Josef Oster: Es ist mehr denn je eine gemeinsame europäische Lösung in der Asyl- und Flüchtlingsproblematik notwendig
Rede in der aktuellen Stunde zur Seenotrettung im Mittelmeer
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich schätze ja die Kolleginnen und Kollegen der Grünen durchaus. Aber einen Geschäftsordnungsantrag während eines WM-Spiels zu stellen, stellt meine Sympathie dann doch auf eine harte Probe.
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht heute um eine ernste Thematik. Es geht um Menschen in Not. Ich räume ein: Da ist Fußball tatsächlich eine echte Nebensache.
(Zuruf von der FDP: Immerhin!)
Ich bin durchaus dankbar, dass wir dieses Thema heute in einer Aktuellen Stunde erörtern können, weil wir gar nicht oft genug über die schwierige Situation im Mittelmeer debattieren können. Ich sage: Für unser christlich geprägtes Europa ist die Lage dort unwürdig und muss für uns alle eine Mahnung sein, eine Mahnung, endlich zu einem klaren europäischen Migrationssystem zu kommen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Meine Damen, meine Herren, Seenotrettung an sich ist eine humanitäre Selbstverständlichkeit. Das ist nicht nur eine rechtliche Verpflichtung, sondern das ist vor allem auch eine moralische. Leider werden die in Not geratenen Menschen aber immer wieder auch für taktische Manöver benutzt,
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Zum Beispiel von den Grünen!)
benutzt von Teilen der europäischen Politik.
(Michel Brandt [DIE LINKE]: Zum Beispiel von Herrn Seehofer!)
Das ist unwürdig. Aber sie werden teilweise eben auch von ideologisch motivierten Hilfsorganisationen benutzt. Genau das erleben wir in diesem Fall.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Eine solche Situation, ein solches Verhalten muss man hier klar benennen. Auch das ist ein unwürdiges und vor allem gefährliches Verhalten.
(Beifall des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU] – Zuruf des Abg. Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir wissen, dass die libysche Küstenwache ganz in der Nähe gewesen ist.
Ob es hilfreich war, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass sich dort einzelne Kollegen aus dem Bundestag inklusive Kamerateam auch noch an Bord gedrängt haben, darf man zumindest bezweifeln. Ich glaube, das spielt den Schleppern eher in die Hände.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der FDP – Jürgen Braun [AfD]: Das sollte es ja auch!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unser gemeinsames Ziel ist dabei aber ganz sicher unumstritten: Kein einziger Flüchtling soll auf der Flucht im Mittelmeer ertrinken müssen. Das muss unser gemeinsamer Anspruch sein.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Um dieses Ziel zu erreichen, ist mehr denn je eine gemeinsame europäische Lösung in der Asyl- und Flüchtlingsproblematik notwendig. Die in Not geratenen Menschen führen uns jeden Tag vor Augen, dass damit einzelne Nationen alleine überfordert sind. Eine europäische und damit auch deutsche Flüchtlingspolitik muss dabei in den Herkunftsländern beginnen. In Abstimmung mit unseren europäischen Freunden müssen wir die Zusammenarbeit mit den Regierungen in den Herkunftsländern weiter intensivieren, um damit Fluchtursachen aktiv zu bekämpfen. Natürlich müssen wir dafür sorgen, dass es für Schleuser unmöglich wird, von Staaten Nordafrikas aus ihr schmutziges Geschäft zu betreiben. Deshalb müssen wir mit Marokko, Algerien und Tunesien, aber auch mit Libyen verhandeln und nach Lösungen suchen,
(Zuruf des Abg. Michel Brandt [DIE LINKE])
nach Lösungen, die im Ergebnis ähnlich erfolgreich sind, Herr Brandt, wie das Deutschland-Türkei-Abkommen. Genau das muss unser Ziel sein.
(Manuel Sarrazin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn der Unterschied zwischen Libyen und der Türkei?)
Eine Schlüsselrolle kommt dabei für mich der Agentur Frontex zu. Ich trete für eine massive Ausweitung von Frontex ein. Frontex soll dabei natürlich auch in Zukunft Menschen aus Seenot retten; das ist für mich selbstverständlich. Frontex soll aber mehr denn je illegale Migration von vornherein verhindern und Schleuserkriminalität bekämpfen. Derzeit hat Frontex rund 1 000 Mitarbeiter. Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Macron sind sich einig, dass Frontex zu einer echten Grenzpolizei ausgebaut werden muss. Es geht um einen Aufwuchs auf 10 000 Personen bei Frontex. Ich bin der Auffassung: Es werden noch sehr, sehr viel mehr Kräfte notwendig sein.
Ich bin überzeugt: Kooperationen mit den nordafrikanischen Staaten und eine konsequente Kontrolle unserer europäischen Außengrenzen, das wird dafür sorgen, dass weniger Menschen in unsichere Boote steigen. Damit werden auch weniger Menschen in Seenot geraten. Zu unserer Verantwortung gehört eben auch, keine falschen Signale zu setzen. Von unserer Politik muss daher das klare Signal in Richtung Schleuser und Armutsflüchtlinge ausgehen: Mit dem Besteigen eines illegalen Fluchtbootes wird nicht automatisch der Wohlstand Europas erreicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Am Ende sage ich es noch einmal: Unser Anspruch muss bei allen Maßnahmen, die wir ergreifen, sein, dass auf dem Mittelmeer nach Möglichkeit kein einziger Flüchtling ertrinken muss.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der LINKEN: Aber in der Wüste schon umkommen kann!)