Mathias Middelberg: Wir leben in einem der geordnetsten Länder
Haushaltsgesetz 2018 - Rede zum Einzelplan 06 - Innen, Bau und Heimat
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will jetzt nicht so fortfahren, wie der Kollege Lindner eben gesprochen hat: als würden wir hier in einem Chaosstaat leben.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man wird ja wohl noch den CSU-Landesgruppenchef zitieren dürfen!)
Wir leben in einem der geordnetsten Länder – mit Rechtsstaat, mit Demokratie, mit Meinungsfreiheit –, in das viele Hunderttausend Menschen flüchten oder in das sie einwandern wollen, also in einem der Länder auf dieser Welt, die offensichtlich am besten regiert und geführt werden.
(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der AfD)
Das entspricht überhaupt nicht der Darstellung, die Sie hier eben vorgetragen haben.
Ich komme zur Sache zurück. Auch im Kontext der Diskussion über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge möchte ich einige Dinge geraderücken. Kritik daran ist berechtigt; das ist ganz klar. Fehler hat es gegeben; auch das ist klar. Sie sollen aufgeklärt werden. Wir selbst haben das größte Interesse daran, dass die Dinge aufgeklärt werden. Denn wir haben ein veritables Interesse daran, dass dieses Amt einwandfrei und noch effizienter funktioniert. Das ist unser Interesse. Deswegen werden wir uns keiner Aufklärung und keiner Verbesserung verschließen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 13 Jahre CDU!)
Nur, ich möchte Sie in diesem Zusammenhang auch daran erinnern: Wir waren in den letzten drei Jahren in einer ganz besonderen, in einer extremen Situation. Dieses Amt hat in drei Jahren 1,6 Millionen Asylentscheidungen treffen müssen. Allein im letzten Jahr wurden hier in Deutschland über 500 000 – 524 000 – Asylentscheidungen getroffen. Das sind mehr als in allen anderen 27 EU-Staaten. Das sagt auch ein bisschen über die Leistungsanforderungen, aber auch über die Leistung, die dort erbracht wurde, aus. Man sollte bei dieser Gelegenheit also nicht alles schlecht- und herunterreden. Das haben die Mitarbeiter dieses Amtes nicht verdient.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Martin Gerster [SPD])
Auch was die Erfolgsquote der Klagen gegen Entscheidungen des Amtes angeht – da wird vieles durcheinandergebracht –, sollten wir etwas richtigstellen: Die Erfolgsquote dieser Klagen liegt im Moment bei 18 Prozent. Wenn man bedenkt, dass weniger als jeder zweite Bescheid überhaupt beklagt wird, dann muss man feststellen: Nicht einmal 9 Prozent der Entscheidungen des Bundesamtes sind solche, die in irgendeiner Form abgeändert oder revidiert werden müssen. Auch das sage ich, um die Dinge sachlich klarzustellen und sie in einen vernünftigen Kontext zu bringen.
Wir haben mittlerweile folgende Situation: Wenn man als Asylbewerber jetzt neu in dieses Land kommt, hat man in weniger als drei Monaten einen Bescheid. Nach weniger als drei Monaten wissen wir jetzt: Ist jemand asylberechtigt oder nicht? Auch das ist ein wichtiger Erfolg im Sinne aller Beteiligten. Das sollte man auch einmal positiv erwähnen, wenn wir heute über die Bilanz dieses Amtes sprechen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Was das weitere Prozedere angeht, ist der Familiennachzug schon angesprochen worden. Wir haben einen Entwurf durch das Kabinett gebracht. Wir werden im parlamentarischen Verfahren weiter über ihn diskutieren. Die Bedingungen sind sehr klar, und der Entwurf hält sich eng an den Koalitionsvertrag.
Uns ist wichtig, dass wir mit der Einstufung weiterer sicherer Herkunftsstaaten vorwärtskommen, insbesondere im Hinblick auf die Maghreb-Staaten Algerien, Marokko und Tunesien, aber auch in Bezug auf Georgien. Es ist nicht hinnehmbar, dass viele Georgier die Visumfreiheit offensichtlich missbrauchen, um in Deutschland ohne jede Erfolgsaussicht Asyl zu beantragen und hier Leistungen in Anspruch zu nehmen, und wir gleichzeitig feststellen – auch das will ich ganz offen sagen –, dass die Georgier in unserer Kriminalstatistik leider eine relativ prominente Rolle spielen. Diese Dinge passen nicht zusammen. Da müssen wir zügig gegensteuern, und das erwarte ich von allen Beteiligten.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Nun komme ich zu den AnKER-Zentren, die ja auch schon angesprochen wurden. Ich sage jetzt mal ganz ehrlich: Ich verstehe die ganze Aufregung an diesem Punkt überhaupt nicht. Mein Wahlkreis liegt in Osnabrück, in Westniedersachsen. Wenn ich ein paar Kilometer weiterfahre, dann bin ich in den Niederlanden. In den Niederlanden gibt es diese AnKER-Zentren seit Jahren. Sie trennen dort sauber und behalten die Antragsteller so lange in den AnKER-Zentren, bis die Verfahren entschieden sind. Alles das, worüber wir hier diskutieren, wird in den Niederlanden seit Jahren praktiziert.
Das wäre im Übrigen vielleicht auch mal ein Hinweis, den Sie dem zuständigen niedersächsischen Landesminister geben könnten, der jetzt Bedenken geäußert hat, als es darum ging, ob er die AnKER-Zentren in Niedersachsen haben möchte.
(Zuruf von der FDP: Mit dem regiert ihr doch zusammen!)
– Er hat auch den Koalitionsvertrag mit ausgehandelt. Umso bemerkenswerter ist, dass hier jetzt Bedenken angemeldet werden.
(Burkhard Lischka [SPD]: Nein! Wer denn? Wer meldet denn Bedenken an?)
Ich sage ganz offen: Ich kann das überhaupt nicht verstehen; denn es ist offensichtlich, dass es zu einer deutlichen Beschleunigung der Verfahren führen wird, wenn die Behörden zusammengefasst und die Beteiligten vor Ort sind. Daran, dass das zu mehr Effizienz führen kann, haben wir keinen Zweifel.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Da – das sage ich ganz ehrlich – würde ich von allen Beteiligten mehr Konsens in der Diskussion erwarten.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], an Bundesminister Horst Seehofer gerichtet: Der soll doch mal liefern!)
Es gibt bei uns verschiedene Verfahren: Verwaltungsverfahren, Gerichtsverfahren mit mehreren Instanzen. Wenn eine Sache rechtskräftig entschieden wurde – das gilt für Verfahren aus fast allen Lebensbereichen –, akzeptieren eigentlich wir alle, was am Ende dabei herausgekommen ist. Nur im Bereich Asyl akzeptieren wir das Ergebnis dieser Verfahren in vielen Fällen offensichtlich nicht. Da – das muss ich ganz ehrlich sagen – fordere ich einfach mehr Konsens unter uns allen bei der Lösung dieser Probleme ein.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, dann suchen Sie den mal! Tun Sie was dafür!)