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Horst Seehofer: Wir wollen damit den Startschuss für Initiativen geben, die zum Bau von 1,5 Millionen neuen Wohnungen führen sollen

Rede zum Haushaltsgesetz 2019 8Epl 06) für den Bereich des Bundesministeriums des Innern für Bau und Heimat

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Haushalt des Innenministeriums war schon im letzten Jahr ein Haushalt der Superlative. Er steigt jetzt noch einmal, um 1 Milliarde Euro auf über 15 Milliarden Euro. Wenn Sie das so verabschieden, dann sage ich schon im Vorhinein herzlichen Dank.

In diesem gewaltigen Haushalt gibt es drei Bereiche, die ich heute in den Mittelpunkt stellen möchte, drei ausgesprochene Ausrufezeichen.

Das Erste ist der Wohnungsbau. Meine Damen und Herren, bezahlbarer Wohnraum ist die soziale Frage unserer Zeit.

(Beifall des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE] – Zuruf von der LINKEN: Da machen Sie aber viel zu wenig!)

Deshalb bin ich froh, dass sich die Regierung auf ein umfassendes Paket für Mieter und Investoren verständigt hat. Da geht es nächste Woche Schlag auf Schlag. In der nächsten Woche ist der Start des Baukindergeldes:

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr gut!)

12 000 Euro pro Kind, auf zehn Jahre verteilt, rückwirkend ab 1. Januar dieses Jahres.

(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Was nützt das, wenn man sich die Grunderwerbsteuer nicht leisten kann? – Dr. Alice Weidel [AfD]: Sie sollten lieber die Grunderwerbsteuer abschaffen!)

Es ist ein Programm, das den Familien die Tür zu ihren eigenen vier Wänden öffnet.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Baukindergeld beginnt also nächste Woche. Ende nächster Woche, am Freitag, ist der Wohnungsgipfel im Kanzleramt, mit der Kanzlerin und den beteiligten Ministerien. Wir wollen dort den Schulterschluss mit den Ländern, Kommunen und Verbänden pflegen und einen Grundstein für die größte Wohnraumoffensive, die es je von einer Bundesregierung gab, legen. Wir wollen damit den Startschuss für Initiativen geben, die zum Bau von 1,5 Millionen neuen Wohnungen in dieser Legislaturperiode führen sollen. Ich bin schon lange in der Politik tätig, kann mich aber nicht erinnern, dass zu irgendeiner Zeit eine so umfassende Offensive gestartet wurde. Es sind Milliarden Euro zusätzlich für den sozialen Wohnungsbau.

Wir werden nächste Woche im Kabinett das Programm von Olaf Scholz beschließen, mit der Abschreibung für vier Jahre im freifinanzierten Wohnungsbau in Höhe von 5 Prozent zusätzlich.

Das Baukindergeld habe ich gerade angesprochen. Wir werden die Städtebauförderung auf hohem Niveau fortführen. Und die Kollegin Barley hat ja schon im Kabinett eine Novelle zum Mieterschutz beschließen lassen, die hier noch zu beraten und zu verabschieden ist. Dies alles, meine Damen und Herren, ist die richtige Antwort auf die soziale Frage unserer Zeit: bezahlbarer Wohnraum.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das zweite Thema, das zweite Ausrufezeichen, das große Rückwirkung auf den Bundeshaushalt hat, sind unsere Antworten auf die Migration, europapolitisch wie hier in der Bundesrepublik Deutschland. Ich darf Sie unterrichten, dass von dem Masterplan zur Migration, den ich vorgelegt habe, bereits zwei Drittel der Maßnahmen entweder schon in der Umsetzung sind oder sogar schon abgeschlossen sind. Ich bitte Sie, das Parlament, die wichtigen Dinge, die auch gesetzgeberisch zu erfolgen haben, wie zum Beispiel Regelungen zu sicheren Herkunftsstaaten, auch zu unterstützen.

Ich darf Sie unterrichten, dass wir die von der Bundeskanzlerin vereinbarten Flüchtlingsabkommen abgeschlossen haben. Wir haben mit Spanien und mit Griechenland Flüchtlingsabkommen abgeschlossen.

(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Wie viele Fälle waren es noch mal?)

Ich habe gerade erfahren: Das Abkommen mit Italien ist auch abgeschlossen. Es fehlen jetzt nur noch zwei Unterschriften: die von dem italienischen Kollegen und von mir. Um Reisekosten zu sparen, tauschen wir die Papiere aus – also wird es vielleicht noch ein paar Tage dauern –, damit wir nicht zur Unterschrift zusammenkommen müssen. Auch das ist ein Erfolg.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir haben die Zurückweisung an der deutsch-österreichischen Grenze für Menschen, die eine Einreisesperre haben, die Durchsetzung dieser Einreisesperre durch Zurückweisung an der Grenze. Auch das funktioniert.

