Alexander Throm: Es sollen die nationalen Souveränitätsrechte gewahrt werden
Rede in der aktuellen Stunde zum UN-Regelwerk "Global Compact for Migration"
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben eine typische Ausgangsposition in diesem 19. Deutschen Bundestag: Die AfD – auf der einen Seite – stürzt sich auf alles, was die Wörter Migration, Migranten, Flüchtlinge enthält, neigt zur Hysterie und zur Panikmache und ruft die größte Völkerwanderung aus, die es je gegeben hat. Auf der anderen Seite Linke, SPD und Grüne, die an dieses Thema ein bisschen blauäugig herangehen und die Augen hin und wieder vor der Realität verschließen. Beides ist fehl am Platz.
(Christoph Matschie [SPD]: Was soll denn das?)
– Ich sage es Ihnen, Herr Matschie.
Am 27. Februar fand eine interparlamentarische Ausschusssitzung des Europäischen Parlamentes mit den Vertreterinnen und Vertretern der nationalen Parlamente statt. Ich war dort, als Vertreter der CDU/CSU-Fraktion, und Herr Hebner war dort, als Vertreter seiner Fraktion. Die Linke, die SPD, die Grünen und auch die FDP haben mit Abwesenheit geglänzt. Das wäre, wenn Ihnen dieser Pakt so wichtig ist – uns war er das –, die Gelegenheit gewesen, Ihre Positionen vor den Kolleginnen und Kollegen des Europäischen Parlaments und – noch wichtiger – vor denen der anderen nationalen Parlamente der Europäischen Union zu vertreten.
Es war gut, dass ein weiterer Vertreter aus diesem Haus – in diesem Fall ich – an dieser Sitzung teilgenommen hat;
(Helin Evrim Sommer [DIE LINKE]: Eigenlob stinkt!)
denn ansonsten hätten wir das Feld Herrn Hebner mit ähnlichen Äußerungen, wie er sie heute hier im Deutschen Bundestag von sich gegeben hat, überlassen.
(Christoph Matschie [SPD]: Es war nicht die einzige Sitzung, wo darüber geredet wurde!)
Ich habe darauf hingewiesen, dass Deutschland nach wie vor ein verlässlicher Partner bei der Regelung und Steuerung der internationalen Migration sein wird, dass wir aber auch von anderen Ländern eine größere Solidarität bei der Übernahme von Flüchtlingen einfordern, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr Hebner war also dort und behauptet nun heute, wir würden den Bundestag entmündigen, indem hier nicht darüber beschlossen wird. Er behauptet, es würden deutsche Souveränitätsrechte an die UN abgegeben. Herr Hebner, ich frage Sie, ob Sie nur körperlich dort anwesend waren. Haben Sie an diesem Nachmittag in Brüssel eigentlich zugehört? Dort wurde deutlich erklärt, dass es nicht um die Abgabe von Souveränitätsrechten geht, sondern dass im Gegenteil die nationalen Souveränitätsrechte gewahrt werden sollen.
(Zuruf von der AfD: Ach so, natürlich!)
Es wurde erklärt, dass es sich selbstverständlich um einen rechtlich nicht bindenden Pakt handelt und die Souveränitätsrechte weiterhin gewahrt bleiben.
(Martin Hebner [AfD]: Lesen Sie den Entschließungsantrag!)
Entweder haben Sie dort nicht zugehört, es nicht gelesen oder – und das vermute ich leider – Sie stellen Ihre Behauptungen hier erneut wider besseres Wissen auf.
(Martin Hebner [AfD]: Entschließungsantrag von gestern! Nicht gelesen!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es wurde schon viel darüber gesagt, was im Pakt für Flüchtlinge geregelt werden soll. Das betrifft vor allem die Mindeststandards für Kinderrechte, die Einhaltung der Menschenrechte, den Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und Justiz sowie den Rechtsschutz. Das sind alles Rechte, die wir in Deutschland und in der Europäischen Union wahren und einhalten und in Bezug auf den zukünftigen Pakt teilweise sogar übererfüllen.
Es muss niemand Angst haben vor diesem Pakt. Im Gegenteil: Er bietet für Deutschland und Europa die Chance, dass sich auch andere Länder dieser Welt, außerhalb der Europäischen Union, zukünftig an diesen Mindeststandards orientieren und dadurch der Druck auf die Europäische Union und auf Deutschland auch in der Sekundärmigration abnehmen wird.
Es soll aber auch bessere Möglichkeiten der Arbeitsaufnahme zu fairen Bedingungen geben. Faire Bedingungen bei Arbeitsschutz, Arbeitszeit und -lohn haben wir in Deutschland. Mit diesem Pakt darf aber keine Ausweitung der Zuwanderungsmöglichkeiten zur Arbeitsaufnahme einhergehen. Es kann nicht darum gehen, dass wir heute illegale Zuwanderung einfach per Gesetz, auch nicht durch das zukünftige Zuwanderungsgesetz, zur legalen Einwanderung machen. Deswegen müssen die Empfehlungen zur Regulierung und Legalisierung des Status von Migranten, die sich mit einem illegalen Aufenthaltsstatus im Zielland aufhalten, aus dem Entwurf zu diesem Pakt herausgenommen werden. Diesen Schritt werden wir nicht im Pakt und auch nicht – das will ich ankündigen – im zukünftigen Zuwanderungsgesetz mitgehen.
Ein letzter Punkt, der Ihnen eigentlich gefallen müsste. Sie sollten solche Schriftstücke auch zu Ende lesen. Damit meine ich beispielsweise die New Yorker Erklärung, die ja der Startschuss für die Verhandlungen war. Ich will Sie auf die Ziffer 58 – man muss es bis zum Ende lesen – verweisen. Dort wird nämlich festgehalten:
Wir legen den Ländern der Herkunft, den … Zielländern … eindringlich nahe, zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass Migranten, die keine Aufenthaltsgenehmigung für das Zielland haben, … auf geordnete Weise, … vorzugsweise auf freiwilliger Grundlage, … in das Land ihrer Herkunft oder Staatsangehörigkeit zurückkehren können.
Wir haben immer wieder Probleme im Bereich der Passersatzpapiere. Genau darum geht es.
Vizepräsidentin Petra Pau:
Kollege Throm.
Alexander Throm (CDU/CSU):
Letzter Satz. – Im Rahmen dieser Zusammenarbeit wären auch eine ordnungsgemäße Identifizierung und die Ausstellung der entsprechenden Reisedokumente sicherzustellen.
(Martin Hebner [AfD]: Lesen Sie den Antrag! Versuchen Sie es mal mit Lesen!)
Davon würden wir in Deutschland ganz besonders profitieren. Insofern kann es nur sinnvoll sein, diesen Pakt weiterhin zu verhandeln und mit unseren Maßgaben, wie ich sie ausgeführt habe, abzuschließen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)