Thomas Heilmann: Wir wollen Langzeitarbeitslose aus ihrem Kreislauf holen
Neue Perspektiven für langzeitarbeitslose Menschen durch einen Sozialen Arbeitsmarkt ermöglichen
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen seit 35 Minuten über Ihren Antrag, der aus meiner Sicht schon in der Überschrift eine kleine Mogelpackung enthält. Der Antrag heißt: Neue Perspektiven für langzeitarbeitslose Menschen. – Der Antrag ist aber nicht neu. Sie haben ihn so oft gestellt und zu einer Bundestagsdrucksache gemacht, dass es selbst mir als neuem Bundestagsabgeordneten aufgefallen ist, wie oft Sie sich wiederholen. Besonders schal ist Ihr Ritual – meine Vorredner haben es gesagt –, da Sie weder die Koalitionsverhandlungen noch die Sondierungsvereinbarung mit irgendeinem Wort erwähnen. Die Sondierungsvereinbarung ist sieben Wochen alt. Darin heißt es wörtlich:
Dazu schaffen wir … ein neues … Regelinstrument im Sozialgesetzbuch II „Teilhabe am Arbeitsmarkt für alle“.
Des Weiteren steht darin, dass wir 4 Milliarden Euro dafür ausgeben wollen. Ich frage mich: Wieso wiederholen Sie eigentlich alte Anträge, ohne den aktuellen Stand zu berücksichtigen? Wem soll das eigentlich dienen?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie alle wissen – das haben auch alle Vorredner gesagt –: Wir wollen im Kern dasselbe. Wir wollen Langzeitarbeitslose aus ihrem Kreislauf herausholen. Dabei müssen wir uns insbesondere um die schwierigen Zielgruppen kümmern. Das ist wichtig. Frau Zimmermann, Sie sagen, wir würden nicht über die Schattenseiten reden.
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Genau! Und Sie machen nichts!)
Doch, die kennen wir. Aber Sie reden nicht über die Erfolge.
(Beifall des Abg. Peter Aumer [CDU/CSU])
In den zehn Jahren vor 2006 pendelte die Zahl der Langzeitarbeitslosen zwischen 1,5 Millionen und 1,8 Millionen. Erst seit 2006 sinkt ihre Zahl signifikant. Im Antrag der Grünen steht die korrekte Zahl: 850 000. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist also von 1,6 Millionen auf 850 000 zurückgegangen. Das sind immer noch zu viele. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist aber unter der Regierung Merkel besonders stark gesunken; auch das sollte man nicht verschweigen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eben nicht! – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie ist nicht gesunken!)
Wir verhehlen nicht, dass Zusätzliches getan werden muss. Das haben wir auch vereinbart. Ich kann Sie von den Grünen also beruhigen: Eine Weiterentwicklung der Instrumente im SGB II wird kommen. Deswegen brauchen wir weder Ihren Antrag noch Ihre Belehrungen darüber, dass dieses Thema wichtig ist. Ihr Antrag ist im Kern doppelt so lang wie die entsprechende Passage im Koalitionsvertrag, aber irgendwie nur halb so wirksam, um Langzeitarbeitslosigkeit zu reduzieren. Kai Whittaker hat es gesagt: Ihnen fehlt die Zielgruppenspezifizierung. – Insofern bringt Ihr Antrag leider nicht viel.
Das gilt erst recht, Herr Springer, für Ihre Äußerungen. Herr Springer, Sie haben sich in den „Potsdamer Neueste Nachrichten“ offen dazu bekannt, dass Sie Populismus richtig finden. Sie sprechen davon, er sei eine hohe Kunst. Das finde ich schon bedenklich. Schaut man in Ihr Wahlprogramm, wird es besonders erstaunlich. Sie schreiben dazu eine Viertelseite. Darin versprechen Sie allen Langzeitarbeitslosen gemeinnützige Bürgerarbeit, die sozialversicherungspflichtig entlohnt werden soll.
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Wer bezahlt denn das?)
Zwei Spalten weiter sprechen Sie von Eigenverantwortung. Und noch eine Spalte weiter – es steht alles auf derselben Seite – steht, dass die Ausgaben des Staates stark sinken sollen. – Das ist nicht nur extrem kurz, sondern auch extrem sinnfrei.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie versprechen nämlich einfach allen alles, obwohl es sich eindeutig widerspricht. Ich nenne das Pippi-Langstrumpf-Politik nach dem Motto: Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt.
(Heiterkeit bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD: Singen!)
– Singen kann ich leider nicht. – Herr Springer, das ist keine Kunst. Ich finde, das ist ziemlich verantwortungslos. Sie versprechen Langzeitarbeitslosen Dinge, die Sie nicht halten können und beschimpfen uns, die wir etwas gegen die Langzeitarbeitslosigkeit tun, weil wir uns angeblich nur um Migration kümmern.
Meine Damen und Herren, meine Rede ist nicht nur der Abschluss dieses Tagesordnungspunktes, sondern auch – wenn man die letzte Debatte außen vor lässt – der Schlusspunkt in einer bisher einmaligen Debattenzeit in diesem Parlament ohne eine stabile Koalition. Am Wochenende werden wir wissen, wie es weitergeht. Ihnen allen wünsche ich, mit Erlaubnis der Präsidentin, schon jetzt ein schönes Wochenende
(Michael Theurer [FDP]: Jetzt kommt noch die Aktuelle Stunde!)
und den Sozialdemokraten das richtige Ergebnis.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)