(Zuruf von der AfD: Bravo!)

Wir haben das BAMF personell und strukturell reformiert. Die Situation dort ist sehr geordnet, ist sehr motiviert. Da möchte ich mich beim ganzen Parlament bedanken, dass es über 1 600 zusätzliche Planstellen für das BAMF gab und über 4 000 befristete Arbeitsverträge in unbefristete umgewandelt wurden. Damit ist diese Behörde wieder richtig schlagkräftig.

Ich darf euch auch noch davon unterrichten, dass wir gerade dabei sind, bei der Bremer Außenstelle Vorkehrungen oder Maßnahmen zu treffen, dass die Bremer Außenstelle auch wieder ihre Tätigkeit aufnehmen kann – die war ja unterbrochen durch diese Untersuchungen –; auch darüber bin ich froh. Also, ich darf dem Parlament sagen: Das BAMF ist auf dem besten Wege, eine ganz wichtige Aufgabe für unseren Staat zu erledigen. Ich danke auch den Mitarbeitern.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir werden jetzt, höchstwahrscheinlich noch im September, eine ganz wichtige Maßnahme treffen für legale Zuwanderung, nämlich das Fachkräftezuwanderungsgesetz. Wir sind da in den Endverhandlungen, auch in der Koalition. Ich denke, das wird uns im September gelingen. Dann werden wir, wie in der Koalition vereinbart, noch in diesem Jahr den Gesetzentwurf dafür vorlegen. Ich bin auch in Gesprächen mit der Wirtschaft; denn es ist ja im Interesse auch der Wirtschaft, Arbeitskräfte, die wir brauchen, auf einem legalen Weg in die Bundesrepublik Deutschland zu holen. Da kann uns die Wirtschaft durchaus unterstützen, wozu sie auch bereit ist.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Herr Minister Seehofer, der Kollege Ehrhorn würde gerne eine Zwischenfrage stellen.

Horst Seehofer, Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat:

Das gilt für die verbleibenden 4 Minuten und 56 Sekunden auch, dass ich keine – –

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Ich würde die Redezeit anhalten. Sie dürfen Ja oder Nein sagen.

Horst Seehofer, Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat:

Nein.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Nein.

Horst Seehofer, Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat:

War das undeutlich? Nein. – Gut.

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Sie sind frei.

Horst Seehofer, Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat:

Also zur Fachkräftezuwanderung. Da möchte ich einen Vorschlag des Fraktionsvorsitzenden der FDP aufgreifen. Er hat gestern gesagt, es wäre ja erstrebenswert, in dieser ganzen Thematik der Zuwanderung den Versuch zu unternehmen, herauszufinden, ob es hier einen größeren gesellschaftlichen Konsens geben kann – auch zur Überwindung von Polarisierung. Wir werden uns also zuallererst eine Meinung in der Koalition bilden und einen Gesetzentwurf machen. Ich möchte Sie einladen, dass Sie sich daran beteiligen – ich hoffe, dass Sie das tun werden –, damit wir bei einer so wichtigen Frage vielleicht sogar Zustimmung über die Koalition hinaus erreichen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das dritte Thema mit Ausrufezeichen betrifft unsere Sicherheitsoffensive. Seit vielen Jahren wird – darauf lege ich Wert; wir beginnen nicht erst jetzt mit der Sicherheit – in der Bundesrepublik Deutschland eine Sicherheitsoffensive durch den Bund durchgeführt. Wir führen sie noch weiter. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass diese Offensive gewaltigen Erfolg zeitigt. Laut der Kriminalitätsstatistik des Jahres 2017 haben wir in der Bundesrepublik Deutschland die niedrigste Kriminalitätsrate und die höchste Aufklärungsquote seit 30 Jahren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Carsten Schneider [Erfurt] [SPD] – Beatrix von Storch [AfD]: Das ist absurd! Das wissen Sie!)

Das ist wichtig.

Wir haben in diesen Tagen wieder erlebt, dass ein starker Rechtsstaat eine starke Polizei braucht. Ich bin auch dem Bundespräsidenten dankbar, dass er vor einigen Tagen erklärt hat: Wir brauchen eine starke Polizei. – Ich möchte diese Gelegenheit wahrnehmen, um der Polizei auf verschiedenen Ebenen, den betroffenen Länderpolizeien aus Sachsen und Sachsen-Anhalt, aber auch der Bundespolizei und den Landespolizeien anderer Bundesländer, zu danken; denn bei allen Diskussionen, die wir hier geführt haben und führen, dürfen wir nicht vergessen, dass die Polizei einen sehr guten Dienst geleistet hat.

