Dr. Mathias Middelberg: Unser Ziel ist ein gemeinsames europäisches Asylsystem
Fortsetzung der Aussprache zur Regierungserklärung Innen, Bau und Heimat
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herzlichen Dank: Die letzte Wahlperiode in diesem Haus war sicher eine Periode der Innenpolitik. Wer die Debatte bisher verfolgt hat, sieht: Auch die jetzt anstehende Legislaturperiode wird zumindest für einen gewissen Zeitraum weiter eine Periode der Innenpolitik bleiben. Wir stehen weiter vor großen Herausforderungen im Bereich der Migration, der Integration, der Sicherheit, aber auch des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Ich glaube, das ist das, was Horst Seehofer eben zu dem Thema Heimat beschrieben hat. Darum geht es im Kern bei dem Thema Heimat nämlich auch: um den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Der Koalitionsvertrag – da danke ich Eva Högl; sie hat das angesprochen – gibt ganz konkrete Antworten und enthält ganz konkrete Punkte dazu, wie wir diese Probleme angehen. Ich hätte mich gefreut, wir hätten in der Debatte heute mehr über diese ganz konkreten Probleme und Aufgaben gesprochen. Das wäre sicherlich hilfreich gewesen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich will zwei Felder herausstellen – Migration und Integration – und auch auf das Thema Digitalisierung eingehen. Von zentraler Bedeutung wird weiter das Thema Migration sein, und wir geben auf unterschiedlichen Ebenen unterschiedliche Antworten.
Die internationale Seite hat die Bundeskanzlerin, finde ich, sehr ehrlich und überzeugend in ihrer Regierungserklärung am Mittwoch angesprochen, und zwar insbesondere das Thema Fluchtursachenbekämpfung.
(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Abschottung!)
– Abschottung ist sicherlich nicht, wenn wir das Welternährungsprogramm und den UNHCR vor Ort weiter unterstützen, um damit die Ursachen dafür, dass Menschen hungern und nicht ausreichend versorgt sind, zu bekämpfen, den Menschen vor Ort ganz konkret zu helfen und es ihnen möglich zu machen, dort vor Ort Zuflucht zu nehmen, statt den Marsch durch ganz Europa anzutreten. Das ist, finde ich, eine ganz konkrete Hilfe.
(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihr habt zwölf Jahre regiert!)
Dazu hat die letzte Bundesregierung, insbesondere die Bundeskanzlerin, ganz maßgebliche Beiträge geleistet. Das ist der erste und wichtige Punkt, den wir in diesem Zusammenhang einmal anerkennen sollten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Auch das EU-Türkei-Abkommen ist am Ende hilfreich. Es gibt Kritik an diesem Abkommen – das hat auch die Kanzlerin klar und deutlich erwähnt –; aber es ist doch allemal besser, diesen Weg zu beschreiten, als dem Sterben in der Ägäis – das haben wir lange Zeit sehen müssen – und dem Tun der Schlepper und Schleuser tatenlos zuzusehen. Das ist doch eindeutig die bessere Lösung.
(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch jetzt sterben Menschen!)
Richtig ist auch – das hat Horst Seehofer angesprochen –: Wir brauchen einen wirksamen Schutz der europäischen Außengrenzen. Wir müssen Frontex zu einer europäischen Grenzpolizei ausbauen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Es ist richtig – ich glaube, Alexander Dobrindt hat es in der Debatte am Mittwoch gesagt –: Ohne sichere Außengrenzen kann es keine offenen Grenzen im Innern geben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deshalb ist es richtig, dass wir weiterhin mit intelligenten Maßnahmen unsere Binnengrenzen prüfen und checken, solange wir an den Außengrenzen noch nicht wirksam geschützt sind.
Unser Ziel ist ein gemeinsames europäisches Asylsystem. Auf dem Weg dorthin sind wir aber auf nationale Maßnahmen weiter angewiesen. Bundesminister Seehofer hat die AnKER-Zentren für Aufnahme, Entscheidung und Rückführung angesprochen. In Zukunft sollen in diesen Zentren die Verfahren gebündelt und schneller durchgeführt werden. Möglichst von dort aus sollen auch Rückführungen stattfinden. Es ist richtig, dass wir Asylsuchende ohne geklärte Identität nicht weiter im Land verteilen. Wir wollen wissen, wer sich in unserem Land aufhält. Diese Anforderung kann man stellen. Wir werden in diesem Zusammenhang auch das Thema Altersfeststellung bei möglicherweise Minderjährigen angehen.
