Alexander Throm: Die Lage der Zivilisten ist in keiner Weise mit der in Syrien vergleichbar
Rede zum sofortigen Abschiebestopp und Schutz für Geflüchtete aus Afghanistan
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! In großer Regelmäßigkeit beantragen die Linken einen generellen Abschiebestopp nach Afghanistan – auch dieses Mal wieder. Wenn man dem Antrag etwas Positives abgewinnen will, dann ist es die Hartnäckigkeit, mit der die Linksfraktion dies hier beantragt.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Machen wir gern!)
Aber das war es auch schon an Positivem, und deswegen werden wir ihn auch dieses Mal ablehnen. Denn er sendet ein falsches Signal in die Welt und vor allem nach Afghanistan, und er würde all jenen schaden, die zu Recht in Deutschland Schutz suchen und erhalten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie wollen ja mehr als einen Abschiebestopp: Sie wollen allen aus Afghanistan aus humanitären Gründen eine Daueraufenthaltserlaubnis geben.
(Beifall bei der LINKEN)
Ähnliches hatten auch schon die Grünen im April 2017 beantragt, indem sie zumindest einen subsidiären Schutz für alle forderten. Da passt kein Blatt zwischen Grüne und Linke. Sie bedenken in keinster Weise die Folgen einer solchen Politik. Das käme quasi einer Aufforderung an alle in Afghanistan Lebenden gleich, den Weg nach Deutschland anzutreten. Das können wir nicht zulassen.
Wie ist die Ausgangslage, liebe Kolleginnen und Kollegen? Die Bundesregierung analysiert regelmäßig die Situation in den Herkunftsländern anhand vielfältiger Quellen: Berichte aus dem Auswärtigen Amt und des UNHCR sowie von anderen wie NGOs und dem EASO. Man kann sagen: Es gibt deutliche Unterschiede in den Regionen bzw. Provinzen in Afghanistan zwischen den städtischen Zentren und dem zentralen Hochland.
Der Staat selbst übt, anders als etwa in Syrien, keine organisierte Gewalt gegen seine Bevölkerung aus; es handelt sich um eine demokratisch gewählte Regierung. Auch die Lage der Zivilisten ist in keiner Weise mit der in Syrien vergleichbar. Man macht das nun mal, indem man das ins Verhältnis setzt. Die tatsächliche Gefährdungsquote ist wesentlich geringer: in Afghanistan 0,04 Prozent, in Syrien 10 Prozent.
Wie viele andere Länder in der Welt erfüllt auch Afghanistan die Standards an Sicherheit und Ordnung, wie wir sie in Deutschland gewohnt sind, nicht. Aber wir können auch nicht unsere Maßstäbe dafür anlegen, wenn es darum geht, ob eine Rückführung in die Herkunftsländer tatsächlich möglich ist.
Alles was wir tun – das ist der nächste Punkt –, sendet Signale in die Welt. Abschiebestopps sind ein eindeutiges Signal. Die Linken und die Grünen sagen in anderen Anträgen: Wer es hierher schafft, der bleibt, egal was das geltende Asyl- und Flüchtlingsrecht in Deutschland sagt. – Wenn wir aber den Anspruch haben – das sagen ja auch Sie –, dass wir Migration in Deutschland und Europa ordnen und steuern, dann muss die Nachricht heißen: Wer nach Deutschland kommt und einen berechtigten Schutzanspruch hat, der darf bleiben; der bekommt Schutz. Wer nicht schutzbedürftig ist, der muss wieder gehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Wenn rechtskräftig festgestellt ist, dass ein Schutzbedarf nicht gegeben ist, dann muss die Entscheidung Konsequenzen haben. Ansonsten können wir uns den ganzen Aufwand mit Anhörungen, Dolmetschern, Bescheiden und Rechtsmitteln sparen. Vielleicht ist das genau das, was Sie wollen. Und wer so handelt, der legt langfristig die Axt an ein von Humanität und Hilfsbereitschaft geprägtes Schutzsystem und gefährdet die dankenswerterweise überwiegende grundsätzliche Akzeptanz in unserer Bevölkerung.
Da würde ich schon erwarten, dass auch die Linksfraktion aus den letzten Jahren so langsam mal ihre Lehren zieht.
(Marian Wendt [CDU/CSU]: Da passiert nichts mehr! – Zuruf der Abg. Christine Buchholz [DIE LINKE])
Ihre Fraktionsvorsitzende, Frau Wagenknecht, ist Ihrer Fraktion offensichtlich schon voraus. Deshalb wollen Sie sie auch loswerden, wie ich vernehme.
Die zeitweilige Einschränkung auf Rückführungen von Straftätern, Gefährdern und Identitätstäuschern, die wir in den letzten anderthalb Jahren gemacht haben, war durch die verringerten Kapazitäten an der deutschen Botschaft in Kabul bedingt. Jetzt ist diese Einschränkung nicht mehr notwendig. Die Botschaft ist wieder einigermaßen arbeitsfähig. Deswegen müssen wir sagen – wir dürfen es nicht falsch verstehen –: Es war keine Einschränkung wegen einer Einschätzung der Sicherheitslage, sondern wir haben lediglich die Fälle aufgrund der geringen Kapazitäten in Kabul danach organisiert, welche Dringlichkeit es bei den abzuschiebenden Personen gab.
(Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das denn mit Rückführungen zu tun?)
Es gibt einige Bundesländer in Deutschland, die nach wie vor nicht nach Afghanistan abschieben. Das ist nicht in Ordnung. Das entspricht nicht unserer geltenden Rechtslage. Es kommt quasi einem Boykott unseres Asylsystems in Deutschland gleich.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Letzter Satz: Wer ein humanitäres und hilfsbereites Asylsystem auf der einen Seite haben will, der muss auch die andere Seite der Medaille erfüllen, das heißt Rückführung in die Heimatländer, wenn kein Schutzanspruch besteht.
(Beifall bei der CDU/CSU)