(Beifall bei der CDU/CSU, der AfD und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich möchte, obwohl ich es wiederholt öffentlich gesagt habe, auch gestern im Innenausschuss, noch einmal ganz klar sagen, was meine persönliche Linie und die Linie in meinem Haus ist: Bei uns gibt es null Toleranz für Rechtsradikalismus, null Toleranz für Antisemitismus, null Toleranz für Ausländerhetze und Ausländerhass. Wo immer so etwas stattfindet, wird es von uns ohne jeden Kompromiss verfolgt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wir haben gestern im Innenausschuss und vorher in anderer Besetzung im Parlamentarischen Kontrollgremium den Bericht und die Ausführungen des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz gehört. Er hat umfassend und aus meiner Sicht überzeugend seine Handlungsweise dargelegt.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Überzeugend war das nicht! – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Da müssen Sie auf einer anderen Veranstaltung gewesen sein!)

Er hat manche Verschwörungstheorien überzeugend entkräften können.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat er eben nicht!)

Ich möchte auch sagen: Er hat überzeugend Position bezogen gegen den Rechtsradikalismus, immer und immer wieder.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dieses Interview habe ich noch nirgendwo gelesen!)

Ich kenne ihn schon länger und weiß dies auch schon länger. Es ist aber wichtig, dass er dies gestern so eindeutig und wiederholt gesagt hat. Meine Damen und Herren, es ist kein Mangel, wenn der Präsident einer Behörde die Kraft aufbringt, Bedauern über die Wirkung eines Interviews zum Ausdruck zu bringen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb hat – das möchte ich Ihnen sagen – Präsident Maaßen weiterhin mein Vertrauen als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz.

(Beifall bei der CDU/CSU – Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Unglaublich! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Cordt musste ziemlich schnell gehen! Was sind das für Maßstäbe!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir als neue Bundesregierung sind ziemlich genau auf den Tag sechs Monate im Amt. Wir hatten uns ja den Vorsatz gegeben: Wir haben verstanden, und wir wollen die Spaltung der Gesellschaft überwinden. Wenn ich mir jetzt erlauben darf, die wichtigsten Maßnahmen dieser sechs Monate in Erinnerung zu rufen: Das war nicht nur erstaunlich viel, was wir diskutiert und entschieden haben, sondern es dient auch sehr dem Ziel, vor dem Hintergrund der sozialen Fragen die Polarisierung in unserer Gesellschaft zu überwinden.

Wir haben ein Rentenpaket mit einer Stabilisierung des Rentenniveaus auf viele Jahre, einer Verbesserung der Erwerbsunfähigkeitsrente und einer Verbesserung der Mütterrente verabschiedet. Wir haben ein Paket für die Arbeitslosenversicherung mit einer Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge um 0,5 Prozentpunkte und der Eröffnung von Fortbildungsmaßnahmen durch die Bundesagentur für Arbeit im Bereich der Digitalisierung verabschiedet.

Die Kollegin Barley hat eine wirksame Mieterschutznovelle vorgelegt, die die galoppierenden Mieterhöhungen, vor allem in den Ballungsräumen, dämpfen soll. Wir werden jetzt unsere Überlegungen zum Thema Fachkräftezuwanderung finalisieren und in einen Gesetzentwurf gießen, und wir haben im Bereich der Migration ein ganzes Stück mehr Ordnung geschaffen. Wir sind kurz vor dem Ziel. Wenn noch eine europäische Lösung zustande kommt, dann können wir sagen: Das ist das Regelwerk für die Zukunft.

Wenn ich das alles nach sechs Monaten im Zusammenhang betrachte, dann denke ich, dass diese Bundesregierung eine vorzügliche Arbeit geleistet hat.

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Ihr seid wirklich toll! – Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Nur für ein Drittel der Bevölkerung!)

Wir haben unseren Auftrag aus dem Koalitionsvertrag ernst genommen, nämlich auf die Menschen zu hören, in ihrem Sinne zu handeln und die sozialen Fragen unserer Gesellschaft zu beantworten, um dadurch – damit bin ich wieder bei meinem Aufgabenbereich – den Zusammenhalt in unserer Bevölkerung zu stärken.

Ich danke.

(Beifall bei der CDU/CSU)