gehen einen sinnvollen Schritt, weil wir auf Integration von Anfang an setzen. Eingewanderte und Geflüchtete sollen ihre Potenziale besser und zügiger einbringen. Das fördern wir, aber das fordern wir auch ein. Beides ist im Interesse unseres Landes.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen mehr Integration. Vier Punkte stehen dafür:
Erstens. Wir öffnen die Integrationskurse für mehr Asylbewerber, die vor dem 1. August dieses Jahres nach Deutschland gekommen sind. Denn wer hier lebt, soll deutsch sprechen und unsere Werteordnung verstehen. Darum ist der Kursbesuch unabhängig von der Bleibeperspektive schon nach drei Monaten Aufenthalt möglich, vor allen Dingen auch für Eltern, besonders für Mütter mit kleinen Kindern, die wegen familiärer Verpflichtungen als nicht arbeitsmarktnah gelten. Für diese Klarstellung im parlamentarischen Verfahren bin ich den Koalitionsfraktionen ausdrücklich sehr dankbar.
Zum Zweiten. Mehr Menschen, die hier geduldet sind, erhalten nach sechs Monaten Zugang zu berufsbezogenen Sprachkursen. Das ist ein klarer und vernünftiger Schritt in Richtung Arbeitsmarktintegration.
Zum Dritten. Wir unterstützen junge Geflüchtete vor und während der Ausbildung mit schnellerem Zugang zu berufsvorbereitenden Maßnahmen und Maßnahmen zur Ausbildungsvorbereitung und indem wir die Förderlücke bei der Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Asylbewerberleistungsgesetz schließen.
Viertens. Wir öffnen die ausbildungsbegleitenden Hilfen auch für EU-Bürgerinnen und -Bürger. Das stärkt die europäische Mobilität und die europäische Freizügigkeit.
Als Integrationsbeauftragte der Bundesregierung hätte ich mir an der einen oder anderen Stelle noch mehr Mut gewünscht. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Richtung stimmt. Mit dem Gesetz handeln wir nämlich pragmatisch, ohne Fehlanreize zu setzen; denn dieses Migrationspaket der Koalition setzt klare Zeichen: Diejenigen, die keinen Schutzanspruch haben, müssen unser Land zügig verlassen. Aber diejenigen, die Schutz benötigen, brauchen auch Integration. Zu diesem integrationspolitischen Pragmatismus gehört auch: Wer sich anstrengt, unsere Sprache lernt, in Lohn und Brot steht, wer seine Identität offenlegt, seinen Lebensunterhalt selbst verdient und sich gesetzestreu verhält, der verdient auch eine faire Bleibeperspektive. Das ist nicht nur ein Gebot der Menschlichkeit; das ist auch ein Gebot der Wirtschaftlichkeit.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dafür haben sich viele eingesetzt: die Unternehmen, der Mittelstand, Kirchen, Sozialverbände und viele Ehrenamtliche, die sich vor Ort für Integration engagieren. Die neuen, verbesserten Regeln zur Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung sind deshalb auch ihr Verdienst.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, heute schaltet Deutschlands Integrationsmotor in den nächsthöheren Gang, er nimmt weiter Fahrt auf. Unterstützen wir ihn dabei auch mit den vorliegenden Gesetzentwürfen! Bereits heute sind 375 000 Personen aus den Hauptasylherkunftsstaaten in Arbeit, die meisten sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Über 31 000 sind in Ausbildung. Insgesamt sind 4,7 Millionen Ausländer beschäftigt. Auch sie backen unsere Brötchen, bauen Deutschlands Häuser und Straßen, pflegen unsere Angehörigen. Auch sie sind dringend benötigte Fachkräfte im Mittelstand und sichern das Qualitätssiegel „Made in Germany“ mit. Auch sie erwirtschaften die Renten von heute und morgen. Deshalb sind wir gut beraten und ist es in unserem ureigenen Interesse, mehr in Integration zu investieren. Das tun wir heute. Deshalb bitte auch ich Sie um Unterstützung.
(Beifall bei der CDU/CSU)