Neuer Aufbruch für Europa
Regierungserklärung der Kanzlerin zum Europäischen Rat
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat für einen neuen Aufbruch in Europa geworben. In einer Regierungserklärung zum Europäischen Rat sagte sie im Bundestag: „Wir brauchen mehr denn je europäische Antworten auf die großen, drängenden Fragen unserer Zeit.“ Als wichtige Aufgabenbereiche nannte sie die Steuerung von Migration, die Stärkung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit sowie eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik.
Der Europäische Rat am Freitag in Brüssel wird sich in erster Linie mit der Aufstellung eines neuen Haushaltsplans für die Jahre 2021 bis 2027 beschäftigen. Dabei geht es darum, die Finanzlücke zu schließen, die Großbritannien mit seinem Ausscheiden aus der Europäischen Union reißt, aber auch um die Finanzierung neuer Aufgaben. Außerdem wird die Vorbereitung der Europawahlen im kommenden Jahr ein wichtiger Tagesordnungspunkt sein. Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder sprach von wichtigen Weichenstellungen für die Zukunft der EU.
Mehr Geld für den Schutz der Außengrenzen
Kanzlerin Merkel empfahl, den Brexit als Chance zu begreifen, „die EU-Finanzen insgesamt auf den Prüfstand zu stellen“. Man müsse den Blick für das Wesentliche schärfen und schauen, in welchen Bereichen man einen Mehrwert für die Mitgliedstaaten und die EU als Ganzes erzielen könne. Als Beispiel nannte sie den Schutz der 14.000 Kilometer langen Außengrenze der EU. Zwar seien bereits 2016 die Befugnisse der Grenzschutzagentur Frontex ausgeweitet und das Personal aufgestockt worden, doch müsse die Personalausstattung noch weiter verbessert werden. Auch Kauder sagte für den Schutz der Außengrenze müsse man mehr Geld zur Verfügung stellen.
Kauder: "Europa ist die größte Friedensversicherung, die es je gab - Mit der unglaublichen Erfolgsgeschichte, dass wir über 70 Jahre keinen Krieg mehr hatten!" pic.twitter.com/i1rQNkYJKf
— CDU/CSU (@cducsubt) 22. Februar 2018
Digitalen Binnenmarkt gefordert
Mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit der EU forderte Merkel Investitionen in die Infrastruktur, in Forschung und Innovation. „Der Schaffung eines digitalen Binnenmarktes kommt eine entscheidende Bedeutung zu“, erklärte sie. In Fragen der Außen- und Sicherheit verlangte sie ein geschlossenes Auftreten der EU nach außen. Die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich, die im Dezember auf die Schiene gesetzt worden war, sei ein wichtiger Schritt, und Deutschland spiele dabei eine entscheidende Rolle.
Dem künftigen Koalitionspartner SPD warf die Kanzlerin in dem Zusammenhang vor, dass sie einerseits lautstark die Mängel in der Ausstattung der Bundeswehr kritisiere, andererseits aber die innerhalb der NATO vereinbarte Aufstockung des Verteidigungsetats auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis 2024 immer wieder in Frage stelle. Das passe nicht zusammen.
Massaker in Syrien beenden
Grundsätzlich forderte Merkel von der EU eine gewichtigere Rolle in internationalen Fragen, etwa bei der Lösung regionaler Konflikte. Besonders sprach sie das erneute Aufflammen des Bürgerkrieges in Syrien an. Machthaber Baschar al-Assad führe Krieg gegen seine eigene Bevölkerung. „Wir müssen alles dafür tun, damit dieses Massaker ein Ende findet.“ Kauder warnte angesichts der Bombardierung der Region Ost-Ghouta von Regierungstruppen vor einem „zweiten Aleppo“. Er kritisierte auch das Eingreifen der Türkei in den Kurdengebieten Syriens.
Unter dem Strich forderte Kauder: „Europa muss die großen Aufgaben lösen, die die Nationalstaaten nicht lösen können.“ Er widersprach der Einschätzung, dass die Menschen sich von Europa abgewandt hätten. „Die Menschen wissen ganz genau, dass Europa die größte Friedensversicherung ist, die es jemals auf diesem Kontinent gegeben hat.“ Den Wert der europäischen Integration zeige eben auch der Blick auf Regionen wie die des Nahen und Mittleren Ostens.