Dr. Katja Leikert: Europa ist Teil unserer Identität
Haushaltsgesetz 2018 - Auswärtiges Amt
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben bereits viel von dem Wert einer regelbasierten Weltordnung gesprochen. Wir haben viel von dem Wert der Europäischen Union gesprochen. Es kann sein, dass Sie hier drüben am rechten Rand die Komplexität von solchen Regelwerken nicht verstehen.
(Zuruf von der AfD)
– Ich meine schon Sie. – Keiner außer Ihnen hier möchte zu einem nationalistischen Klein-Klein zurück.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Wir auch nicht!)
Wenn wir heute über den Außenetat sprechen, dann sprechen wir eben nicht nur haushaltstechnisch über Ausgaben für die Beteiligung an einer supranationalen Einrichtung. Europa ist viel mehr. Europa ist Teil unserer Identität, und für uns als CDU/CSU ist klar: Wir alle sind Deutsche und Europäer. Die Europäische Union ist für uns nicht verhandelbar.
(Dr. Harald Weyel [AfD]: Das kann auch eine Wahnvorstellung sein!)
Drei Punkte sind uns mit Blick auf die Zukunft der Europäischen Union ganz wichtig. Erstens. Europa muss sicher sein. Deshalb ist es wichtig, dass wir die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik ausbauen. Deshalb ist es gut, dass jetzt eine europäische Interventionsinitiative entwickelt wird, auch auf Initiative unserer Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hin. Bereits jetzt haben neun Staaten unterzeichnet. Das ist schon ein großer Erfolg.
Mittelfristig muss es auch das Ziel sein – diese Linien hat die Kanzlerin auch gezeichnet –, einen gemeinsamen europäischen Sitz im Sicherheitsrat der UNO zu schaffen. Wir sind davon überzeugt – auch das haben wir gerade gehört –: Europa ist nur stark, wenn wir wehrhaft sind. Europa ist nur stark, wenn es mit einer Stimme sprechen kann, auch im internationalen Umfeld.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Zweitens. Europa muss aber auch seine Legitimität bewahren. Dazu gehört auch, die Migrationskrise in den Griff zu bekommen. Kein anderes Thema zeigt besser, wie Innen- und Außenpolitik miteinander zusammenhängen. Hier sind wir fundamental – das muss jeder hier verstehen – auf die Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn angewiesen.
Bisher haben wir – auch das ist in der Debatte in den letzten Wochen ein bisschen in Vergessenheit geraten – hier sehr erfolgreich gehandelt. Der Rückgang der Zahl der Flüchtlinge über das Mittelmeer um 95 Prozent seit Oktober 2015 spricht eine ganz klare Sprache. Aber dieses Thema wird uns natürlich auch weiterhin beschäftigen.
Für uns gilt weiterhin, dass wir die Flüchtlingssituation ordnen, steuern und begrenzen wollen. Wenn wir einen Blick nach Afrika werfen, wo sich die Bevölkerung bis 2050 verdoppeln wird, dann sehen wir, dass wir noch lange mit diesem Thema zu tun haben werden. Das bedeutet für uns auch, dass wir Afrika helfen wollen. Wir wollen einen Marshallplan aufstellen und einen EU-Treuhandfonds von 500 Millionen Euro auflegen.
Es bedeutet aber auch, dass wir unsere Außengrenzen sichern wollen, mit einem Aufwuchs der Frontex-Mitarbeiter auf 10 000 Polizisten insgesamt. Es bedeutet für uns auch – darüber haben wir in den letzten Wochen viel gesprochen –, dass wir die Sekundärmigration verhindern wollen. Das geht aber nur, wenn wir unsere ganze Energie dafür einsetzen, Lösungen auf europäischer Ebene zu finden. Keiner von uns will zurück in ein Europa der Schlagbäume.
Drittens. Es ist wichtig, wenn wir die Stärke Europas erhalten wollen, dass Europa auch nach innen stark wird. Auch das wurde schon angesprochen. Es geht darum, die Wirtschaftskraft Europas robust zu halten.
Was macht uns so stark mit Blick auf Europa? Uns macht der gemeinsame Binnenmarkt stark. Das können Sie sich einfach einmal empirisch ansehen. Es sind die vier Grundfreiheiten, für die wir uns immer wieder einsetzen müssen: für Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital.
Die EU ist der größte gemeinsame Markt. Auch das mögen Sie nicht so gerne hören. Die gemeinsame Währung ist die zweitstärkste Währung in der Welt.
(Zuruf von der AfD: Nein! Das stimmt nicht! Ganz gewiss nicht!)
Auch das ist eine Erfolgsgeschichte, und es ist eben keine Selbstverständlichkeit. Allerdings müssen wir auch hier die Augen aufmachen und die Europäische Union handlungsfähig halten. Zukünftige Krisen werden wir nur meistern können, wenn wir Strukturreformen in den Mitgliedstaaten weiter vorantreiben, wenn wir die Bankenunion weiter ausbauen und stärken und, so banal es auch klingt, wenn in den Einzelstaaten einfach vernünftig gehaushaltet wird. Da setzen wir auch auf Eigenverantwortlichkeit. Die Union stand immer dafür und steht auch weiterhin dafür: Haftung und Risiko müssen zusammenbleiben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn wir mit Blick auf Europa bilanzieren, ist klarer als jemals zuvor: Wir brauchen ein starkes Europa. Wir brauchen die Bereitschaft, Lösungen zu verhandeln, auch wenn es einmal ein bisschen länger dauert. Wir müssen verabredete Regeln weiterhin einhalten und uns immer wieder solidarisch verhalten. Das ist die europäische Idee, und daran halten wir fest.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)