Einer der nächsten Punkte wird die Ausweitung der Liste der sicheren Herkunftsstaaten sein. Ich begrüße zudem den Masterplan zur verstärkten Durchsetzung der Ausreisepflicht außerordentlich. Angesichts von 230 000 ausreisepflichtigen Personen, vieler Hunderttausend Asylklagen und einer wahrscheinlich wachsenden Zahl dieser Personen ist dieses Thema dringlich. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Aus meiner Sicht ist die Durchsetzung des Asyl- und Flüchtlingsrechts keine Frage von Härte oder von Menschlichkeit, sondern es ist in erster Linie eine Frage der Glaubwürdigkeit unseres Rechtsstaates.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir beschädigen das Vertrauen in diesen Rechtsstaat und damit letzten Endes auch die Akzeptanz unseres Asylrechts, wenn es am Ende egal ist, ob jemand als Flüchtling anerkannt wird oder nicht, weil er ohnehin irgendwie in Deutschland bleibt. Dies gilt insbesondere, wenn bereits Ausreisepflichtige straffällig werden oder eine Gefahr darstellen. Es geht deshalb am Ende nicht um harte oder weiche Asylpolitik, sondern um das Vertrauen, dass das Recht in diesem Staat gilt und auch durchgesetzt wird.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Herr von Notz, Sie haben gesagt, dass das Thema Integration im Koalitionsvertrag nicht angesprochen werde bzw. zu kurz komme. Ich rate Ihnen zur Lektüre des entsprechenden Kapitels. Dort stehen sehr dezidierte Planungen und Vorhaben. Wir wollen eine Integrationsstrategie entwickeln, in der wir sämtliche Maßnahmen, die bisher zum Teil noch sehr unstrukturiert verlaufen und die unter den Ländern bzw. zwischen dem Bund und den Ländern nicht abgestimmt sind, zusammenfassen wollen nach dem Grundsatz „Fördern und Fordern“.
Ich möchte auf einen weiteren wichtigen, zentralen Punkt zu sprechen kommen – Stichworte „Digitalisierung“ und „IT“ –, und zwar im Zusammenhang mit der Kriminalitätsbekämpfung, auf die wahrscheinlich mein Kollege Schuster nachher noch intensiver eingehen wird. Eine ganz zentrale Aussage des Koalitionsvertrags ist, dass wir gleichwertige Befugnisse der Sicherheitsbehörden im Internet wie außerhalb des Netzes brauchen; das hat der Minister richtigerweise angesprochen. Das ist ein zentraler Schlüssel im Kampf gegen die Kriminalität im und durch das Internet ebenso wie bei der Nutzung des Internets für terroristische Propaganda oder die Planung von Anschlägen. Wir führen diese Diskussion schon länger und immer wieder, wenn wir über die sogenannte Vorratsdatenspeicherung oder über Onlinedurchsuchungen sprechen. Letztlich geht es um die Frage: Wollen wir rechtsfreie Räume im Internet dulden, oder stehen wir für die Durchsetzung unserer Rechtsordnung, ob im „normalen“ Leben oder im Netz? Für uns gilt Letzteres.
Ich möchte mir unter dem Stichwort „Digitalisierung“ noch einen Hinweis auf das Bürgerportal erlauben, um wenigstens anzudeuten, dass wir nicht nur über Sicherheit und verwandte Themen sprechen, sondern auch über die Servicequalität, über das Bundesinnenministerium als Bürgerministerium. Das einheitliche, digitale Bürgerportal wird für die Bürger von außerordentlich großem Nutzen sein. Die Bürger werden real erleben, dass sie von der Digitalisierung profitieren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
In der letzten Wahlperiode gab es – das hatte ich gesagt – auf den Feldern Migration, Integration, innere Sicherheit oder auch Digitalisierung viel zu tun. Das wird jetzt wieder so sein. Ich sage auch von meiner Seite einen herzlichen Dank an Thomas de Maizière, unseren früheren Bundesinnenminister. Ich freue mich auf Horst Seehofer und die Zusammenarbeit mit ihm, die Zusammenarbeit in dieser Koalition. Ich glaube, wir haben auch heute einen Bundesinnenminister erlebt, der die Hand zur Zusammenarbeit ausgestreckt hat. Diese Hand nehmen wir jedenfalls an, und wir freuen uns auf die Arbeit in diesem Haus, an diesen Themen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)